Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
Dein Volk und alle deine Krieger werden dich verlassen, wenn du mich grundlos ermordest.« Attilia zögerte und schob sein Schwert wieder in die Scheide. »Wenn du mir jetzt nicht hilfst, dann verlaß mit Hildebrand meine Halle. Wenn ihr die Waffen gegen mich erhebt, dann habt ihr alle Eide gebrochen, die ihr mir mit eurem Blut geschworen habt. Dann werden die Amelungen entehrt sein.«
    »Es gibt keinen ehrenvollen Ausweg mehr, wie Gunter es gesagt hat. Ich erkläre, du bist nicht mehr mein Drichten und ich nicht mehr dein Gefolgsmann. Wir werden uns dort wieder begegnen, wo ich dich mit meinem Schwert töten kann.«
    Dietrich drehte sich um und verließ die Halle. Hildebrand folgte ihm. Attila wartete eine Weile, dann sagte er zu Gunter: »Ich gebe dir noch einmal die Möglichkeit, dein Leben und das deines Bruders zu retten, und frage dich zum letzten Mal: Wirst du mir sagen, wo das Rheingold liegt?«
    »Nicht, solange Hagen lebt.«
    »Du sollst deinen Willen haben.«
    Zwei Hunnen packten Hagen und zogen ihn hoch. Sein Bein gab nach, als er zu gehen versuchte. Deshalb trugen sie ihn nach draußen. Das verwundete Bein und seine Hände waren völlig gefühllos. Hagen konnte sich nicht mehr wehren, als sie die Fesseln lösten, ihn in den Schnee legten und Hände und Füße an Zeltpflöcke banden. Attila kam an der Spitze seiner Männer aus der Halle. Schweigend zog er das Schwert, das dem Kriegsgott der Hunnen geweiht war. Als die Schwertspitze Hagens Brust berührte, wurde es um Hagen dunkel. Er spürte nichts von dem Schmerz, als Attila die unwürdige Henkersarbeit verrichtete.
    Durch die Dunkelheit hörte Hagen nur noch das Rauschen von Flügeln. Ein schwarzer Schwan kreiste über ihm, dann erkannte er die Schwanenfrau, die lächelnd auf ihn zukam. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl erfaßte ihn. Hagen wußte, er war von den Ketten der Erde befreit und durfte zurückkehren in das Reich, aus dem er gekommen war. Sein Werk war vollbracht, und er lachte - er lachte so glücklich, wie er als Mensch nie lachen konnte. Er ergriff die zarten Hände der Schwanenfrau, die ihn schützend in das schwarze Federkleid hüllte.

    *

    Gudrun kam aus ihrer Kammer, als Attila wieder die Halle betrat. Von seinen Händen tropfte dunkles Blut. Er zeigte Gunter das Herz, aber der Hunnenkönig zitterte am ganzen Leib und flüsterte heiser: »Auch du wirst nicht zweifeln, daß Hagen tot ist, denn kein anderer Mensch kann lachen, wenn ihm bei lebendigem Leib das Herz herausgeschnitten wird.«
    »Ja, das ist das Herz meines Bruders«, sagte der Burgunderkönig, und Tränen liefen über seine Wangen, »es zittert kaum, aber als er noch lebte, hat es nie gezittert. Jetzt ist das Rheingold für dich verloren. Mit deinem Verrat hast du dein Leben verwirkt und bist wie auch ich dem Tod geweiht. In deiner Gier nach dem Gold, das dir nicht bestimmt ist, bist du auf ewig den dunklen Mächten verfallen. Hättest du mich gefoltert, hätte Hagen vielleicht um meinetwillen das Geheimnis preisgegeben. Aber jetzt weiß nur noch ich, wo das Gold liegt. Hagen kann es dir nicht mehr sagen. Das Gold gehört dem Rhein, nicht den Hunnen, auch wenn du in mein Land ziehst und mit deinem Heer dort alles vernichtest.«
    »Bist du dir so sicher?« Attilas Augen wurden zu schmalen Schlitzen, als er seinen Männern befahl: »Bringt ihn in das Zelt des Schamanen. Ich weiß, wie ich dich zum Sprechen bringe.«
    Gudrun ballte die Fäuste und biß sich auf die Lippen. Sie konnte Gunter nicht helfen, das wußte sie. Trotzdem ging sie mit. Als sie den Wald erreicht hatten, warf Attila Hagens Herz in die Büsche. Und Gudrun dachte beklommen: Brünhilds Weissagung hat sich erfüllt.
    Der Schamane hatte ein großes Zelt, in dem es erstickend warm war und nach Fellen, getrockneten Kräutern und Pilzen roch. Um eine tiefe große Grube brannten Kohlebecken. Gudrun hörte das trockene Rascheln von kalten Schuppen, die übereinander glitten. Gunter wurde bleich. 0 ihr Götter, dachte sie, warum tut ihr ihm das an? Dann fiel ihr ein, daß sie selbst Attila erzählt hatte, daß Gunter als Kind gebissen woren war und seit dieser Zeit panische Angst vor Schlangen hatte. In der Grube zischten die Schlangen. »Ich werde dir nichts sagen«, wiederholte Gunter wie im Fieberwahn mit klappernden Zähnen. Attila gab ein Zeichen, und die beiden Hunnen hoben Gunter über den Rand der Grube. »Ich werde nichts sagen«, stieß Gunter heiser hervor, und die Hunnen ließen ihn in die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher