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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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Prolog
     
    Und so wurde Hauptmann Geradus Kaitan für seine Dienste im Großen Krieg belohnt.
    Der Herzog von Farnmoor, der ihm einst für eine Summe von 1000 Dukaten ein Offizierspatent verkauft hatte, verzichtete auf die drei letzten Raten des Preises, weil Kaitan bei der Schlacht von Helk mit seinen Männern die drohende Einkesselung durch die Elitegarde der Dramanen verhindert hatte.
    Die Lady Biela, Witwe des Herzogs von Storn, überreichte ihm ein Pfand der Verbundenheit als Dank dafür, dass er ihr die Leichname ihres Mannes, ihrer beiden älteren Söhne, ihres Onkels, ihrer beiden Brüder sowie ihres Liebhabers zurückgebracht hatte.
    Imperator Sansor der Gütige, siegreich in den Trümmern seiner eigenen Hauptstadt stehend, wollte Geradus Kaitan für seine Tapferkeit und seinen zehnjährigen Dienst den Titel eines Herzogs und die Ländereien zu Lormar als Lehen überlassen.
    Die üblichen Intriganten im Kronrat, die die Beliebtheit des Kriegshelden fürchteten, wussten dies zu verhindern. Dennoch, daran war nichts zu ändern, dem Hauptmann musste etwas gegeben werden, denn in militärischen Diensten konnte man ihn nicht belassen. Das Imperium war bankrott, der insgesamt 23 Jahre währende Krieg gegen Draman hatte es völlig ausgelaugt. Man hatte gesiegt, dank Männern wie Kaitan.
    So erhielt der Hauptmann den Titel eines Barons sowie die Baronie Tulivar, ganz im Norden des Imperiums gelegen, schon seit fast fünfzig Jahren verwaist und lustlos verwaltet vom benachbarten Grafen von Bell. Nördlich von Tulivar gab es nur noch ein Gebirge und die Küste. Westlich gab es Wasser. Östlich gab es Wasser. Südlich gab es den lustlosen Grafen und seine Ländereien. Es war der gottvergessenste Ort des Imperiums.
    Aber es war ein Titel.
    Notwendigkeiten jeder Art war Genüge getan.
    Dreißig Soldaten aus Hauptmann Kaitans Truppe fanden, es sei an ihnen, ihrem Anführer durch weitere Gefolgschaft zu danken. Die Heimatdörfer in Flammen, die Familien von Dramanen entführt oder hingeschlachtet, beschlossen sie, ihr Glück bei jenem zu suchen, der sie durch diesen Krieg geführt hatte. Und da der Hauptmann ihr Schicksal teilte, nahm er sie alle gerne auf und in seine Dienste.
    Jeder von ihnen brachte eine Mitgift: ein Pferd, eine Rüstung, Waffen, ein Beutel Gold und den Willen, sich jetzt nicht unterkriegen zu lassen.
    Geradus Kaitan hatte sich selbst auch gedankt. Gedemütigt vom Kronrat, brachte er aus den Trümmern der Hauptstadt drei Eselskarren mit, sorgsam abgedeckt durch schweres Tuch. Darin fanden sich Kunstwerke, Schmuck, Möbel, Silber- und Goldmünzen, in den Wirren des langsam beginnenden Wiederaufbaus verschwunden aus den Palais jener, die dafür gesorgt hatten, dass er Baron wurde anstatt Herzog.
    Der Weg von der Hauptstadt des Imperiums, dem rauchenden und brennenden Sidium, bis nach Tulivar betrug über eintausend Meilen.
    Hauptmann Kaitan und seine Gefährten benötigten dafür sechs Monate. Das Imperium war im Aufruhr. Marodierende Banden, meist entlassene Soldaten, machten die Landstriche unsicher. Kaitan suchte den Kampf nicht. Er hatte genug Blut vergossen, zumindest fürs Erste. Und je weiter sie nach Norden kamen, desto friedlicher und ruhiger wurde es. Selbst zu seinen besten Zeiten war Drogor der Schreckliche, Herr von Draman, nicht so weit nach Norden vorgedrungen. Sie trafen nicht mehr auf verbrannte Dörfer, aber auf Armut, erzeugt durch die brutalen Kriegssteuern, mit denen der Imperator seinen Moloch, seine gigantische Armee finanziert hatte. Auf diese Weise hatte er den Sieg davongetragen. Die Steuern waren nicht gesenkt worden. Das herrliche Sidium musste neu errichtet werden. Die Paläste waren rauchende Ruinen. Das war ein teures Unterfangen.
    Sechs Monate dauerte die Reise und die Männer hielten sich aus allem raus. Sie rasteten an einsamen Orten, gestählt durch die Erfahrungen des Krieges. Sie umgingen gefährliche Wegkreuzungen, die beliebtesten Orte für Wegelagerer. Sie mieden Städte, um allzu gierigen Lords zu entgehen, die ihre Steuerschuld auf die einfache Art zu begleichen gedachten. Es dauerte lange, aber niemand starb, keiner hungerte, kein Schwertarm hob sich, kein Pfeil wurde verschossen. Eine willkommene, geradezu wohltuende Abwechslung.
    Zwei Männer schätzte Geradus Kaitan als seine Freunde ganz besonders.
    Da war zum einen Woldan vom Berg, ein Bogenschütze, der als junger Sohn eines Bauern vor zwölf Jahren in den Militärdienst gepresst worden war. In jener
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