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Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem

Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 005 - Requiem
Autoren: Dirk van den Boom
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noch keinen besonders
erleuchteten Eindruck machte. Aber er hatte die Grundzüge begriffen, wenngleich
er noch nicht verstand, was das alles mit ihrem Aufenthalt hier zu tun hatte.
Mit diesem Unverständnis war er aber nicht alleine.
    Anande räusperte sich. »Das Interessante jenseits der theoretischen
Geometrie ist, dass einer der Hauptvertreter der fraktalen Geometrie, ein alter
terranischer Gelehrter namens Mandelbrot, davon ausging, dass die fraktale Geometrie
nicht einfach eine abstrakte Entwicklung ist. Eine Küstenlinie, wenn man
sie bis in ihre kleinste Unregelmäßigkeit misst, strebt auf eine
unendliche Länge zu, so wie es auch das Sierpinski-Dreieck tut.«
    »Und?«, fragte Weenderveen immer noch verwirrt über den möglichen
Zusammenhang mit ihrer konkreten Situation.
    Thorpa atmete ein, doch Anande war schneller. »Mandelbrot ging davon aus,
dass Gebirge, Wolken, Ansammlungen jeglicher Materie, Sternhaufen und andere
natürliche Erscheinungen ihrem Wesen nach einem Fraktal ähnlich sind.
Ein sehr bekanntes Fraktal ist das berühmte Apfelmännchen, eine Darstellung,
die wie ein dickes Männchen aussieht und in sich immer wieder dupliziert
ist, egal, welche Vergrößerung man wählt.«
    Sentenza nickte. »Fein, Doktor, das ist hochinteressant. Was hat das mit
uns zu tun?« Der Captain schien langsam die Geduld zu verlieren, soweit
man dies aus dem Unterton in seiner Stimme heraus hören konnte.
    Anande projizierte das Bild aus dem Molekularscanner als dreidimensionales Gebilde
in die Zentrale. »Obgleich Mandelbrots Aussage von Biologen und Genetikern
im Grunde nie ernst genommen wurde, haben einige wenige versucht, Fraktale beispielsweise
im genetischen Code oder in darunter liegenden atomaren Schichten nachzuweisen.
Der Erfolg war mäßig, und die Atomphysik hat die Fraktalgeometrie
mehr der ... nun, der Kunst und der mathematischen Effekthascherei überlassen.«
    »Ja, Doktor?« Sentenzas Tonfall wurde nun wirklich ungeduldig.
    Anande beeilte sich, zum Punkt zu kommen. »Captain, die gesamte Natur dieses
Planeten ist ein einziges Apfelmännchen mit einem Klecks darin!«
    Für einige Sekunden herrschte Schweigen.
    »Das habe ich definitiv nicht verstanden«, erklärte nun Sonja
DiMersi.
    Anande drehte am Regler der Holodarstellung. »Ich habe alles da draußen
am Dschungelrand gescannt. Blätter, Zweige, Blumen, Kleintiere, Mikroorganismen,
Larven, eine offenbar abgeworfene Schlangenhaut ... Die genaue Liste finden
Sie im Logfile. Und bei allen Molekularscans bekam ich als Ergebnis die grafische
Darstellung eines Fraktals – des Fraktals, das Sie alle hier dargestellt
sehen.«
    Alle Augen richteten sich auf die mehrfach gebrochene, bunte Darstellung, die
einen eigentümlichen Reiz ausübte.
    »Ich dachte, Fraktale hätten etwas mit Chaos zu tun«, warf nun
DiMersi ein.
    »Korrekt. Aber was oder wer auch immer für die natürlichen ...
oder besser unnatürlichen Gegebenheiten von Fauna und Flora dieser Welt
verantwortlich ist, hat diese in die kleinsten Bausteine des Fraktals ... wie
soll ich es sagen ... förmlich eingebrannt! Und wissen Sie, was dadurch
erreicht worden ist?« Anande starrte lauernd in die Runde.
    Sentenza seufzte. »Nein, Doktor, aber ich bin mir sicher, Sie sagen es
uns gleich!«
    »Trotz aller lebendigen Vielfalt in allen Bereichen des Lebens auf dieser
Dschungelwelt herrscht doch Einförmigkeit, Synchronisation – ein vollendetes,
ein absolutes Design, ein unglaubliches Terraforming, das sich von der niedrigsten
Molekularebene bis – ... aber sehen Sie selbst!«
    Die Darstellung wechselte. Ein aufbereitetes Bild vom Anflug der Ikarus wurde deutlich. Es zeigte einen weiten Ausschnitt der überflogenen Dschungelfläche.
    »Und?« Weenderveen zwinkerte mit den Augen.
    »Sehen Sie genauer hin! Dieses Bild von der Dschungelfläche ... Hier,
ich färbe es etwas anders ein ...«
    »Verdammt!«, entfuhr es Sentenza.
    Alle sahen es nun: die Abbildung des Fraktals, in eine riesige Größe
verwandelt, strukturiert durch die Anordnung von Bäumen, Flüssen und
der Linienführung der Bodenformationen.
    Wieder herrschte einige Augenblicke Stille.
    »Doktor, Sie haben mich wohl zurecht geweckt«, erklärte Sentenza
schließlich mit belegter Stimme. »Und jetzt sollten Sie vielleicht
noch etwas zu dem Klecks sagen – wenngleich ich erahne, was Sie damit meinen!«
    Anande nickte. »Ja, Captain. Der Klecks ist
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