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Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 017 - Das Anande-Komplott
Autoren: Sylke Brandt
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und ihre Kopfwunde ging weit über einen Schädelbruch hinaus. Hätte
sie nur noch ein paar Stunden länger in der Dunkelheit des halbtoten Frachters
gelegen, wäre jede Hilfe zu spät gekommen.
    Doktor Anandes schlanke Finger berührten eine Taste, und die holographische
Darstellung des Gehirns von Ula Eow wurde vergrößert – wie ein
abstraktes Kunstwerk aus Licht schwebte das farbige Abbild von Nervensträngen
und Blutgefäßen über dem Operationstisch. Mit ruhiger Hand hob
Anande das Sensorskalpell und markierte zwei Punkte in dem Hologramm. Ein kurzer
Signalton gab die Rückmeldung, dass der geplante Schnitt gespeichert worden
war. Eine weitere Bewegung sorgte für die Zerstörung der Wiedergabe
eines kleinen Blutgerinsels.
    Sorgfältig legte der Arzt der Ikarus das Skalpell zur Seite und
ließ die letzten Operationsschritte als Simulation ablaufen. Er sah, wie
sich Risse in den Wänden der Blutgefäße schlossen und zerfetzte
Nervenstränge zusammengeschweißt wurden, bis schließlich alle
Bereiche des Hologramms den grünlichen Schimmer annahmen, der eine völlige
Wiederherstellung der Gewebe anzeigte. Dies war der letzte Teil der bereits
stundenlangen Operation, und bisher war alles ohne Probleme verlaufen. Trotzdem
zögerte Anande, als seine Hand über der Taste schwebte, um die Laserskalpelle
noch einmal zu aktivieren, damit sie die über das Hologramm eingespeicherten
Aktionen ausführen würden.
    Reglos musterte er das abgehärmte Gesicht seiner Patientin, das von einem
sehr bewegten Leben zeugte. Sicher, die Funktionen des Gehirns würden nach
dieser Operation wieder hergestellt sein – vermutlich sogar besser als
zuvor. Aber welchen anderen Schaden das hochkomplexe Organ genommen hatte, das
vermochte keiner zu sagen. Er hatte den zerbrochenen Krug wieder zusammen geleimt
– aber war das Wasser noch darin? Was, wenn Ula Eow in drei Stunden aus
ihrem Betäubungsschlaf erwachen und nicht mehr wissen würde, wer und
was sie war? Ihren Namen nicht mehr wusste, ihre Vergangenheit vergessen hatte?
Vielleicht nicht einmal mehr sprechen konnte? Er würde nicht in der Lage
sein, ihr das zurück zu geben.
    Ein Schauer lief Jovian Anande über den Rücken, und für einen
kurzen Augenblick war er versucht, die Operation nicht abzuschließen,
um Ula Eow das Risiko zu ersparen, als ein anderer, ein leerer Mensch wieder
auf zu wachen.
    Als ein Mensch wie er selbst.
    Dann berührte er die Taste, und die Laserskalpelle erwachten mit einem
feinen Sirren zum Leben.

    Es gab keine Spiegel in dem großen, mit üppigem Luxus verschwenderisch
ausgestatteten Raum. Auch in den anderen Zimmern des weitläufigen Appartements
war kein noch so kleines Stück Spiegelglas zu finden, und mehr noch: alle
Oberflächen waren so behandelt, dass sie kein Bild reflektieren konnten.
Fensterscheiben, Metallelemente, sogar Trinkgläser waren mattiert und stumpf.
Wer hierher als Besucher kam und nervös war, den beschlich das sonderbare
Gefühl, nicht wirklich da zu sein, weil es keine Möglichkeit gab,
sich selbst irgendwie zu sehen – es sei denn, als Schatten an der Wand.
Und sehr viele der freiwilligen und oft auch unfreiwilligen Besucher dieser
Nobelwohnung waren nervös, denn nicht selten entschieden die nächsten
Stunden oder nur Minuten über den Rest ihres Lebens. Wenn die Sache sehr
schlecht lief, mochte es sogar sein, dass sie den »Rest ihres Lebens«
innerhalb der schallisolierten Wände dieser Zimmer verbrachten, mit einem
Tod, der weder kurz noch schmerzlos war.
    Prinz Joran lehnte sich in einem Sessel zurück und hob ein Glas mit einer
tiefroten Flüssigkeit, stürzte den Inhalt gedankenlos herunter und
schmeckte ihn nicht einmal. Es war einer der kostbarsten und teuersten Weine,
die das Multimperium zu bieten hatte, doch Joran zollte ihm nicht mehr Achtung
als einem Becher Wasser. Reichtum war für ihn selbstverständlich und
nichts, woran er einen zweiten Gedanken verschwendet hätte. Er machte ihn
nicht zufrieden, aber Joran wäre auch nicht bereit gewesen, ohne ihn zu
leben. Wie ein Schwarzes Loch verschlang er alles, ohne jemals davon satt zu
werden – Dinge und Menschen gleichermaßen – und nichts hinterließ
in ihm irgendeine Spur. Sie nährten nur seinen Hass und seinen Zorn, und
alle Schönheit, die ihn berühren mochte, wurde in diesem Mann zu Asche.
    Eine Frau stand auf und füllte das Glas des Prinzen
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