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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht
Autoren: Antal Szerb
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dir sagen. Wenn du schon hier bist, könntest du mir suchen helfen.«
    »Ja. Danke. Aber ich weiß nicht, ob ich dir helfen werde. Ich wüßte auch nicht, wie. Und dann bin ich auf der Hochzeitsreise,
     ich kann nicht sämtliche Klöster Umbriens und der Toskana abklappern. Und ich weiß auch nicht, ob Ervin Lust hat, mich zu
     treffen. Wenn er mich sehen wollte, hätte er mir schon längst schreiben können, wo er lebt. Und jetzt geh weg, János Szepetneki.
     Ich hoffe, daß du dich wieder ein paar Jahre lang nicht blicken läßt.«
    »Ich geh ja schon. Deine Frau ist eine höchst unsympathische Person.«
    »Ich habe dich nicht um deine Meinung gebeten.«
    János Szepetneki saß auf sein Motorrad auf.
    »Bezahl meine Limonade«, rief er und verschwand in der Nacht.
    Das Ehepaar blieb zurück und schwieg lange. Erzsi ärgerte sich, fand die Situation aber auch komisch. Wenn sich Klassenkameraden
     treffen   … Offenbar wurde Mihály von diesen Angelegenheiten aus der Schulzeit tief berührt. Man müßte ihn einmal fragen, |18| wer diese Jugendfreunde waren   … obwohl das Ganze überhaupt nicht verlockend klang. Mit Jungen und Halbfertigen konnte Erzsi nicht viel anfangen.
    Aber eigentlich ärgerte sie sich über etwas ganz anderes. Nämlich und natürlich darüber, daß sie János Szepetneki so gar nicht
     gefallen hatte. Nicht, daß es irgendeine Rolle spielte, was so ein   … so eine dubiose Existenz von ihr dachte. Aber trotzdem, für eine Frau gibt es auf der Welt nichts Fataleres als die Meinung
     der Freunde ihres Mannes. Die Männer sind ungeheuer beeinflußbar, wenn es um Frauen geht. Gut, dieser Szepetneki war nicht
     Mihálys Freund. Jedenfalls kein Freund im konventionellen Sinn des Wortes,aber offenbar war da doch eine starke Bindung. Und
     überhaupt, in diesen Dingen konnte auch der gräßlichste Typ einen anderen Mann beeinflussen.
    Verdammt nochmal, was an mir hat ihm nicht gefallen?
    Daran war Erzsi wirklich nicht gewöhnt. Sie war eine reiche, hübsche, gutgekleidete Frau, und die Männer fanden sie attraktiv
     oder zumindest sympathisch. Daß alle Männer anerkennend von ihr sprachen, spielte eine große Rolle in Mihálys Beziehung zu
     ihr, das wußte sie. Manchmal dachte sie sogar, Mihály sehe sie gar nicht mit seinen eigenen Augen, sondern mit den Augen der
     anderen. Als ob er zu sich selbst sagte:Wie sehr würde ich diese Erzsi lieben, wenn ich so wäre wie die anderen Männer. Und
     jetzt kam so ein Strizzi daher, und dem gefiel sie nicht. Sie konnte nicht anders, sie mußte es erwähnen.
    »Sag mir bitte, warum ich deinem Freund, dem Taschendieb, nicht gefallen habe.« Mihály lächelte.
    »Ach komm. Nicht du hast ihm nicht gefallen. Es hat ihm nicht gefallen, daß du meine Frau bist.«
    »Warum?«
    »Weil er denkt, ich hätte um deinetwillen meine Jugend, unsere gemeinsame Jugend, verraten. Ich hätte die vergessen, die   … Ich hätte jetzt mein Leben auf andere Beziehungen aufgebaut. Obwohl   … Wahrscheinlich wirst du jetzt sagen, ich hätte schöne Freunde.Darauf könnte ich antworten, daß Szepetneki nicht mein |19| Freund ist, aber das wäre natürlich nur eine Ausflucht. Doch, wie soll ich sagen, es gibt auch solche Menschen   … Der Uhrendiebstahl war nur eine kindliche Vorübung. Szepetneki ist seither ein erfolgreicher Hochstapler geworden, er hatte
     auch schon sehr viel Geld, und er hat mir verschiedene Summen aufgedrängt, die ich ihm nicht zurückzahlen konnte, weil ich
     nicht wußte, wo er sich herumtrieb. Er war auch schon im Gefängnis, und aus Baja hat er mir einmal geschrieben, ich solle
     ihm fünf Pengő schicken. Von Zeit zu Zeit kreuzt er auf und sagt jedesmal unangenehme Dinge. Aber wie gesagt, es gibt auch
     solche Menschen. Falls du das nicht wüßtest, hast du jetzt einen gesehen. Sag mal, ließe sich nicht eine Flasche Wein bekommen,
     die wir im Zimmer trinken könnten? Mir ist das öffentliche Leben, das wir hier auf der Piazza führen, schon verleidet.«
    »Das kannst du auch im Hotel bekommen, da ist ja ein Restaurant.«
    »Und es gibt dann keinen Skandal, wenn wir die Flasche ins Zimmer mitnehmen? Darf man das?«
    »Mihály, mit deiner Angst vor Kellnern und Hoteliers bringst du mich noch ins Grab.«
    »Ich habe dir das doch schon erklärt. Ich habe gesagt, daß sie die erwachsensten Menschen der Welt sind und daß ich besonders
     im Ausland nichts Regelwidriges tun will.«
    »Na schön. Aber wieso mußt du schon wieder trinken?«
    »Ich muß
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