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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette
Autoren: Sia Wolf
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sie an. Das erste Mal nach Thessmanns Eröffnung, auch als Vater ihres Kindes in Betracht zu kommen, wie sie bemerkte. „Du willst. Du liebst meine Küche. Und ich verspreche dir, dass es nur Sachen zu essen geben wird, die du magst, und die dir keine Übelkeit machen.“
    Sie konnte sich das Lächeln nicht verkneifen. „Wenn du das schaffst, bist du ein Held. Aber noch nicht einmal ich weiß, was ich noch zu essen probieren soll. Alles schmeckt gleich oder macht gleich übel.“
    „Vertrau mir!“
    „... sagte die Schlange zum Kaninchen!“ Alexandra seufzte und stieg aus.
    Während sie hastig ihre Sachen zusammenpackt hatte, hatte Hannes ihren Kühlschrank inspiziert und die Medikamente eingesammelt, die sie gegen ihre Übelkeit nehmen musste.
    Jetzt lag sie mit der Infusionsnadel in der Hand auf der Couch in seinem Wohnzimmer, während Hannes irgendetwas in der Küche zum Abendessen vorbereitete. Sie musste zwischendurch eingeschlafen sein, die Infusion war durchgelaufen. Vorsichtig stöpselte sie sich vom Schlauch der Infusionslösung ab, wie ihr gezeigt worden war. Sie überprüfte die Verklebung des Zugangs am Handrücken und stand auf. Zu ihrer eigenen Verwunderung fühlte sie sich nach dem kurzen Schlaf ausgeruht. Hannes hatte sie aus der Küche verbannt, damit ihr nicht durch Essensgerüche übel würde. Er hatte sie in das Wohnzimmer geschickt, das über den hinteren Flur in der Diele zu betreten war. Es war das erste Mal, dass sie dieses Zimmer sah. Der Raum war groß, wie alle Zimmer im Haus und mit einem dunklen, sanft glänzenden Parkett ausgelegt. Eine Wand war durchgängig mit einer wabenförmigen Schrankwand belegt, deren einzelne beleuchtete Fächer mit Milchglas verschlossen waren. Die Fensterfront des Zimmers war mit großen Fenstern ausgestattet, die die äußere Dunkelheit ungefiltert in den Raum gleiten ließen.
    Alexandra fröstelte. Unbedeckte Fenster in Hannes Hof ließen die Erinnerung an Judith und ihre Beschattung aufflackern. Sie fühlte sich unwohl bei dem Gedanken an Judith und verließ das Zimmer in Richtung Küche. Die Küchentür in den kleinen Garten stand offen und Hannes hatte die Dunstabzugshaube laufen. Überrascht sah er von den Töpfen am Herd auf.
    „Nanu, hast du es vor Hunger nicht mehr ausgehalten?“
    Alexandra schüttelte den Kopf. „Die Infusion ist durch und in dem Zimmer fehlen Gardinen.“
    Hannes sah sie forschend an. „Die Nachwirkungen von Judith? Fühlst du dich beobachtet?“
    „Ja. Mich wundert, dass du diese Fenster so offen hast.“
    Hannes grinste. „Erst seit zwei Tagen. Vorher waren da schwere Vorhänge. Aber Judith ist in der geschlossenen Psychiatrie und damit Geschichte. Jedenfalls für die nächsten Monate. Und deshalb habe ich meinem Bedürfnis nach Licht in diesem Zimmer nachgegeben und alles entfernt.“ Er nahm einen Topf vom Herd und schüttete ihn über dem Ausguss ab.
    „Nudeln. Selbstgemachte von einer guten Freundin. Für dich trocken mit Salz, für mich mit einer Salbei-Weißwein-Soße.“
    „Ich kann nicht.“
    „Doch. Wenigstens zwei Nudeln. Sie sind in einer milden Gemüsebrühe gekocht, daher etwas gewürzt. Probier mal.“ Er drückte sie auf einen Stuhl, setzte sich vor sie und schob ihr eine kleine Nudel zwischen die Lippen. Alexandra schüttelte den Kopf.
    „Ich kann nicht.“
    „Okay. Dann deck den Tisch. Für zwei Personen bitte. Teller sind da“, er wies auf einen Schrank. „Besteck ist dort drüben.“ Seine Hand zeigte auf die Schublade eines anderen Schrankes. „Ich hole mir eine Flasche Wein und ein Glas. Oder möchtest du auch einen Schluck?“
    Alexandra stand auf, um das Geschirr zu holen und schüttelte auf seine Frage den Kopf. „Bloß nicht. Dann muss ich mich sicher übergeben.“
    „Wasser?“
    „Nichts. Bitte.“
    Sie war schon froh, dass sie in der unmittelbaren Nähe von gekochten Lebensmitteln stehen konnte, ohne Brechreiz zu empfinden. Sie holte zwei Teller aus dem Schrank, während Hannes die Flasche Wein öffnete.
    „Liebst du mich?“
    Alexandra ließ die Teller fallen. Seine Frage kam so überraschend und so angelegentlich, als ob er fragen würde, ob das Essen schmeckt. „Mist!“ Sie bückte sich hastig und räumte die großen Scherbenteile zusammen.
    „Lass es gut sein, ich mach das weg.“ Hannes holte den Besen und kehrte die restlichen Splitter zusammen.
    „Gibst du mir eine Antwort auf meine Frage?“
    „Ich muss mir die Hände waschen!“ Alexandra drehte den Wasserhahn auf und
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