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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken
Autoren: Meschner Moritz
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keinen Führerschein. Ganze dreißig Sekunden lang konnte ich Steffi noch nachschauen, bis sie dann an der zweiten Ampel abgebogen ist.
    Moritz Meschner stand da wie ein Idiot.
    vor etwa 2 Wochen
    Steffi Gehrasch war das völlig egal!
    vor allem deswegen, weil sie Moritz nicht mehr liebt
    Arschfotzenkopf gefällt das.
    Trotzdem habe ich noch am Abend ihren neuen Freund gesehen. Einen wundervollen Mann, den ich spontan auf den Namen »Arschfotzenkopf« getauft habe.
    Nachdem Steffi mit dem Auto davongefahren war, ging ich in die gegenüberliegende Kneipe, um auf sie zu warten. Ich setzte mich an ein Fenster, von dem aus ich ihre Wohnung beobachten konnte, und kippte elf große Bier. Und dann noch ein kleines.
    Nach meiner eigenen Wahrnehmung verließ ich um exakt 38 Uhr die Kneipe und stolperte schnurstracks in den Spätkauf nebenan, um mir noch zwei Bier auf die Hand und eine Schachtel Kippen zu besorgen. Ob der Bus überhaupt noch fuhr, wusste ich nicht, und es war mir zu diesem Zeitpunkt auch scheißegal. Sollte Steffi doch machen, was sie wollte! Sollte sie doch mit ihrem neuen Typen vögeln! Da ich in der Kneipe schon ein paar Mal geweint hatte, wusste ich zumindest, dass ich das zu Hause nicht mehr tun würde. Oder höchstens noch zwei, drei Mal.
    »Wer is diese Steffi überhaupt?«, nuschelte ich den Späti-Verkäufer an.
    »Bitte?«
    »Ach, lecken soll mich die doch, Alter. Was bommst de?«
    »Bitte?«
    »Was BEKOMMST DU ?!«, schrie ich ihn an.
    Er schaute kurz auf die Kasse.
    »Acht Euro sechzig.«
    Ich zitterte einen Zehner aus meinem Portemonnaie und legte den Schein auf die Theke.
    »Stimmt so.«
    »Danke.«
    »Sammal, kann ich nich lieber ’ n Sixer nehmen? Zwei sind vielleicht doch ’ n biss wenig.«
    »Sechserträger?«, fragte der Verkäufer.
    Ich nickte.
    »Dann gib mir die beiden Bier wieder. Sechserträger sind da hinten im Kühlschrank. Musst du dir einfach raus­holen.«
    »Ma ich«, sagte ich (vermutlich), torkelte rüber zum Kühlschrank und versuchte, die Glastür zur Seite zu schieben.
    »Du musst ziehen.«
    »Wa?«
    » ZIEHEN !«
    »Aso.«
    Ich zog die Tür mit einer Eleganz auf , die nur noch von Michael J. Fox beim Eierlaufen hätte übertroffen werden können, und wollte mir gerade einen Sechser Beck’s nehmen, als ich plötzlich eine Stimme hörte. IHRE Stimme. Fuck!
    Ich drehte mich um, und da stand sie an der Kasse: Steffi! Sie sah aus wie eine Göttin.
    »Zwei Marlboro Lights.«
    Ab diesem Zeitpunkt lief alles ab wie in einem Traum. Ich erinnere mich daran, wie mein Herz plötzlich anfing zu rasen, wie meine ohnehin nicht mehr ganz standfesten Beine sich komplett in weichen Schlabber verwandelten, und wie der Verkäufer zwei Schachteln Zigaretten aus dem Regal nahm, sich dann wieder zu Steffi drehte und ihr auf die Titten starrte, während sie nervös in ihrer Adidas-Handtasche kramte. Und beinahe hätte ich etwas gesagt. Ich wusste nur nicht, was.
    Steffi hatte ein schwarzes Oberteil mit Spaghetti-Trägern und einem tiefen Ausschnitt unter ihrer Jeansjacke an, eine schwarze enge Hose und ebenfalls schwarze hohe Schuhe. Ihr blondes langes Haar fiel über ihre Schultern und in ihre Adidas-Tasche, und in meinem besoffenen Kopf entspann sich der Beginn eines kariessüßen Gedichts, das es mit Sicherheit nicht mal in die BRAVO geschafft hätte. Hier die einzigen Zeilen, an die ich mich am nächsten Tag noch erinnern konnte (das Gedicht trug übrigens den Namen »Steffi«):
    Dein Haar ist wie Sonnenlicht im Winter
    Und mir, dem geht es immer schlimmer
    Ich frage mich nur noch »Warum?«
    Und fall fast vor dem Kühlschrank um

    Dem Kölner Karnevalsverein und Einem geistig zurückgebliebenen 12-jährigen Mädchen, das »Twilight« liebt gefällt das.
    »Neun Euro achtzig.«
    »Gleich«, sagte Steffi und kramte weiter hektisch in ihrer Tasche herum. So wie es aussah, konnte sie ihr Portemonnaie nicht finden. Vielleicht hatte sie es auch vergessen. Typisch Steffi!
    Von einer Sekunde auf die andere wusste ich, was zu tun war. Ich würde Steffi ansprechen, ihr ganz einfach mit Kohle aushelfen, und schon würde sie erkennen, dass ich doch ein extrem netter Kerl bin und mich für den Rest ihres Lebens lieben. Na gut, bei meinem Zigaretten- und Alkoholkonsum wohl eher für den Rest MEINES Lebens.
    Ich löste mich grazil von der Kühlschranktür und schlurfte in nicht minder grazilen Schlangenlinien auf Steffi zu. Als ich nur noch ein paar Schritte von ihr entfernt war, hatte ich fast den
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