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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken
Autoren: Meschner Moritz
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auf Level 37« ändern soll, und ob jemand diesen verzweifelten Hilferuf wahrnehmen wird, da klingelt es plötzlich.
    Ich mache meine Hose zu und öffne die Tür.
    Der Paketbote. Er reicht mir ein kleines Päckchen mit dem Amazon-Logo drauf.
    »Dann bekomme ich hier bitte noch eine Unterschrift.«
    Ich krakle ein paar Hieroglyphen auf das elektronische Schreibfeld und gebe ihm das Gerät zurück.
    »Danke. Und noch ’ nen schönen Tag.«
    »Selber«, sage ich.
    »Was haben Sie da eigentlich auf dem Kopf? Ist das was Medizinisches?«
    Die Stille dauert nur ein paar Sekunden, doch es kommt mir so vor, als könne man in dieser Zeit alle gefloppten » DSDS «-Gewinner dreimal hintereinander aufzählen. Hitze steigt mir ins Gesicht, und ich spüre, wie meine Augen anfangen zu brennen.
    »Ich … äh … habe manchmal Migräne.«
    »Ach so«, sagt der Paketbote mit einem breiten Grinsen.
    Ich nehme mit zitternder Hand das Massagegerät vom Kopf und schließe in Zeitlupe die Tür. Dann lege ich das Amazon-Päckchen auf den Schuhschrank im Flur, zünde mir eine Zigarette an und gehe zurück an meinen Computer.
    Steffi Gehrasch wird heute mal wieder richtig feiern!
    vor geraumer Zeit
    Das ist die letzte Statusmeldung von Steffi, an die ich mich erinnern kann. Oder genauer gesagt, die letzte Statusmeldung, die ich sehen durfte. Vor ein paar Tagen hat Steffi nämlich ihr Facebook-Profil für mich gesperrt.
    Steffi ist meine Exfreundin. Sie hat vor knapp zwei ­Monaten mit mir Schluss gemacht; eine Geschichte wie jede andere, alle RTL - II -Shows sind randvoll mit so einem Mist.
    Verlassen hat sie mich, ganz einfach, und sich in irgendeinen anderen Typen verknallt. Eigentlich – und das macht alles noch viel schlimmer – war es vom zeitlichen Ablauf betrachtet doch eher umgekehrt. Sie hat sich ERST verknallt und mich DANN abserviert.
    »Wir fliegen alle nach Mallorca, die Mädels und ich.«
    An diese Worte von Steffi werde ich mich noch den Rest meines Lebens erinnern. Es war im Spätsommer, sie stand in der Tür und schaute mich erwartungsvoll an.
    »Wer fliegt nach Mallorca?«, fragte ich mit dünner Stimme.
    »Die Mädels und ich«, wiederholte Steffi.
    Ich hatte das natürlich schon beim ersten Mal verstanden.
    »Ach was«, konterte ich. »Ich dachte, WIR wollten zusammen in den Urlaub fahren.«
    » DU hast ja Flugangst!«
    »Ich habe keine Flugangst!«
    An dieser Stelle sei mir ein kleiner Einschub gestattet.
    Richtig ist: Ich wollte früher Astronaut werden.
    Auch richtig ist: Lieber lecke ich das Dixi-Klo eines Heavy-Metal-Festivals aus, als mich in irgendetwas reinzusetzen, das fliegt. Ich fliege nicht! Jedenfalls nicht mehr .
    Ich leide tatsächlich seit Jahren an extremer Flugangst und vermeide es tunlichst, mir ferne exotische Länder als Reiseziele auszusuchen. Wobei »fern« und »exotisch« für mich schon auf die Schweiz zutrifft.
    Und wenn ich es nicht mal zum Baseler Flughafen schaffe, wie dann bitte schön in ein Spaceshuttle und auf einen fernen Planeten?
    Steffi hat vollkommen recht: Ich HABE Flugangst. Und ich bin mittlerweile auch so ziemlich das Gegenteil von einem Astronauten. Wäre ich damals Neil Armstrong gewesen, und man hätte mich für den Mondflug eingeteilt, dann hätte ich mit Sicherheit kurz vor dem Countdown gekniffen, vielleicht hätte ich krank gespielt und meine Mama gebeten, einen Entschuldigungsbrief an den Präsidenten zu schreiben, so wie in der Schule:
    Sehr geehrter Mr Nixon,

    leider muss ich Ihnen mitteilen, dass mein Sohn Neil morgen am 16. Juli nicht an Ihrer geplanten Mondmission teilnehmen kann.

    Wie Sie vielleicht wissen, reagiert Neil sehr heftig auf frische Schnittblumen und Kernobst; eine Form der Al­lergie, die väterlicherseits an unseren Jungen vererbt wurde.
    Nun ist es ja so, dass Neil mittlerweile eine ganze Reihe unbekannter Verehrer hat, die ihn mit den unterschiedlichsten Geschenken regelrecht überhäufen, darunter z.B. Pralinen, alkoholische Getränke, aber auch Blumen und Obst. (Unser Wohnzimmer gleicht schon jetzt bereits einem Friedhof; – die ganzen Blumen!) Der arme Junge ist natürlich aufgegangen wie ein Hefezopf und hat nunmehr einen fürchterlichen Ausschlag, der sich vom Gesicht bis hin zum Gesäß erstreckt.

    Neil wird wohl aller Voraussicht nach zwei Wochen das Bett hüten müssen.
    Ein Attest unseres Hausarztes Dr. Kimble habe ich der Entschuldigung beigefügt.

    Mrs Armstrong
    Aber kommen wir zurück zu Steffi:
    » DU hast ja
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