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Replay - Das zweite Spiel

Titel: Replay - Das zweite Spiel
Autoren: Ken Grimwood
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wegfahren - in Richtung Leben -, und das lange rosafarbene Band flatterte ihr nach.
    Der Pendlerzug kam pünktlich zum Halten, bemerkte Jeff, der dreißig Meter weiter am Bahnsteig postiert war. Um diese Tageszeit war ›Pendlerzug‹ eigentlich nicht die zutreffende Bezeichnung; im 11-Uhr-Zug in die City würden kaum Geschäftsleute sitzen.
    Jeff schritt entschlossen den Bahnsteig entlang, als wäre er soeben mit einer anderen Linie angekommen. Als er am Zug aus New Rochelle vorbeikam, wurde er langsamer und sah, dass er Recht gehabt hatte: Unter den aussteigenden Fahrgästen waren mehrere Frauen, die für einen Einkaufsbummel gekleidet waren, und eine Menge Collegestudenten, doch fast niemand in Anzug und Krawatte und mit Aktentasche.
    Sie stieg als eine der Letzten aus. Er hätte sie beinahe verpasst, hatte sich bereits gefragt, ob man ihm die richtige Auskunft gegeben hatte. Sie war hübsch gekleidet, doch ohne die fanatische Aufmerksamkeit fürs Detail, die typisch war für die Frauen, die zu Bendel’s oder Bergdorfs unterwegs waren. Ihre Schuhe mit flachen Absätzen dienten ausschließlich der Bequemlichkeit, und ihr blassblaues Leinenkleid und der helle Pullover hatten etwas anziehend Praktisches an sich.
    Jeff passte sich, zwanzig oder dreißig Schritte hinter ihr gehend, ihrem Tempo an, während sie die Rampe hinauf- und in die große Haupthalle der Grand Central Station hineinging. Er hatte Angst, sie in der Menge zu verlieren, doch ihre Größe und das unverwechselbare blonde Haar machten es ihm leicht, sie im Auge zu behalten, während sie sich im Zickzack durch die Menschenmassen bewegten.
    Sie ging die breite Treppe hoch, die zum PanAm Building führte, und Jeff fiel ein wenig zurück, als er ihr durch die weniger überfüllte Lobby und hinaus auf die Fünfundvierzigste Straße Ost folgte. Sie überquerte die Park Avenue, ging am Roosevelt Hotel vorbei und über den Madison Square zur Fünften Straße, wo sie sich nach Norden wandte. Den Schaufenstern von Saks und Cartier schenkte sie nur kurz ihre Aufmerksamkeit; Jeff wurde ebenfalls langsamer und heuchelte Interesse an einer Pauschalreise der Korean Airlines und den farblich aufeinander abgestimmten Garnituren von Mark-Cross-Koffern.
    Auf der Dreiundfünfzigsten Straße wandte sie sich wieder nach Westen und betrat das Museum of Modern Art. Die Detektei, die Jeff vor sechs Wochen engagiert hatte, hatte Recht gehabt, jedenfalls was den heutigen Tag betraf; Jeden Dienstag, hatte man ihm mitgeteilt, fahre Pamela Phillips mit dem Zug nach Manhattan, um einen Nachmittag lang Galerien und Museen zu besichtigen.
    Er bezahlte seine Eintrittskarte, und als er durch das Drehkreuz ging, bemerkte er, dass seine Handflächen schweißnass waren. Für den Augenblick hatte er sie verloren.
    Jeff wusste nicht genau, warum er solche Anstrengungen unternahm, sie zu sehen, und sei es nur von ferne. Er war sich vollkommen bewusst, dass diese Frau nicht die Pamela war, die er gekannt und geliebt hatte, und dass sie es auch nie mehr sein würde. Nie mehr konnte er auf diesen plötzlichen Blick der Bewusstheit und des intimen Wiedererkennens hoffen, den er in jener Nacht in der College-Bar in ihrem Gesicht gesehen hatte, als sie begriff, wer sie war und was sie einander jahrzehntelang bedeutet hatten.
    Nein, diese Version von Pamela würde für immer unwissend bleiben … Trotzdem sehnte er sich danach, noch einmal in ihre Augen zu blicken, vielleicht sogar kurz ihre Stimme zu hören. Die Versuchung hatte sich schließlich als unbezähmbar erwiesen, und er empfand keine Scham darüber, dass er diesen Wunsch hegte, kein Schuldgefühl, ihr gefolgt zu sein.
    Als Erstes sah Jeff im Museumsshop hinter der Lobby nach, ob sie vielleicht nur hereingeschaut hat, um ein Buch oder ein Poster zu kaufen, doch Pamela war nicht unter den Museumsbesuchern, die im Laden herumstöberten. Er ging durch die Lobby zurück, betrat die glasumwandete Garden Hall und ging hinüber zu den Galerien im Erdgeschoss, dann kehrte er wieder um und fuhr mit dem Lift nach oben. Neben der üblichen Sammlung gab es im Moment gerade zwei größere Ausstellungen zu sehen: Eine Schau aus Anlass des hundertsten Geburtstags von Mies van der Rohe und eine Retrospektive des Bildhauers Richard Serra. Jeff schenkte den Exponaten nur äußerst flüchtige Beachtung - er wollte Pamela ausfindig machen.
    Im dritten Stock sah er etwas, das ihm, seiner wachsenden Ungeduld zum Trotz, ein Lächeln entlockte: Das Museum
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