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Reise in die Niemandswelt

Titel: Reise in die Niemandswelt
Autoren: Wim Vandemaan
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Versorgungsund Bunkeranlagen der Stadt: labyrinthische Kavernen; die Schläfer in Betten aus Horn oder aus Elfenbein; das dunkle Summen der Traumgeneratoren; die Oneiroi, die sanft und lautlos mit ihren schwarzen Flügeln schlugen.
    Mit wem war er damals unterwegs gewesen? Richtig, mit Caadil Kulee, der Tamrätin der Transgenetischen Allianz, seiner ehemaligen Reisebegleiterin nach Zomoot.
    Deren Besuche Mondra nicht besonders schätzte.
    Er hingegen schon; in gewisser Weise.
    »Sir?«, fragte sein Butler.
    »Weiter geradeaus«, sagte er matt. »Heim.« Also weder die Initiative ergreifen noch untertauchen, stellte er mit leichter Verwunderung über sich selbst fest. Der Sofortumschalter lässt sich Zeit.
    Er legte seinen Kopf in den Nacken. Die Lider fielen ihm zu. Bilder. Er sah sich neben dem toten Schattenmaahk knien. Sah und hörte, leicht gedämpft durch seinen Individualschirm, die Schlacht zwischen Maahks und Acronis sowie weiteren Flüchtlingen aus Diktyon. Blickte auf zu der hünenhaften Gestalt von Tschubai. Tschubai, der seinen Arm ausgestreckt hatte und ihm die Hand hinhielt. Und dann ...
    »Ich darf vermuten, dass wir den Hintereingang benutzen?«, fragte der Butler.
    Rhodan brauchte einen Moment, um sich zu orientieren. »Ja«, sagte er dann.
    Warum? Hatte er nicht das Recht, aufrecht und für alle sichtbar in seinen Bungalow zu gehen?
    Aber es war ja nicht sein Bungalow, es war das Zuhause eines anderen Rhodan. Merkwürdig genug, dass sich das Terrania jenes Rhodan anscheinend so sehr von seinem eigenen unterschied, während der Bungalow dem eigenen Punkt für Punkt glich.
    Sein Butler landete den Gleiter. Sie stiegen aus. Die Rasenfläche stieg in einem sanften Winkel an. Ein paar faustgroße Leuchtmedusen trieben dahin, das Gas in ihren diffus-durchsichtigen Leibern entflammt. Einige sanken zum Gras und ästen, andere trieben in Kopfhöhe vorüber, satt und träge.
    Wirklich Punkt für Punkt?
    Rhodan hielt an. Er bückte sich und pflückte eine ockerfarbene Glockenblume. Ihr leiser, klagender Ton erschreckte ihn. Er streckte den Arm aus und bot die Glockenblume den Medusen an. Eine von ihnen glitt schwankend heran, wie im Zweifel, ob sie sich ihm denn nähern sollte oder nicht. Dann war sie bei ihm und saugte die Glockenblume in ihren Schlund.
    »Sir?«, drängte sein Butler. »Vielleicht wäre es besser, wir gingen hinein.«
    Das Licht der Meduse schimmerte warm und liebenswürdig. Gleichzeitig fröstelte ihn. Ich tue das zum ersten Mal, erkannte er. Es fühlt sich an wie eine alte Gewohnheit, aber ich bin mir sicher: Ich tue das zum ersten Mal. »Ja«, gab er dem Butler recht.
    »Lass uns hineingehen.
    Sie hielten auf den Bungalow zu, von dem er bis eben gedacht hatte, es wäre der seine, Punkt für Punkt.
    Es war ohne jeden Zweifel das Gebäude, das er vor nicht einmal zwei Stunden verlassen hatte.
    Aber es war ihm nicht mehr geheuer.
    *
    Ich muss alles lernen. Alles ist neu, mahnte er sich. Auch der siganesische Portier in der Flasche war kein alter Vertrauter. Er sah ihn erst zum zweiten Mal. Also Vorsicht!
    Ein winziges Licht flackerte auf. Rhodan neigte seinen Kopf nah an die Flasche. Der Pförtner kam, einen Kerzenhalter mit brennender Kerze in der Hand, an die Glaswand geschlurft. Er trug eine Schlafmütze auf dem Kopf.
    »Diesmal sind Sie rascher zurück, Großadministrator«, sagte der Siganese.
    Es klang schlaftrunken, aber die Schlaftrunkenheit klang gemacht. Rhodan wurde hellhörig und spürte, wie sich alles in ihm anspannte.
    »So?«, fragt er.
    »Verzeihen Sie meine Keckheit«, bat der Siganese und gähnte verhalten. »Ich hatte einen merkwürdigen Traum. Wollen Sie ihn hören?«
    »Sollte ich das wollen?«
    »Mir träumte, im Trivid hätte man soeben von Ihrer Landung mit der wunderbaren SOL II berichtet. Oh, ich liebe die Schattenschiffe, und von allen Schattenschiffen liebe ich die SOL II am meisten.«
    Er machte eine Pause, um erneut zu gähnen.
    »Wie schön«, sagte Rhodan. Er meinte zu spüren, wie der Siganese ihn mit seinen Parakräften sondierte, wie er versuchte, tiefer in die Struktur seiner Mentalstabilisierung einzudringen.
    »Dann wieder«, fuhr der Siganese fort, »ist mir, als wären Sie bereits vor Ihrer Landung hier gewesen.«
    »So?«
    »Ja. So. Ein wunderlicher Traum. Und das Wunderlichste ist: Nach den Aufzeichnungen meines positronischen Protokolls sind Sie tatsächlich bereits vor etwa zwei Stunden hier gewesen. Da fragt man sich: Hatte die Positronik
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