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Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott
Autoren: Sylke Brandt
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davon, und was auch immer es gewesen war, es hatte
keinen Wert mehr. Es hätte genauso gut niemals existieren können.
Und wenn es ihm einmal passiert war, dass er seine Erinnerung und all sein Hab
und Gut, seinen Beruf und seine sozialen Kontakte verloren hatte, dann konnte
das noch einmal geschehen, irgendwie und irgendwann. Wenn es eine Wahrheit in
dieser Welt gab, der sich Anande so schmerzhaft bewusst war, dass es ihn im
Inneren oft ganz taub machte, dann war es die: nichts war sicher. Nichts hatte
Bestand.
    Darum sammelte er keine Erinnerungsstücke und Besitztümer mehr.
    Der Gedanke, eines Tages nach einem Unfall ohne sein Gedächtnis zurück
in einen Raum zu kommen, der ihm als sein eigener vorgestellt wurde und all
diese Dinge zu sehen, ohne sie zu erkennen, war ihm unerträglich. Gegenstände
zu berühren, die ihm einmal etwas bedeutet haben mussten und die nun nichts
als Ramsch waren. Sich selbst auf Fotos zu sehen und nicht zu wissen, wo und
wann sie gemacht worden waren. Und am schlimmsten war die Vorstellung von Fremden,
die ihn als Freunde begrüßten oder gar einer Frau, die sich tränenreich
in seine Arme schmiegte und ihm ihre Liebe beteuerte, während er ohne Gefühle
blieb.
    Nein, Anande würde dieses Risiko nicht eingehen. Er lebte für seine
Arbeit, er wollte nichts und niemanden jenseits davon, und wenn er verschwinden
sollte – er selber oder nur seine Erinnerungen –, dann würde
er ersetzt werden, ohne Menschen und Dinge zurückzulassen. Es war ein kalter
Gedanke, aber der einzige, der ihm gut und wahr erschien.
    Seine düsteren Überlegungen wurden plötzlich von dem Signalton
der Kommunikationsanlage unterbrochen, und der Arzt der Ikarus blickte
erstaunt auf. Es war fast noch Nacht, aber das war kein Notfallruf. Der Bildschirm
zeigte die Kennung von Captain Sentenza. Rasch stand Anande auf, hüllte
sich sorgfältig in einen Morgenmantel und nahm das Gespräch an.
    Das ernste Gesicht von Roderick Sentenza erschien sofort auf dem Schirm. Der
Leiter der Rettungsabteilung trug seine Uniform, war aber noch nicht rasiert,
was einen seltsamen Kontrast darstellte. Er nickte nur einmal kurz, ohne Guten-Morgen-Floskeln
auszutauschen, und kam übergangslos zur Sache.
    »Anande, ich habe eine Nachricht von Sally McLennane erhalten, eine dringende
Sache. Es geht um Sie oder eher: Es geht um Ihre Vergangenheit. Können
Sie sofort in mein Büro kommen?«
    Der Arzt spürte, wie ihm innerlich eiskalt wurde, und er brauchte einen
Augenblick, bevor er antworten konnte. Sein Gesicht blieb dabei unbewegt.
    »Sicher, Captain. Können Sie kurz sagen, worum es ungefähr geht?«
    »Über die Kommanlage?«
    »Wird das, was passiert ist, unter uns bleiben oder später ohnehin
öffentlich gemacht?«
    Sentenza zögerte und sah für einen Moment sehr grimmig aus.
    »Wenn wir es nicht verhindern können, wird es auf jeden Fall öffentlich
werden, sehr öffentlich sogar. Verdammt, Anande, wir werden alles versuchen,
um es zu verhindern, aber die Sache kommt von ganz oben, und es sieht schlecht
aus.
    Sie werden angeklagt und vor Gericht gestellt werden, Doktor.
    Wegen verbotener gentechnischer Experimente und Verbrechen an grundlegenden
Wesensrechten.«

    Die Übertragung war so abhörsicher, wie sie es nur sein konnte –
Sally McLennane sorgte dafür, dass sie immer nur hochwertige und aktuelle
Technik benutzte, um ihre geheimen Gespräche auch geheim zu halten. Es
war nicht so, dass die ehemalige Leiterin der Rettungsabteilung paranoid war
und hinter jedem Busch einen Angreifer, hinter jedem lächelnden Gesicht
einen Verräter vermutete – sie wusste , dass es den Tatsachen
entsprach.
    Ihre eigenen politischen Gegner waren mächtig und hatten den Sturz und
die Wiederauferstehung der resoluten Frau mit großem Interesse verfolgt.
Keiner von ihnen wagte gegenwärtig eine offene Konfrontation, aber sie
würden ihr Knüppel zwischen die Beine werfen, so oft sie nur konnten.
Und diesmal, das wusste Sally McLennane nur zu gut, konnte es sein, dass der
Faden mit dem Damokles-Schwert über ihrem Kopf riss. Ihre eigene Politik
der Geheimhaltung hatte das Messer dazu geliefert, ebenso die finanziellen Schwierigkeiten,
mit denen sie bei der Gründung der Rettungsabteilung zu kämpfen gehabt
hatte. Warum sonst hätte sie einen auf St. Salusa gestrandeten Arzt in
die Crew aufnehmen sollen, der nichts von seiner Vergangenheit
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