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Rettungskreuzer Ikarus Sonderband 002 - Saint Domina

Rettungskreuzer Ikarus Sonderband 002 - Saint Domina

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Sonderband 002 - Saint Domina
Autoren: Dirk van den Boom (Hrsg.)
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hatte mir die Betreuung des Waisen zur Aufgabe gemacht. Und so saßen Thorpa und ich jeden Tag für eine Stunde hinter der Spiegelscheibe, die Einblick in das Spielzimmer bot, und betrachteten Ribas, wie er methodisch und langsam den Sternbau errichtete, nur, um ihn am Abend in wütender Raserei wieder zu vernichten.
    »Jonas, ich bin mir nicht sicher, ob wir da überhaupt etwas tun können!«
    Thorpa hatte sich mit seiner angenehmen Stimme an mich gewandt. Er konnte damit bei Kindern erstaunliche Erfolge erzielen, doch Ribas hatte auch auf direkte Ansprachen des Ikarus -Besatzungsmitglieds nicht reagiert.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wir können abwarten und hoffen, dass er irgendwann Vertrauen zu uns fassen wird. Er ist ein bedauernswerter kleiner Kerl und wir können nicht ahnen, was ihn zu seiner verschlossenen Haltung gebracht hat...«
    »Vielleicht ist das normal!«, wiederholte Thorpa seine alte Theorie. »Wir wissen so wenig über die Edaner, dass wir doch nur deduktive Schlüsse aus dem Verhalten anderer Völker ziehen können. Es kann doch sein, dass Ribas sich für sein Alter völlig normal verhält!«
    Ich drehte mich halb um und blickte auf die Baumgestalt des Pentakka, dessen Äste unentwegt hin und her schwangen. Mir drängte sich beim Anblick Thorpas immer der Eindruck auf, ein Wind würde durch das Zimmer fahren. Man sah ihm sein Alter nicht an. Er trug vier akademische Titel und lehrte an der Universität von Vortex Main als Professor. Und das seit gut 20 Jahren.
    »Und dabei jeden Tag diesen Sternbau auf den Tisch stellt, um ihn dann wieder abzureißen? Für mich fällt das unter zwanghaftes Verhalten.«
    Thorpa gestikulierte heftig, was zu einem lauten Rascheln führte.
    »Jonas! Das ist doch Anmaßung! Das ist Deduktion!«
    »Es fehlt jede Grundlage für eine induktive Analyse! Wir können nur beobachten...«
    »Und DA sein«, fiel mir der Pentakka ins Wort. »DA sein! Irgendwann wird sich Ribas öffnen und...«
    Ich lächelte. »Das ist doch Deduktion, Thorpa. Diese Erwartung nähren wir doch aus den Erfahrungen mit Kindern anderer Völker der bekannten Galaxis. Die kennen wir ja jetzt ... die Edaner aber haben nie auch nur Anstalten gemacht, etwa offizielle Kontakte mit dem Raumcorps aufzunehmen und wir haben kein medizinisches Material...«
    Der Pentakka unterbrach mich abermals. »Wir drehen uns im Kreis«, stellte er fest und blickte wieder auf Ribas, der wie ein Roboter an seinem Gebäude baute, ängstlich und neugierig von den anderen Kindern dabei beobachtet.
    Wir schwiegen einige Minuten.
    »Auch die anderen Kinder scheinen ihn nicht zu stimulieren.«
    »Sie haben Angst.«
    »Die habe ich manchmal auch, wenn ich in seine Augen schaue.«
    Thorpa war sehr irrational. Er war ein ausgezeichneter Xenopsychologe, eine Kapazität auf seinem Gebiet, aber das konnte er nur als ausgesprochener Gemütspentakka sein, was ihn wiederum manchmal an seiner Arbeit hinderte.
    Ich lehnte mich zurück. »Wir sollten es mit einem Experiment versuchen. Ribas hat seit Monaten nur Krankenhäuser von innen gesehen. Nehmen wir ihn doch bei der Hand und führen ihn in der Raumstation herum. Vielleicht reagiert er endlich auf etwas.«
    »Wird er nicht aggressiv reagieren, wenn wir ihn von seinen Bauklötzen loseisen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Er baut erst, seit er hier ist. Vorher war er auch distanziert und abweisend, aber niemals aggressiv. Das Risiko müssten wir eingehen können.«
    Thorpa nickte. »Lass es uns morgen versuchen!«
     

     
    Am nächsten Tag führten wir Ribas von seiner Schlafkammer direkt aus der Krankenstation heraus. Während ich ihn bei der Hand hielt, beobachtete Thorpa seine Reaktionen. Doch die waren fast nicht vorhanden, das kleine Gesicht blieb absolut regungslos und auch das Fehlen der Bauklötze und der gewohnten Beschäftigung schien dem jungen Edaner nichts auszumachen.
    Wir nahmen den Weg über die verschiedenen Boulevards der Station. Vortex Main, das ehemalige Outpost, war ein Knotenpunkt in diesem zentralen Sektor des Corpsgebietes und zahlreiche Handels- und Forschungsschiffe legten hier an, um ihre Erkenntnisse auszutauschen, in die zentralen Archive zu gehen, Geschäftsverbindungen herzustellen oder schlicht und einfach etwas Urlaub zu machen. Auch dafür war die Station gut eingerichtet: Die großen Boulevards boten für alle bekannten Völker Entspannungsmöglichkeiten jeder Art. Von kleinen Cafés und Kinos über Spielhöllen, Bars und die unausweichlichen
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