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Rettungskreuzer Ikarus Band 047 - Sudekas Traum

Rettungskreuzer Ikarus Band 047 - Sudekas Traum

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 047 - Sudekas Traum
Autoren: Dirk van den Boom / Andreas Möhle
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fröhlich zum Dienst melden und mithelfen würde, die Fabrik auszuschlachten –, das würde nichts nützen.
    Sie fragte sich, was aus den Wesen in den Kühlkammern werden würde. Gab es dafür einen Einsatzplan, ein Standardverfahren? Die Sklaven des Rekrutierungsvirus waren nicht notwendigerweise grausam und brutal, sie hatten Empfindungen und konnten über einen moralischen Kompass verfügen. Dieser wurde nur dann außer Kraft gesetzt, wenn die allerhöchste Direktive ins Spiel kam: absoluter, euphorischer Gehorsam für die Kallia und deren Befehle. Sudeka konnte hoffen, dass den Eingefrorenen nichts aus bloßer Willkür angetan wurde. Sie verließ die Fabrik mit der Illusion, dass die Insassen der Kühlkammern vielleicht doch noch so etwas wie ein Leben haben würden.
    Unwahrscheinlich.
    Sie lagen in den Kammern, weil sie auf die eine oder andere Weise immun gegen das Virus waren und die Fabrik sie benutzt hatte, um diese Immunität zu umgehen und entsprechende Forschungen anzustellen.
    Es war dunkel, als sie sich hinausschlich. Sie hatte mitgenommen, was sie für nötig erachtete. Es war nicht viel. Sie hatte einen Stadtplan bekommen – er war Teil des Datenupdates gewesen – und konnte sich orientieren. Doch was nützte Orientierung, wenn man kein Ziel hatte?
    Über den Taschencomputer konnte sie jederzeit wieder Kontakt mit dem Fabrikrechner aufnehmen. Er würde nicht ausgeschlachtet werden. Seine Rechenkapazität wurde vom Zentralcomputer beansprucht, seine Datenspeicher und Prozessoren waren eine willkommene, ja notwendige Ergänzung.
    Sudeka marschierte über den Raumhafen, der nur schwach beleuchtet war. Es gab keine Wachen. Niemand hielt sie auf.
    Dann verschwand sie in den nahe gelegenen Häuserschluchten.
     

     
     
    Sieben Tage später
     
    Sudeka verlor ihren Kampf.
    Sie saß in der Ecke eines verfallenen Gebäudes, durch dessen Dach es regnete. Es regnete seit drei Tagen fast ununterbrochen, und die kleine Ecke war der einzige Ort in dem ansonsten leeren Bauwerk, der noch einigermaßen trocken war. Es war nicht richtig kalt, aber die hohe Luftfeuchtigkeit und der scharfe Wind, der durch die eng bebauten Häuserschluchten fuhr, machten das Leben sehr unangenehm.
    Sudeka hatte keinen Hunger und keinen Durst.
    Überall in der Stadt gab es Versorgungszentren, in denen es Nahrung gab, die kostenfrei und ohne große Kontrollen an jeden verteilt wurde, der sie benötigte. Die Nahrungspaste machte einen unappetitlichen Eindruck. Die meisten Wesen, denen sie begegnet war, schienen sie mit unerschütterlicher Begeisterung zu verspeisen. Sie war ohne Zweifel nahrhaft, denn Sudeka fühlte sich nach einer Mahlzeit immer gut gesättigt und auch ihr veränderter Metabolismus, der zweifelsohne einen höheren Energieverbrauch hatte, funktionierte gut.
    Zu gut.
    Die starke innere Unruhe war in dem Moment verschwunden, als die Fabrik auf dieser Welt gelandet war. Aber die Veränderungen waren damit noch nicht beendet gewesen. Sudeka ertappte sich immer häufiger bei dem Gedanken, ob sie nicht, anstatt sich in klammen Ecken zu verdrücken, etwas Nützliches tun konnte. An sich kein völlig abwegiger Gedanke – nur mit dem Unterschied, dass ihr Unterbewusstsein unter etwas Nützlichem etwas verstand, was den Kallia und ihrem System diente.
    Einen Tag lang hatte sie den Raumhafen beobachtet. Vom Abwracktrupp, der die Fabrik zu bearbeiten begonnen hatte, einmal abgesehen, war dort nichts zu sehen gewesen.
    Einen Tag lang hatte sie die nähere Umgebung beobachtet und Verhaltensweisen studiert, um nicht unangenehm aufzufallen, wenn sie sich mit dem Nötigsten versorgte. Das war ihr leicht gefallen. Zu leicht. Vielleicht war auch diese Anpassung auf das Wirken des Rekrutierungsvirus zurückzuführen.
    Bis zum siebten Tag hatte sie versucht, Zugang zum Areal zu bekommen, das den Zentralcomputer, die De-facto-Regierung dieser Welt, umschloss. Sie war nicht an den Sicherheitsmaßnahmen gescheitert – es gab so gut wie keine, gegen wen auch? –, sondern daran, dass mit jedem Schritt, den sie sich dem Areal näherte, auch ihr Bedürfnis anwuchs, nützlich zu sein.
    Am Ende des Tages hatte sie sich ihren Unterschlupf für die Nacht gesucht, so weit vom Zentralcomputer entfernt, wie sie ihre Füße noch getragen hatten.
    Sie spürte dieses Flüstern im Kopf. Es war natürlich nur Einbildung. Die Befehle des Zentralcomputers an die Bevölkerung wurden über individuelle Kommunikatoren weitergeleitet, die in Händen von
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