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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Steinhöfel
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ja sicher um die Symptome. Was ich bloß nicht verstehe …« Sie senkte die Stimme. »In seinem Mageninhalt haben wir Erdnüsse gefunden. Und in seiner Börse einen Allergikerpass, also weiß er doch, wie gefährlich das für ihn ist. Wie viele Nüsse hat er denn geschluckt, und warum überhaupt?«
    Â»Keine Ahnung«, murmelte Frau Dahling. Sie schaute nicht zur Ärztin auf, sondern betrachtete interessiert ihren Schirm, als wäre darauf gerade ein neues Muster erschienen. »Ich war ja nicht bei ihm.«
    Â»Aber ich!«, meldete Irina sich laut. »Kann nicht gewesen sein, na, mehr als ein kleiner Handvoll Nüsschen, aber mindestens der Hälfte ist ihm runtergefallen. Der Rest er hat gegessen, direkt vor mir, weil er war sehr erregt – sagt man so, ja?«
    Die Ärztin guckte nur zwischen ihr und Frau Dahling hin und her und an beiden kurz rauf und runter, als überlegte sie, wer das schönere Kleid anhatte – eindeutig Irina, fand ich, auch wenn es völlig zerknittert war und klatschnass und so eng, dass sie fast nackt darin aussah. Dann schürzte sie bloß unmerklich die Lippen, nickte knapp und wehte wieder davon.
    Wir warteten. Es dauerte und dauerte, zehn Minuten, zwanzig. Frau Dahling rang stumm die Hände. Irina verschwand mit ihrer Handtasche auf Toilette, um sich die Haare zu machen und Schminke nachzulegen. Oskar hatte die Sonnenbrille abgenommen, sie sich in den Schoß gelegt und die Augen geschlossen. Wenn ich nicht solche Sorgen um Mama und Herrn van Scherten gehabt hätte, wäre ich vermutlich auch eingepennt. Seit wir heute Morgen – eigentlich gestern Morgen – in Wilmersdorf der fürchterlichen Ellie aufgelauert hatten, schien eine Ewigkeit vergangen zu sein.
    Von irgendwo aus der Nähe drangen Worte einer Unterhaltung. Eine der Stimmen kam mir bekannt vor. Ich stand auf, ging bis zur nächsten Ecke und lugte neugierig in einen weiteren, sehr langen Gang mit lauter Zimmertüren. Ich traute meinen Augen nicht, als ich dort den verachtenswerten B mit einem jungen Arzt quatschen sah. Der Arzt drückte ihm einen Stoß loser Papiere und Blätter in die Hände. Sie waren zerknittert, das sah ich sogar von weitem. Der B nickte und blätterte sie langsam durch, während der junge Arzt ins nächste Zimmer verschwand. Zwei oder drei Minuten lang war der B so sehr in die Blätter vertieft, dass er mich nicht bemerkte. Dann griff er in die Jackentasche, holte sein Handy raus, und ärgerlicherweise wandte er sich dabei ab, um den Gang weiter runterzugehen.
    Ich zog mich zurück, lief zu Oskar und rüttelte ihn bei den Schultern. Er zuckte zusammen, wurde aber hellwach, als ich ihm von meiner Beobachtung erzählte. Frau Dahling beugte sich interessiert vor, um ebenfalls zu lauschen.
    Â»Könnte sein, Herr van Scherten ist doch fündig geworden«, sagte Oskar. »Und zwar in diesem Lagerraum, bevor Irina ihn erwischte. Ich frag mich bloß, wo er die Papiere versteckt hatte.«
    Â»Unterhose?«, schlug Frau Dahling vor.
    Die Unterhose, fanden wir, war die perfekte Lösung.
    Â»Nachdem er die Papiere darin verstaut hatte und Irina ihn fand und nach Boris schrie«, sagte Oskar, »muss er in Panik geraten sein. Irina mochte zwar denken, dass er sich auf dem Weg zum Klo verlaufen hatte, aber sicher befürchtete Herr van Scherten, Boris wäre schlauer und würde ihn durchsuchen.«
    Â»Also schluckte er schnell ein paar Nüsschen«, übernahm ich den Faden. »Alle möglichen Leute kamen angerannt, angelockt von Irinas Geschrei. Wenn er zusammenbrach und fast erstickte, würde das Durcheinander noch größer, ein Krankenwagen musste sofort gerufen werden –«
    Â»â€“ und keiner käme auf die Idee, ihn zu durchsuchen«, beendete Oskar den Gedanken. »Ganz schön gefährlich. Aber auch ganz schön raffiniert.«
    Â»Heldenhaft«, sagte Frau Dahling knapp. »Das nenn ich Mann!«
    Ich hielt es nicht aus. Ich musste wissen, ob Herr van Scherten wirklich belastende Beweise gegen Boris geklaut hatte. Also rannte ich wieder los und bog um die Ecke. Der lange Gang endete vor einer großen gläsernen Schwingtür, und dahinter stand der B. Er redete immer noch oder schon wieder in sein Handy und wedelte dabei mit der Hand herum, in der er die Papiere hielt.
    Ich rollte durch den Korridor wie eine Dampfwalze, und jeder

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