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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water
Autoren: Patricia Highsmith
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wurde. Dann erspähte er den Teich, sah das Sonnenlicht auf dem Wasser funkeln und nahm flüchtig zwei Gestalten wahr, die dort auf dem Gras lagen. Aber sicher war er nicht. Ein Mann stand auf, groß, rote Shorts.
    Tom fuhr wieder schneller. Ja, zehn zu eins, daß das David gewesen war.
    Kannten die Pritchards seinen Wagen, den braunen Renault?
    »Mr.   Ripley ?« Die Stimme klang leise, aber deutlich vernehmbar herüber.
    Tom fuhr unvermindert schnell weiter, als hätte er nichts gehört.
    Verdammt ärgerlich. Er nahm die nächste Abzweigung nach links, eine weitere Nebenstraße mit drei, vier Häusern auf der einen und Feldern auf der anderen Seite. Sie führte zurück ins Ortszentrum, Tom aber bog wieder links in eine Straße ab, die im rechten Winkel auf die Straße der Grais’ führte, und näherte sich erneut deren Turmhaus. Er fuhr genauso gemächlich wie zuvor.
    Nun sah er den weißen Kombi der beiden in der Einfahrt stehen. Sonst kam er ungern vorbei, ohne vorher anzurufen, aber vielleicht konnte er heute, da er etwas von den neuen Nachbarn wußte, gegen die Etikette verstoßen. Agnès Grais schleppte zwei große Einkaufstüten ins Haus, als Tom vor dem Haus hielt.
    »Hallo, Agnès. Kann ich helfen?«
    »Das wäre nett. Hallo, Tomme !«
    Er nahm die Tüten, während Agnès noch etwas aus dem Wagen hob.
    Antoine trug gerade eine Kiste Mineralwasser in die Küche, wo die beiden Kinder eine große Flasche Coca-Cola aufgemacht hatten.
    » Bonjour, Antoine«, sagte Tom. »Ich kam zufällig vorbei. Schönes Wetter, nicht?«
    »Allerdings.« Antoines Französisch klang durch seinen Bariton für Tom manchmal wie Russisch. Der Mann trug jetzt Shorts, Socken, Tennisschuhe und ein T-Shirt, dessen Grün Tom gar nicht mochte. Antoine hatte dunkles, leicht gewelltes Haar und stets ein paar Kilo zuviel. »Was gibt’s Neues?«
    »Nicht viel«, antwortete Tom und stellte die Tüten ab.
    Sylvie, die Tochter des Hauses, begann routiniert mit dem Auspacken.
    Tom lehnte ein Glas Coke oder Wein ab. Bald würde wohl Antoines Rasenmäher losknattern, der mit Benzin lief, nicht mit Strom. In seinem Pariser Büro wie auch hier in Villeperce war Antoine bienenfleißig. »Wie läuft es mit Ihren Mietern in Cannes diesen Sommer?« Sie standen noch immer in der großen Küche.
    Die Grais’ besaßen ein Landhaus in oder bei Cannes, das Tom noch nie gesehen hatte. Im Juli und August, wenn sie am meisten dafür bekommen konnten, vermieteten sie es.
    »Sie haben im voraus bezahlt – Miete plus die Kaution für die Telefonrechnung.« Antoine zuckte die Achseln. »Alles in Ordnung, würde ich sagen.«
    »Sie haben neue Nachbarn, wußten Sie das?« fragte Tom, zum weißen Haus zeigend. »Amerikaner, glaube ich. Oder ist Ihnen das gar nicht neu? Keine Ahnung, seit wann die hier sind.«
    »Non.« Antoine überlegte. »Nicht das Haus nebenan.«
    »Nein, das dahinter, das große.«
    »Das verkauft werden soll – ach so!«
    »Oder vermietet. Ich glaube, sie haben es gemietet. Ein gewisser David Pritchard und seine Frau. Oder…«
    »Amerikaner«, sagte Agnès nachdenklich. Sie hatte nur den letzen Satz mitbekommen. Und dann, während sie einen Salatkopf in das Fach unten im Kühlschrank steckte, fragte sie: »Haben Sie die schon kennengelernt?«
    »Nein. Er…« Tom beschloß, noch weiter zu gehen: »Der Mann hat mich angesprochen, im bar-tabac. Vielleicht hat ihm jemand erzählt, daß ich Amerikaner bin. Ich dachte, Sie sollten das wissen.«
    »Kinder?« Antoine runzelte die schwarzen Augenbrauen. Er hatte es gern ruhig.
    »Nicht daß ich wüßte. Unwahrscheinlich.«
    »Und sie sprechen Französisch?« fragte Agnès.
    Tom lächelte. »Weiß ich nicht.« Falls nicht, dachte er, würden die Grais’ ihnen aus dem Weg gehen und auf sie herabschauen. Antoine Grais wollte Frankreich für die Franzosen, selbst wenn die Ausländer nur eine gewisse Zeit blieben und bloß zur Miete wohnten.
    Sie wechselten das Thema: Antoines neue Kompostkiste, die er am Wochenende aufstellen wollte – ein Satz zum Selberbauen, er lag im Auto. Antoines Architekturbüro in Paris ging gut; er hatte einen jungen Mitarbeiter eingestellt, der im September anfangen würde. Selbstverständlich nahm Antoine im August keinen Urlaub, auch wenn er dann in Paris ein leeres Büro vorfand. Tom überlegte, ob er den beiden sagen sollte, daß er mit Héloïse nach Marokko reisen würde, ließ es aber sein. Nicht jetzt. Aber warum eigentlich? Hatte er unbewußt entschieden, doch
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