Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettungskreuzer Ikarus Band 040 - Flammende Begeisterung

Rettungskreuzer Ikarus Band 040 - Flammende Begeisterung

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 040 - Flammende Begeisterung
Autoren: Achim Hiltrop
Vom Netzwerk:
wolle.«

    Dr. Jovian Anande strich sich mit den Fingern durch die Haare und vergrub das Gesicht in den Händen. Er saß einsam in seinem abgedunkelten Büro in der Krankenstation von Vortex Outpost , und doch kam es ihm so vor, als würde das halbe Raumcorps hinter ihm stehen, über seine Schulter spähen und ungeduldig auf Resultate seiner Arbeit warten.
Er wischte die Vorstellung mit einem Achselzucken beiseite. Natürlich war er allein hier, und niemand war bei ihm. Wer hätte auch schon da sein sollen? Seine Mitstreiter waren an Bord der Ikarus – die temporär unter dem Kommando von An'ta stand – aufgebrochen, um irgendeinem havarierten Frachter zu helfen. Schwester Liz war mit an Bord, um sich an Anandes Stelle um eventuelle Verletzte zu kümmern. Die einzigen Crewmitglieder, die nicht mit von der Partie sein konnten, waren Roderick, Sonja und er.
Anande warf einen Blick auf den Monitor der Überwachungskamera. Sonja DiMersi ging in ihrem Krankenzimmer ruhelos auf und ab wie ein Raubtier im Käfig. Roderick Sentenza hingegen saß schweigend auf der Bettkante und schaufelte eine riesige Portion Bratkartoffeln mit Speck in sich hinein. Anande blinzelte. Er hatte gerade ein déjà-vu. Über seinen Kommunikator stellte er eine Verbindung mit Gustav Behrendsen her, in dessen Obhut sich die beiden infizierten Offiziere befanden. »Sagen Sie mal, Behrendsen, hatte der Captain nicht vor einer Stunde schon zu Mittag gegessen?«
»Hat er, hat er«, bestätigte der Pfleger. »Und vorhin habe ich ihm noch einmal einen Nachschlag gebracht.«
»Er hatte noch Hunger...?«
»Ja.«
»... nach der Portion?«
»Ja. Und er sagte, es dürfte ruhig noch etwas mehr sein.«
»Ich verstehe. Danke.« Anande beendete das Gespräch und fuhr sich wieder mit seinen langen dünnen Fingern durch die Haare. Dabei knetete er seine Kopfhaut, als ob er damit seine Gehirnwindungen auf Touren bringen und die Rätsel, vor denen er stand, schneller lösen könnte.
Es war zum Verrücktwerden. Und er war immer noch allein mit dem Problem. Er stand zwar bereits in enger Verbindung mit einigen berühmten Ärzten – vor allem Virologen, Pathologen und Ethoendokrinologen – aus allen Teilen der Galaxis, doch noch waren die neu angeworbenen Mitglieder seines Forschungsteams nicht auf Vortex Outpost eingetroffen, und mit ihnen über das Netz zu sprechen war nicht das Gleiche, wie im gleichen Raum mit ihnen zu sein. In dieser Beziehung war Anande ein furchtbar altmodischer Mensch. Er zog eine lebhafte Diskussion an einem mit Speichermedien übersäten Besprechungstisch jederzeit einer Konferenzschaltung vor, so aufwändig diese auch sein mochte. Im Laufe der nächsten vierundzwanzig Stunden würden seine Kollegen hier eintreffen – doch in dieser Zeit konnte viel geschehen. Nach letzter Schätzung gab es täglich zehn Millionen neuer Infektionsfälle auf allen betroffenen Welten. Das waren über hundert neue Patienten in jeder Sekunde. Und wieder hatte Anande das beklemmende Gefühl, all diese Leute wären mit ihm in diesem Raum und würden ihn anklagend anstarren, weil er immer noch keine Heilung für sie entwickelt hatte.
Er rieb sich die Augen und atmete tief durch. Er durfte sich jetzt nicht selbst verrückt machen. Wenn er die Nerven verlor, würde alles nur noch schlimmer werden. Er konzentrierte sich wieder auf die vor ihm liegende Aufgabe.
Da waren zunächst die bekannten Fakten. Die Symptome ließen sich an Sonja und Roderick bestens studieren: an Akathisie grenzende Hyperaktivität, Heißhungerattacken und dazu die psychotische Vorstellung, umgehend irgendwohin aufbrechen zu müssen. Mit Neuroleptika und Betablockern war den Infizierten nicht zu helfen, so viel wusste Anande schon aus den Beobachtungen der behandelnden Ärzte auf den betroffenen Welten. Er hatte daher davon Abstand genommen, Sonja und Roderick mit solchen Medikamenten zu behandeln.
Blut- und Speichelproben, die Dr. Ekkri und er den beiden abgenommen hatten, deuteten ferner darauf hin, dass eine Veränderung in ihrem Metabolismus vor sich ging. Die enormen Mengen an Kalorien, welche die beiden sich in den letzten Stunden zugeführt hatten, schien der Körper für einen noch nicht identifizierten Prozess zu benötigen. Aber was konnte das sein?
Auch über den Auslöser des Wanderlust-Syndroms konnte Anande nur Vermutungen anstellen. Einige Ärzte hatten die Theorie aufgestellt, es könnte sich dabei um eine besonders aggressive Art des Toxoplasma gondii handeln – dass dieses
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher