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Rico, Oskar und das Herzgebreche

Rico, Oskar und das Herzgebreche

Titel: Rico, Oskar und das Herzgebreche
Autoren: Andreas Steinhöfel
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spürte, wie er zitterte vor Aufregung. Ich sah glücklich zu Oskar. »Das war deine Idee!«
    Er grinste.
    Â»Tja«, sagte der Bühl, der jetzt in der Tür aufgetaucht war, »sein reizendes Frauchen wird sich wohl auf absehbare Zeit nicht um ihn kümmern können. Dafür haben vor einer halben Stunde meine Kollegen gesorgt. Und Oskar meinte, bevor wir den Zwerg im Tierheim abgeben …«
    Â»Danke!«, flüsterte ich. »Danke!«
    Zwischen Porsches russischen Zupfkuchenöhrchen hindurch sah ich, wie Mama den Bühl anlächelte. Sein Blick fiel auf den vertrockneten Rosenstrauß, und plötzlich lächelteer zurück, mit dem coolsten Schauspielerlächeln, das man sich vorstellen konnte. Bestimmt waren schon Frauen ohnmächtig umgefallen von diesem Lächeln. Dann ließ das Lächeln nach und er sah sich verlegen um, als wüsste er nicht so genau, wohin mit sich.
    Â»Tja, also …« Er fuhr sich mit einer Hand durch die tollen schwarzen Haare. »Dann geh ich jetzt mal besser, ist ja schon spät, um nicht zu sagen früh. Ich würde morgen wieder reinschauen. Vielleicht. Wenn ich darf.«
    Â»Jederzeit«, sagte Mama schnell das magische Wort.
    Â»Fein«, sagte der Bühl. »Und bevor ich es vergesse …«
    Er machte einen schnellen Schritt auf Mamas Bett zu und noch einen. Er beugte sich über sie. Er legte eine Hand unter ihr Kinn, hob es sanft an, und ich fühlte, wie mein Herz rosig warm wurde und endgültig überfloss und wie alle Sprünge und Risse darin verheilten. Der Bühl küsste Mama, und Mama küsste ihn zurück.
    Sie hörten überhaupt nicht mehr auf.
    Genau wie es sein sollte.

    Porsche lag zusammengekringelt neben mir auf der Decke und pennte. Ich hatte ihn nicht dazu aufgefordert, ins Bett zu kommen, also war ich fein raus, denn Mama hätte es sicher nicht erlaubt, wenn ich sie gefragt hätte. Sollte Porsche sichdoch mit ihr streiten. Ich war schon froh, dass sie mir überhaupt erlaubte, ihn zu behalten.
    Neben mir kroch Oskar gerade auf der Blümchenwiese in seinen Schlafsack. Er hatte mal wieder Ewigkeiten zum Zähneputzen gebraucht. Porsche hatte mir in der Zeit das halbe Gesicht weggeschlabbert.
    Â»Ist es nicht toll?«, sagte ich zu ihm.
    Â»Was? Der Bühl oder der Hund?«
    Â»Alles.« Ich wusste noch nicht, worüber ich mich mehr freuen sollte. Hunde bleiben für immer bei einem, aber dafür halten sie auch nicht so lange wie ein Erwachsener. »Der Bühl und Porsche und dass du noch bei uns wohnen bleibst.«
    Â»Der Bühl ist okay. Hunde sollten nicht im Bett bei ihrem Herrchen liegen.« Oskar gähnte leise. »Und um mich mache ich mir Sorgen wegen meiner Ernährung. Ich habe mich in den letzten Tagen gehenlassen, vor allem mit Süßigkeiten. Das muss ein Ende finden. Gute Nacht.«
    Â»Vielleicht könntest du – schläfst du schon?«
    Â»Nein, aber ich bin todmüde.« Er schob sich tief in den Schlafsack und drehte mir den Rücken zu. »Schlafmangel ist schlecht für die Gesundheit. Er hemmt das Zellwachstum.«
    Â»Oskar?«
    Er stöhnte genervt. »Was?«
    Â»Willst du nicht bei uns pennen?«
    Â»Hunde übertragen Parasiten.« Eine kurze Pause entstand. Sein Schlafsack raschelte, als er sich herumwälzte. »Aber ich tue es trotzdem.«
    Ich rückte näher zur Wand und zog Porsche an mich. Sekunden später hatte Oskar sich zu uns gekuschelt, und noch ein paar Sekunden später hörte ich, wie sein Atem immer tiefer und regelmäßiger wurde. Ich knipste die Bettlampe aus, aber sobald es dunkel war, musste ich an tausend Sachen denken, zum Beispiel daran, dass ich jahrelang völlig umsonst Rache an Meeresfrüchten genommen hatte, und mir wurde ganz weh ums Herz. Ich knipste die Bettlampe wieder an.
    Â»Oskar?«
    Â»Was denn jetzt noch?«
    Â»Ich glaube, ich fühl mich melankomisch.«
    Â»Es heißt melancholisch«, murmelte er kaum verständlich zurück. »Und jetzt mach das Licht wieder aus und schlaf endlich.«
    MELANCHOLIE : Traurigkeit ohne Grund. Die Griechen haben sie entdeckt, als sie mal zufällig in ein Organ namens Galle reinguckten und nur Düsternis und Schwärze darin vorfanden. Es ist also so ähnlich wie ein leerer Kühlschrank mit kaputter Lampe, was ja auch so ziemlich der traurigste Anblick der Welt ist, nur mit Grund.
    Zwischen
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