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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken
Autoren: Meschner Moritz
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in die Traufe kommen« wirklich. Silvio starrt uns an, als seien wir schwule Marsianer. Und einer davon kniet in Blowjob-Stellung vor ihm und hat einen G-String an.
    »Watt MACHT ihr denn hier?!«
    »Ach, nichts«, gebe ich kleinlaut von mir. »Mir ist wohl vorhin so ein bisschen die Sicherung durchgebrannt, und da dachte ich, wenn ich schon mal so schön am Durchdrehen bin, dann kann ich dir doch gleich noch auf den Kopf pissen. … Und dich danach umbringen.«
    Silvio öffnet den Mund, aber es kommt nichts raus.
    Er steht nur da und versucht, seine Gedanken zu ordnen, und dabei hält er immer noch das Halsband mit dem zappelnden Rico umklammert.
    Dann lacht er los wie ein Irrer.
    »Oh, Mann, dit is ja wohl dit Bescheuertste, watt ick je jehört hab!«
    »Ist es«, bestätigt Max und klopft sich den Dreck von der Hose.
    Ein paar Minuten später sitzen wir im Wohnzimmer auf dem Sofa und essen Käsekuchen.
    »Und das sind wirklich Freunde von dir?«
    Brummdraht-Witwe Bolte mustert mich misstrauisch, und ich ziehe Andrés zerbissene Jogginghose, die ich mir über den Schoß gelegt habe, ein Stückchen weiter nach oben.
    »Du kommst mir bekannt vor! Wo hab ich dich bloß schon mal gesehen?«
    »Vielleicht waren Sie auf seinem Facebook-Profil«, witzelt Max und schiebt sich ein Stück Kuchen rein.
    »Omi, hol doch noch mal bitte neuen Kaffe aus der Küche!«
    Mit finsterer Miene und zwei leeren Tassen verlässt sie schließlich das Zimmer, während Max sich ein zweites Stück Käsekuchen vom Teller nimmt.
    »Der schmeckt total geil!«
    »Dit Jeheimnis sind die Dosenmandarinen. Damit wird er schön klietschig.«
    »Verstehe.«
    » HALLO ?!«, reißt mir der Geduldsfaden. » WAS SOLL DAS HIER ALLES ?!«
    »Wir essen«, erwidert Silvio seelenruhig, und ich kann aus den Augenwinkeln erkennen, dass Max grinst.
    »Ja, aber willst du mich nicht verprügeln oder die Polizei rufen oder mir wenigstens die Haut abziehen?!«
    »Nee, will ick nich.«
    » WARUM denn bloß nicht?«
    Silvio schlürft einen Schluck Kaffee und lehnt sich in seinem Sessel zurück. Er sieht mit einem Mal so aus, als hätte er nicht nur Omis extra-klietschige Dosenmanda­rinen-Spezialität, sondern gleich auch noch all die Weisheit der ekligen Welt mit der Kuchengabel gefressen.
    »Moritz, ick weeß jenau, wie es dir jeht. Wie sehr du leidest. Mir jing’s die letzte Woche ooch so. Als Steffi und ick jetrennt waren. Da hatt ick janz schön dran zu knabbern, und ick wollte dich am liebsten zu Fleischbällchen kloppen. Ick hab sogar schon vor deiner Tür jestanden!«
    »Du hast vor meiner Tür gestanden?!«
    Ich schlucke einmal kräftig.
    »Ja, hab ick, und du kannst froh sein, dass du nich im Krankenhaus liegst, jetze.«
    Ich bin mir in Anbetracht der derzeitigen Umstände nicht ganz sicher, ob ich darüber wirklich froh bin.
    »Aber denn hatt ick plötzlich, wie soll ick sagen, ick hatte plötzlich ’ ne Version.«
    »Was hattest du?«
    » ’ ne VERSION . Wie wenn ick mit einem Mal in die Zukunft kieken kann. Wie die Schlangenbeschwörer oder so.«
    Just in diesem Augenblick beginnt mein Kopf zu schmerzen, und ich nehme einen schwachen Pfeifton in meinem rechten Ohr wahr. Wahrscheinlich hat gerade mein interner Deppen-Detektor angeschlagen.
    »Jedenfalls hab ick vor meinem geistlichen Auge jesehen, wie ick dir eine verpasse, und denn … na ja, denn wusst ick sofort, dass Steffi mich nie mehr zurücknehmen wird, und dass ick da ooch keene Chance mehr haben tue, und denn hab ick mich jefragt, ob et dit allet wert is. Sie hat mir ja schon immer jesagt, ick muss meine Aggressionen im Griff kriegen, sonst kann sie nich mit mir zusammen sein. Also hab ick beschlossen, mein Leben zu ändern, und seit Freitag bin ick nu in Therapie, und jestern hab ick mit Steffi über allet jesprochen, und jetz sind wa wieder zusammen, also so richtich. Max, nimm doch noch ’n Stückchen. Is jenuch da.«
    »Ich kann beim besten Willen nicht mehr«, antwortet Max zufrieden schmatzend.
    »Du bist in THERAPIE ?«
    »Aggressions-Bewältijung«, erwidert er höflich.
    »Und ihr seid wieder fest zusammen?«
    Ich merke, wie mir langsam die Kinnlade runterklappt und mein Slip schon wieder anfängt zu zwicken.
    »Du isst ja jar nüscht«, stellt Silvio besorgt fest.
    »Ich schnall ab«, sage ich kraftlos und stehe mit Wackelpuddingbeinen auf. »Das ist doch alles nur ein Alptraum.«
    »Moritz, nich, dass de mich falsch verstehst. Ick jeh immer noch ins Fitnessstudio, und ick lass mir
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