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Rheingold

Titel: Rheingold
Autoren: Stephan Grundy
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Schlangengrube fallen. Blitzschnell verschwanden die Schlangen in Ritzen und Löchern, während Gunter wie erstarrt auf dem Boden lag. Gudrun wagte nicht zu atmen. Nichts geschah, und sie hoffte auf ein Wunder, aber dann erbebte Gunter und stöhnte laut auf. Seine Schultern zuckten, und er riß verzweifelt an seinen Fesseln. Er wälzte sich zur Seite, und Gudrun sah eine große Schlange an seinem Hals, wo das Gift die Haut bereits dunkel färbte. Der Todeskampf dauerte nur wenige Augenblicke, dann war wieder alles still.
    »Gudrun«, sagte Attila, »du hast deine beiden Brüder verloren, und es ist deine Schuld, denn du hast mir nicht sagen wollen, wo Sigfrids Gold versteckt ist.«
    »Du wirst dein Tun bereuen, denn solange ich lebe, soll dein Verrat nicht vergessen sein.« »Wir müssen uns versöhnen«, erwiderte Attila, »ich fordere dich auf, komm in meine Halle als meine Frowe, denn das hast du geschworen.« »Kein Wergeld kann den Tod meiner Brüder und ihrer Krieger bezahlen«, antwortete Gudrun, »aber wir Frauen müssen uns oft den Männern fügen. Ich weiß wohl, da meine Verwandten alle tot sind, bin ich in deiner Macht und ich muß mich mit allem abfinden. Aber du sollst wenigtens ein großes Totenfest zu Ehren meiner Brüder, meiner Sippe und aller Gefallenen feiern.«
    »Das soll geschehen.«

    *

    Zu einem großen Fest versammelten sich in Attilas Halle immer so viele Menschen -besonders im Winter -, daß man kaum durch die Reihen der Tische gehen konnte. Aber diesmal sah die Halle trostlos aus. Das Dach war nur behelfsmäßig ausgebessert. Der Wind pfiff immer noch durch die Löcher und Ritzen. Die Halle wurde nicht mehr warm, obwohl alle Feuerstellen brannten. Zu dem Festmahl hatten sich nur wenige der Überlebenden versammelt, denn viele waren verwundet. Andere wollten aus Angst vor den Geistern der vielen Toten ihre Zelte nicht verlassen. So saßen an der Ehrentafel nur Attila, Gudrun und der Schamane.
    »Geh und schenke den Wein aus, meine Frowe«, sagte Attila zu Gudrun.
    »Nur dir will ich den Wein ausschenken. Die anderen sollen sich selbst versorgen.«
    Sie ging in die Küche und füllte den Krug mit dem Trank, den sie für ihren Mann vorbereitet hatte, und dann den Teller.
    »Ich habe dies für dich allein gekocht als ein Zeichen des neuen Friedens zwischen uns«, sagte Gudrun sehr ernst, füllte ihm das Trinkhorn und stellte den großen Teller vor ihn hin. Attila aß hungrig und trank in großen Zügen. Gudrun hatte Honig, Äpfel und Nüsse unter das gehackte Fleisch gemischt.
    »Du hast wohl ein Faß von dem neuen Wein angezapft«, sagte er zufrieden und leerte das Trinkhorn, das sie ihm noch einmal füllte. Innerlich zitternd und von Ekel, Haß und Widerwillen gewürgt, nickte sie nur stumm. Attila hatte schon über die Hälfte seiner Portion gegessen, als er sich zurücklehnte und anerkennend sagte: »So etwas Gutes hast du noch nie für mich gekocht.«
    »Ich wollte die Toten damit ehren.«
    »Ja, da hast du recht getan.« Er aß weiter und fragte dann: »Wo sind meine Söhne? Ruf sie, denn Bleida und Humla sollen heute an meiner Seite sitzen.«
    Bei diesen Worten begann Gudrun schrill zu lachen. Sie sah, wie sich Attila erschrocken halb erhob. Als sie nicht aufhörte zu lachen, schlug er ihr wütend ins Gesicht. »Wo sind meine Söhne?« wiederholte er mit donnernder Stimme.
    »Das werde ich dir sagen - dir und allen, die hier versammelt sind!« rief Gudrun. »Du hast mir namenloses Leid verursacht und meine Brüder getötet. Aber jetzt mußt du leiden, denn du hast die Herzen deiner Söhne gegessen und ihr Blut getrunken, das ich mit Wein gemischt habe!«
    Attila zog das Schwert und wollte ihr den Kopf abschlagen, aber der Schamane stellte sich vor Gudrun.
    »Halt!« rief der alte Mann und hob die Hand. »Du darfst ihr nichts tun. Ihre Taten haben sie zu einer Unberührbaren gemacht.« Attilas Gesicht glühte vor Zorn. Er begann zu würgen und starrte den Schamanen mit weit aufgerissenen Augen an. »Aber was soll ich tun? Sie muß bestraft werden. Soll ich sie von Pferden auseinanderreißen lassen oder auf einem Scheiterhaufen verbrennen?«
    »Das alles darfst du nicht tun. Keine Mutter hätte das getan, was sie getan hat. Gudrun gehört nur noch den Göttern und Geistern.«
    »Was soll ich tun?« schrie Attila, griff sich an den Hals und schien zu ersticken. »Ich kann ... sie nicht einfach ... laufen lassen ...«
    »Wenn du sie nicht freigibst, laß einen Käfig bauen und halte sie
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