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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel
Autoren: Ken Grimwood
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Schuldgefühl, weil er am Tag zuvor einen Blick auf die zugedeckte Leinwand geworfen hatte. Ihr Talent hatte sich im letzten Jahr, seit sie wieder regelmäßig malte und an der Universität von New York Kurse in fortgeschrittener Komposition besuchte, weiterentwickelt; dennoch würde sie nie wieder das Niveau und den Schwung phantasievoller Brillanz erreichen, die sie in anderen, vergessenen Leben besessen hatte.
    Das Bild, das sie fast vollendet hatte, war eine Aktstudie und stellte sie beide dar, wie sie händchenhaltend und lachend durch einen sonnengesprenkelten Tunnel weißer, überrankter Spaliere liefen. Jeff war gerührt von der Schlichtheit und der naiven, freimütigen Freude, die sich darin ausdrückten; es war das Bild einer Künstlerin, die soeben zu lieben begonnen hatte, aber noch keine Gelegenheit gehabt hatte, die Grenzen dieser Liebe oder des Lebens an sich zu erproben.
    Die Zeit, die sie seit jener ersten Begegnung im Museum miteinander verbrachten, war notwendigerweise beschränkt; Ein- oder zweimal die Woche, ein Nachmittag in seinem Apartment, selten einmal eine ganze Nacht, wenn sie ihrem Mann gesagt hatte, sie wolle wegen eines Konzerts oder einer Theateraufführung in der Stadt übernachten … Und einmal, ein einziges Mal, waren sie für ein langes Wochenende nach Cape Cod gefahren. Ihrer Familie hatte sie erzählt, sie sei in Boston und besuche eine Frau, die sie vom College her kenne.
    Einmal hatten sie kurz über die Möglichkeit einer Scheidung gesprochen, aber Jeff wusste, dass sie zu einem solch drastischen Bruch noch nicht bereit war. Was sie miteinander teilen konnten, war weniger, als sie jemals wissen würde; eine scharfe Demarkationslinie trennte ihrer beider Kenntnis voneinander. Manchmal hatte es den Anschein, als spüre Pamela sie vage - in einem geistesabwesenden Gesichtsausdruck Jeffs, in einer plötzlich abbrechenden Unterhaltung.
    Er liebte sie, liebte sie aufrichtig als die, die sie heute war, nicht nur als Spiegelbild all jener anderen Pamelas aus anderen Existenzen … und dennoch verlieh die stete, in ihren unwissenden Augen verborgene Mahnung an all das, was sie einmal gewesen war, ihrem Beisammensein einen Beigeschmack von Melancholie.
    Sie war mit dem Ankleiden fertig und kämmte sich gerade ihr schönes glattes Haar. Wie oft hatte er ihr dabei zugesehen, in wie vielen Spiegeln? Öfter, als sie sich vorstellen oder er sich ins Gedächtnis zu rufen ertragen konnte.
    »Bis nächste Woche«, sagte Pamela und beugte sich vor, um ihn zu küssen, während sie die Handtasche vom Nachttisch nahm. »Ich werd mich bemühen, einen frühen Zug zu kriegen.«
    Er erwiderte ihren Kuss, hielt einen sehnsuchtsvollen Moment lang ihr strahlendes Gesicht in Händen und dachte an die Jahre, die Jahrzehnte, die Hoffnungen und Pläne ihrer vielen Leben, die sich erfüllt hatten oder gescheitert waren…
    Nächste Woche aber würden sie einen ganzen Tag füreinander haben, einen Tag voller Wärme, einen Vorfrühlingstag. Einen Tag, auf den er sich freuen konnte.
    Die erste Winterbrise wehte vom See heran, wirbelte die roten und gelben Blätter auf den Straßen von Cherry Hill auf. Der Springbrunnen in der Bahnhofshalle ließ sein kaltes Wasser plätschern, als Jeff und Pamela an ihm vorbei zur anmutig geschwungenen schmiedeeisernen Bow Bridge des Central Park gingen.
    Auf der anderen Seite der Brücke angelangt, schlenderten sie in nördlicher Richtung über die baumumstandenen Spazierwege, mit dem See zu ihrer Linken. Ringsumher zwitscherten aufgeregt Hunderte von Vögeln, bereiteten sich auf den weiten Flug nach Süden vor.
    »Wäre es nicht schön, wenn wir uns ihnen anschließen könnten?«, sagte Pamela und schmiegte sich im Gehen eng an ihn. »Zu einer Insel fliegen, oder nach Südamerika …«
    Er gab keine Antwort, drückte sie bloß fester, den Arm schützend um ihre Taille gelegt. Dabei war er sich mit bitterer Klarheit bewusst, dass er ihr keinen Schutz bieten konnte vor dem, was ihnen beiden bevorstand.
    Am Nordende des Sees blieben sie auf der Balcony Bridge stehen und betrachteten den tiefer gelegenen Wald und das die Wolkenkratzer von Manhattan spiegelnde Wasser.
    »Weißt du was?«, flüsterte Pamela, das Gesicht nah an seinem.
    »Was?«
    »Ich hab Steve gesagt, nächstes Wochenende würde ich meine alte Stubengenossin in Boston besuchen. Von Freitag bis Montag. Wir können tatsächlich irgendwohin fliegen, wenn du magst.«
    »Das ist… fabelhaft.« Es gab nichts, was er
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