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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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Mineralwasser aus der Literflasche, die Akgüner ihr mitgegeben hatte als Geschenk des Hauses. Die Scheibenwischer schlugen hin und her, Regen schlierte die Seitenfenster runter. Irina fixierte mich stumm im Rückspiegel. Sie war sauer.
    Â»Was ist denn drinnen im Club passiert?«, sagte ich schüchtern.
    Ihre Augen blitzten. »Fred, ich mag dir, du weißt! Aber sag noch ein Wort, und ich knall dir Backpfeife rein! Ich hab mir erregt, jetzt ich muss mir erst wieder abregen, alles klar?«
    Die Ampel sprang auf Grün um, gerade als ich überlegte, ob ich vor Scham aus dem Wagen springen sollte. Wir fuhren schweigend weiter. Ein paar Minuten später, in der Grimmstraße, fuhr Irina plötzlich entschlossen rechts ran. Sie zog die Handbremse und drehte sich zu mir um. »So, hört alle zu! Ich will nix wissen, kapiert? Bringt nur Ärger. Warum ihr da auf Straße seid, in die Mitte von die Nacht? Hat mit der kranke alte Mann zu tun und mit Tanja, ist klar, aber ich will nicht wissen, verstanden?«
    Ich nickte.
    Oskar nickte.
    Frau Dahling nickte.
    Â»Gut. Was ist also in Club passiert?« Irina holte tief Luft. »Ich seh der alte Mann, wie ich gerade will Sekt holen in Lager, ja? Ich mach die Tür auf, ist Licht drinnen an. Komisch, denk ich, aber kommt vor, ja? Da steigt der alter Knacker plötzlich aus die Schatten raus, keine Warnung vorher, gar nix. Hat sich vermutlich nur verlaufen auf der Weg zum Klo, denk ich nachher, aber woher soll ich wissen vorher in dieser Moment? Ich kriege der Schreck von mein Leben, also schreie ich wie an Spieß nach Boris, klar?«
    Â»Klar«, sagten wir alle drei gleichzeitig.
    Â»Gut. Ich schrei immer noch, ich bin Russin, ich hab starke Lunge. Der alter Knacker guckt mir geschockt an, ohne ein Wort. Und greift er plötzlich in das Regal nach Packung mit Nüsschen, reißt sie auf, schluckt Nüsschen runter, so dass ich denke, na, hat der noch alle, klaut hier der Nüsschen, wo es vorne gibt umsonst in Lokal! Nächster Moment, Boris kommt rein, und sonst wer noch an Leute, aber jetzt ist zu spät – der alter Knacker verdreht seine Auge und fällt er um.«
    Â»Er ist allergisch gegen Nüsschen«, sagte Oskar.
    Â»Na, Oskarchen, woher soll ich wissen?« Irina, immer noch aufgebracht, knallte den Gang rein und löste die Handbremse. »Aber kann ich dir sagen eins: Ich bin allergisch gegen so ein Scheiß!«
    Wir hielten auf dem großen Parkplatz vor dem Urban. Ich schaute an dem hufeisenförmigen Gebäude empor und überlegte, dass Mama und ich hier wegziehen sollten. Auf die eine oder andere Art landeten wir ständig in diesem Krankenhaus. Ich hatte es sowieso noch nie gemocht. Von außen war es ein hässlicher grauer Klotz und von innen nur schön, wenn man im Bett lag und Essen gebracht bekam.
    In der Aufnahme gab es ein bisschen Kuddelmuddel, bis Irina und Frau Dahling erklärt hatten, wer wir waren und wen wir suchten, aber schließlich saßen wir alle nebeneinander auf gelben Kunststoffhockern in einem blaugrünen, von kaltem Licht erfüllten Gang. Ich fummelte an den dämlichen Plastikhandschellen herum, die mir überhaupt nichts genutzt hatten. Eine Ärztin kam, mit wehendem Kittel. Sie erklärte uns, dass wir noch eine Weile warten müssten, weil es leider Personalausfall gebe – Mama werde aber gerade geröntgt, der Fußknöchel sei eventuell angebrochen, mit etwas Glück sogar nur verknackst.
    RÖNTGEN : Unsichtbare Strahlen, um Knochenbrüche zu erkennen. Man kann auch übereinandergemalte Gemälde damit durchleuchten oder untereinandergeschichtete Mineralien und wahrscheinlich auch Überraschungseier. Insgesamt also eine sehr nützliche Technik.
    Â»Und was ist mit Herrn van Scherten?«, sagte ich besorgt.
    Die Ärztin runzelte die Stirn. »Bist du mit ihm verwandt?«
    Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Ich hätte sagen sollen und was ist mit meinem armen alten Opa?, dann wäre alles in Butter gewesen.
    Â»Er ist mein Mann – Exmann«, sagte Frau Dahling, und ich hoffe, die geliebte Hannah links hinter der hohen Kuppe hat ihr in diesem Moment verziehen.
    Â»Okay«, sagte die Ärztin. »Ihr Gatte ist außer Lebensgefahr, aber frühestens morgen wieder ansprechbar, tut mir leid. Seine Bronchien haben sich verkrampft, deshalb der Erstickungsanfall und der Ausschlag, na, Sie wissen

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