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Resteklicken

Resteklicken

Titel: Resteklicken
Autoren: Meschner Moritz
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Eindruck, dass ich ihr Haar riechen konnte.
    »Hey«, sagte ich mit einer Stimme, die nicht nach einem Mann, sondern mehr nach einem heiseren Schlumpf klang.
    Steffi bemerkte mich nicht mal. Sie war im wahrsten Sinne zu sehr in ihre Tasche vertieft.
    »Na, wie geht’s dir denn?«, versuchte ich es erneut. Meine Stimme war immer noch leise und unerträglich kraftlos.
    »Ich hab’s gleich«, sagte Steffi, und gerade als ich ein drittes Mal ansetzen wollte, flog die Tür auf und ein Riesen-Pumper mit Glatze stürmte herein.
    »So, watt los Prinzesschen, kommste klar oder watt?«
    Arschfotzenkopf.
    Natürlich ist es hinlänglich bekannt, dass Frauen auf starke Männer stehen. Attila der Hunnenkönig hatte mit Sicherheit mehr Sex als so Weicheier wie Gandhi. Aber DIESER Typ in seinem zum Zerreißen gespannten Fred-Perry-Poloshirt war doch ein schlechter Witz!
    » KOMMSTE KLAR ODER WATT, HAB ICK JEFRAGT !«, fuhr er Steffi plötzlich so lieblich an wie der Vietcong einen amerikanischen Kriegsgefangenen. Ich hatte mit einem Mal das ganz bestimmte Gefühl, dass ich den Typen von irgendwoher kannte. War der nicht bei Peter Zwegat gewesen, weil er rund zweihunderttausend Euro Spielschulden gemacht und seine Frau und seine sechs Kinder jahrelang verdroschen hatte? Er sah ihm jedenfalls verdammt ähnlich.
    Steffi schaute ängstlich in ihre Handtasche und atmete einen kurzen Moment später erleichtert auf.
    »Hier ist es ja. Boah, ich hab schon gedacht, ich hab’s zu Hause vergessen.«
    Sie öffnete ihr Portemonnaie und gab dem Verkäufer einen Zehn-Euro-Schein.
    »Rest kannste behalten«, lächelte sie ihn an.
    » BISTE NOCH JANZ BEI DIR ODER WATT ?!«, ging Arschfotzenkopf unsanft dazwischen. » JIBT KEEN TRINK ­GELD, VERSTANDEN ?!«
    Der Verkäufer hinter der Theke verstand nur zu gut. Er griff in die Kasse, zählte die zwanzig Cent Wechselgeld vorsichtshalber gleich dreimal hintereinander ab und reichte sie nicht Steffi, sondern Arschfotzenkopf.
    »Na also«, sagte der überheblich lächelnd und packte Steffi unsanft am Arm. »So, Süße, und jetz ab nach Hause.«
    Anstatt diesem ekelhaften Typen einfach eine zu scheuern, setzte Steffi einen Blick auf, der Erinnerungen in mir weckte. Erinnerungen an ebensolche Nächte, wo wir betrunken von irgendeiner Party gekommen waren und dann im Bett noch zwei, drei Stunden »rangehängt« hatten. Sofort krampfte sich mein Magen zusammen und etwas stieg in mir hoch, das sich am ehesten als schwarze, bittere Galle beschreiben lässt. Für einen kurzen Moment dachte ich tatsächlich, dass ich ohnmächtig werden würde, doch ich blieb stehen und musste mit ansehen, wie Steffi die Hand dieses Typen nahm, sich auf ihre Zehenspitzen stellte und ihm einen sanften Kuss auf den Mund gab. Was sie heute noch so alles mit ihm machen würde, wollte ich mir gar nicht erst vorstellen. Klappte aber nicht. Den recht expliziten Film hätte man direkt aus meinem Pils-Hirn bei youporn hochladen können. Dann gingen die beiden Arm in Arm nach draußen. Mittlerweile nieselte es leicht, und ein nasser Wind stieß durch die Tür in mein Gesicht. Einen Augenblick später war alles still.
    Steffi Gehrasch wird heute mal wieder richtig feiern! … und morgen dann ihr Profil für Moritz sperren!!!
    vor meinem geistigen Auge
    Ich verstehe gar nicht so richtig, warum ich nicht mehr auf Steffis Profil darf. Und ich weiß auch nicht, wie man sein Profil überhaupt für einen Freund sperren kann. Jedenfalls kann ich seit einer Woche keine Fotos mehr von ihr sehen, nicht sehen, mit wem sie sich neu befreundet oder welche Statusmeldungen sie gepostet hat. Dabei habe ich mich nach besagtem Abend doch ziemlich entspannt verhalten. Mit »entspannt« meine ich, dass ich sie ein paar Mal angerufen, auf ihren Anrufbeantworter ­geheult (oder gesungen?), ihr wieder Hunderte von SMS ­geschickt und ihr Facebook-Postfach mit Nachrichten zu­gemüllt habe.
    Nur auf eine dieser Nachrichten gab es eine Antwort:
    Hey …
    Zwischen dir und Steffi Gehrasch
    Steffi Gehrasch
    01. Oktober um 18:12
    Hallo Moritz,
    es tut mir leid, zu erfahren, dass es dir so geht. Aber ich hatte gehofft, dass wir in Zukunft irgendwann Freunde sein können, und habe dich deswegen auch noch als ­Facebook-Kontakt. Dachte, das wäre für dich kein Problem.
    Steffi
    Da kam sie also, die große Klatsche.
    »Freunde« sollten wir in Zukunft sein.
    Voll schön.
    Natürlich habe ich auf diese Nachricht geantwortet. Es hat mich auch nur zwei Flaschen Wein
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