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Ein Drama für Jack Taylor

Ein Drama für Jack Taylor

Titel: Ein Drama für Jack Taylor
Autoren: Ken Bruen
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L emsip und griechischer Joghurt. Das war mein täglich Brot – das Lemsip für eine Grippe, von der ich glaubte, dass ich sie hatte. Gelegentliches leichtes Schniefen ließ auf die Menge Koks schließen, die ich im Laufe der Zeit eingepflegt hatte, aber das gab ich nicht zu. Der Joghurt, weil ich gelesen hatte, dass er gut für einen ist – glaube ich zumindest, gelesen zu haben –, diese ganzen lebendigen Kulturen, die Bakterien zerstören. Man füge einen Löffel Honig hinzu, und schon schmeckt er nur noch halb so eklig. In Wahrheit war mein Magen hinüber, und die Bios linderten das ein bisschen.
    Sechs Monate war ich clean und nüchtern geblieben. Obwohl ich, wenn Nüchternheit mit geistiger Gesundheit zu tun haben sollte, nicht bestehen würde. Kein Tropfen Alkohol war mir in jenem Zeitraum über die Lippen gekommen. Mit dem Koks hatte ich nicht etwa Schluss gemacht, weil ich clean werden wollte. Mein Dealer wurde verhaftet, und ich konnte keine andere Quelle finden. Ohne den Schnaps ging es mir so schlecht, dass ich dachte, da kann ich das mit dem Koks auch lassen. Wenn man sowieso auf der Rolle ist –, dann aber bitte richtig. Das tödliche Dreigestirn, Alk, Koks und Nikotin: die Jahre, die ich mit ihnen verplempert hatte. Ich rauchte allerdings noch. Ich meine, Moment, ich machte das doch ganz prima, oder? Noch so eine Strecke Zeit, und, wer weiß, hörte ich vielleicht auch mit den Lullen auf. Aber das Unheimlichste, das klapsmühlenhaft Erstaunlichste … Ich hatte begonnen, in die Messe zu gehen.
    Ohaua-haua-ha.
    Muss man sich mal vorstellen. Eines Sonntags, Schmachter auf Getränk, die eigene Gesellschaft steht einem bis hier, war ich in den Dom gegangen. Sonny Malloy sang, und, Mann, haute das rein. Also bin ich wieder hin. Ich war schon an dem Punkt angekommen, dass der Priester nickte, sagte:
    »Dann bis nächste Woche.«
    Ich saß gern hinten, sah zu, wie die Sonne durch die farbigen Fenster gekrochen kam. Während sich das Licht im Gewölbe ausbreitete, fühlte ich etwas, das dem Frieden nah war. Die Kirche war immer überfüllt, und die Priester arbeiteten im Schichtdienst. So wenig Berufungen, dass sie über die Gemeinden tingeln mussten. Der Suff schien natürlich jede Faser meines Lebens zu durchdringen. Während ich das Farbkaleidoskop betrachtete, fiel mir einer der Künstler ein, die an den Fenstern gearbeitet hatten. Ein Typ aus Dublin namens Ray war an Leberzirrhose gestorben. In seinen letzten Tagen war ich ihn besuchen gegangen, und er sagte:
    »Jack, lieber bin ich tot als abstinent.«
    Der Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
    Stewart, mein Drogenhändler, hatte am Kanal gewohnt. Vom Erscheinungsbild glich er eher einem Banker als einem Dealer. Sein Credo war natürlich Kohle. Wir pflegten eine seltsame Beziehung: Er erläuterte das neueste Erzeugnis, seine Wirkung, seine Nebenwirkungen und sogar die Gefahren. Ich schien ihn zu amüsieren. Wie viele Expolizisten in den Fünfzigern versorgte er? Ich war für ihn irgendwie ein Coup. Ich fand ihn immer faszinierend. Er konnte höchstens Ende zwanzig sein und war immer tadellos gekleidet. Die personifizierte neue irische Jugend, die alle Züge unserer strahlenden Epoche an den Tag legte: flott, zuversichtlich, des Lesens und Schreibens mächtig, hip, zu vermieten wie ein Söldner. Sie fielen auf nichts von der Scheiße rein, mit der wir aufgewachsen waren. Der Aufstand von 1916 bedeutete ihnen so viel wie die GAA ; mit anderen Worten: nichts.
    Cathy Bellingham, Expunkmaus, Exfixerin aus London, die es in Galway angespült hatte, war die Vermittlerin gewesen. Sie tat sich mit meinem Freund Jeff zusammen, einem Kneipenbesitzer, und jetzt hatten sie ein Baby mit Down-Syndrom. Als es mir dreckig ging, schlimm dreckig, hatte ich unsere Freundschaft bemüht, um den Namen eines Dealers zu kriegen. Danach habe ich oft und viel von ihm bezogen. Dann wurde er verhaftet und riss nun sechs Jahre im Mountjoy ab.
    Ich wohnte in Bailey’s Hotel, das von einer Frau in den Achtzigern geführt wurde. Ich hatte vor Kurzem ein neues Zimmer gekriegt, fast eine separate Wohnung. Am meisten gefiel mir das Oberlicht, wegen des Blicks gen Himmel. Mann, spürte ich die endlose Sehnsucht, die damit einhergeht. Wenn ich jemals herausfinden könnte, wonach ich mich sehne, wäre ich vielleicht glücklich. Schien aber nicht in absehbarer Zeit passieren zu wollen. Ein großer Kleiderschrank enthielt meine Garderobe aus den Wohltätigkeitsläden. Bis vor Kurzem hatte
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