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Reise in die Niemandswelt

Titel: Reise in die Niemandswelt
Autoren: Wim Vandemaan
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trat einen Schritt auf sie zu, überlegte kurz, dann küsste er sie auf den Mund, bog seinen Kopf leicht zurück, leckte sich die Lippen und lächelte. »Du schmeckst noch immer nach Meerwasser und Zimt.«
    Sie sahen einander an. Wie lange war es her, dass sie sich nicht gesehen hatten? Damals, auf der Fidschi-Insel Mana. Ihr Segelboot. Ihre Fahrten zum Atoll.
    Kurz nach dem Ausbruch der PADSeuche, den er und die anderen Besatzungsmitglieder der MARCO POLO aus dem negativen Parallel-Universum eingeschleppt hatten.
    Er dachte kurz darüber nach, ob das Universum, in dem er sich nun aufhielt, leicht in die Vergangenheit versetzt war. War die Zeit, in der er in das Anti-Universum verschlagen worden war, diese Epoche kurz vor der Machtübernahme durch das Hetos der Sieben, vielleicht besonders anfällig für transuniverselle Passagen?
    Aber die Gegenwart Maroanas wie die Szenerie, die ihm vor Augen lag, ließ solche Gedanken verblassen.
    Maroana trat einen Schritt zur Seite, hielt seine Hand. Das war gut, denn ein wenig schwindelte ihn. Das Innere der Irene-Lieplich-Station hatte auf den ersten Blick nichts Technisches an sich. Er sah keine Maschinen, keine Labore oder Fertigungsanlagen, sondern eine grüne Landschaft, Felder, Bäume, sanft terrassiert. Die Wiesen von roten Rosen gesprenkelt. Es roch nach Frühling. Er sah etliche Menschen, Terraner möglicherweise. Sie spazierten, saßen auf Picknickdecken, aßen und tranken, würfelten und lachten; einige ritten auf Pferden. Von fern tönte eine Gitarre oder Laute.
    Er überschlug die Anzahl der Landschaftsstufen. Es waren neun. Tief unten lag ein ovaler Weiher, das Ufer von blühenden Büschen gesäumt. Er hörte Tierstimmen. Bunte Vögel flogen über das Land. Unter der kristallinen Kuppel, die sich über dem gewaltigen Innenraum der Station wölbte, kreiste ein Segelflugzeug. Es schien zum Greifen nah.
    »Wie schön«, entfuhr es ihm. »Wie schön du es hier hast. Man könnte meinen, du hast die Elysischen Gefilde entdeckt.«
    Sie lachte, widersprach aber nicht. Sie ließ seine Hand los, nahm ihn stattdessen beim Ellenbogen. »Komm.«
    »Wohin?«
    »Ist das nicht egal?« Sie klang verwundert.
    »Vielleicht nicht.« Er löste seine Hand behutsam aus ihrer. »Ich werde verfolgt.«
    »Die üblichen Paparazzi?« Sie machte einen Kussmund.
    »Es ist kein Spaß«, sagte er. Und das war es wirklich nicht. Er schloss für einen Moment die Augen, hörte das Klopfen in seinem Kopf, die näher stampfenden schweren Schritte. »Leider.«
    Sie seufzte. »Wer ist dein Begleiter?«
    »Mein Butler.«
    »Hätte Mylady und hätten Sie, Sir, etwas dagegen, wenn ich mir etwas außerhalb der Station die Beine vertrete, oder ist meine Anwesenheit für Sie im Augenblick unverzichtbar?«
    Rhodan schüttelte den Kopf. »Ich denke, ich komme eine Weile ohne dich aus, danke.«
    *
    Eine Seilbahn trug sie die Terrassen hinab bis an die Ufer des Weihers, der kein Weiher war, sondern ein richtiger See. Rhodan hatte sich verschätzt. Maroana hatte ihn wieder bei der Hand genommen und ihn ans Ufer geführt. Sie setzten sich. Das Gras war warm. Sie saßen im Schatten eines Baumes mit silbrigen Blättern, der nach Weihrauch duftete.
    Maroana streifte ihre Schuhe ab und planschte mit den nackten Füßen im Wasser. »Wollen wir schwimmen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich sagte doch, ich bin auf der Flucht.«
    »Vor wem denn nun? Vor dir selbst?«
    Er lachte. »Unsinn. Maroana ... «
    »Ja?«
    Er blickte auf den See. Spiegelglatt. Keine Welle. Eine Oberfläche wie poliertes Metall. War es poliertes Metall? Er schaute auf ihre Füße, die langsam und leise durch das Wasser fuhren.
    Aber keine Wellen warfen.
    Sie fragte: »Dieser Butler wo hast du ihn her?«
    »Wie meinst du das? Er ist immer schon mein Butler gewesen«, behauptete er. Stimmte das?
    »Ist es ihm nicht manchmal lästig?«, fragte sie.
    »Was? Mich zu bedienen? Glaubst du, ich bin so unerträglich? So unausstehlich? Hast du mich so in Erinnerung?«
    »Erinnerungen.« Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, ich meine: Ist es ihm nicht lästig, für einen Menschen ... einen Terraner zu arbeiten?«
    »Weswegen?«
    »Weswegen?« Sie sah ihn an und küsste ihn auf die Wange. »Na, zum Beispiel wegen des Anzugs, den er tragen muss.«
    »Alle Butler tragen einen Anzug.«
    »Aber keinen Raumanzug«, sagte sie mit mildem Spott. »Und den muss er ja wohl tragen.«
    »Warum?«
    Sie schüttelte tadelnd den Kopf. »Na, zum Beispiel, weil er keinen
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