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Reise im Mondlicht

Titel: Reise im Mondlicht
Autoren: Antal Szerb
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Eleganten Ungarns, zu denen auch (der gleichaltrige) Sándor Márai gehört und natürlich der
     Eleganteste von allen: Dezső Kosztolányi.
    Vergleichen wir: Als hörte man Bruce Chatwin siebzig Jahre früher. Die Kapitel enden so genau wie die Akte bei Ferenc Molnár.
     Oder wie die Abschlüsse bei Milan Kundera. Wie Umberto Eco hält er kleine Kurse in Glaubens-, Literatur- und Kunstgeschichte,
     so leichthin, so nebenbei.
    Nur in englischen Romanen liest man so lakonische, funkensprühend großspurige und liebenswürdige Sätze wie: »…   fuhr sie nach Paris, so wie man es zu tun pflegt, wenn man hoffnungslos ist und ein neues Leben beginnen will.« Oder solche
     wunderbaren Sätze: »Ich mag Menschen nicht, die nicht so sind wie andere Menschen. Schon die anderen Menschen sind widerlich
     genug. Und erst noch die, die nicht so sind.«
    Das ist die Art Roman, in dem jeder seinen Lieblingssatz hat.
     
    Der imaginäre oder eher der sich im Unendlichen verlierende Mittelpunkt des Romans ist der große Jugendfreund (die Jugendliebe)
     Tamás Ulpius. Er und Éva tauchen auf wie (noch ein Wie) aus Jean Cocteaus
Kinder der Nacht
. Um Tamás dreht sich alles. Er ist das Ziel unserer Sehnsucht, er, den es nicht gibt, aber gegeben hat. Er ist der Gegenstand
     der Nostalgie.
    Bei niemandem außer bei Antal Szerb habe ich je diese eindeutige, doch zugleich harte Nostalgie gesehen, die also nicht sentimental
     ist, nicht kitschig verlogen, die nicht nur das Schöne und Gute wie Rosinen aus der Erinnerung herauspicken will, sondern
     die sich an das Ganze erinnert, an das ganze Ulpius-Haus mit allem Drum und Dran. Eine solche Nostalgie ist eine leidenschaftliche |259| , schmerzliche Erinnerung an eine Ganzheit, die nie mehr zu erreichen ist.
    Mihály entdeckt in sich selbst die Menschheit. Oder entdeckt hier der zivilisierte Mensch die noch nicht zivilisierten Vorfahren?
     Bei denen noch kein Glaube die Todessehnsucht zu einem Jenseitswunsch gemildert hat. Bei denen Eros und Thanatos noch Hand
     in Hand gingen   …?
    Mihály schwankt zwischen erwachsener Skepsis und jungenhafter Weltsehnsucht, während ihn fortwährend die Banalität bedroht.
     So ist der Mensch des 20.   Jahrhunderts. Der Roman ist so etwas wie eine Variation der
Unerträglichen Leichtigkeit des Seins
. »Er litt unsäglich darunter, daß er nicht litt«, steht in einer Szerb-Novelle.
     
    Es wird viel geliebt hier, die einen sind in die Menschheit verliebt, die anderen in sich selbst, oder ins Sein, oder in die
     Wissenschaft. Und natürlich ins Leben. In die Liebe, in den Tod, in den Geist, in den Wahn, in die Vergangenheit, in die Zivilisation.
     Ein großer Liebesroman.
    Antal Szerb führt uns in eine andere, eine alte Welt – nicht mit seinem Thema oder mit der Handlung, sondern mit seiner Sprache,
     seiner Denkweise, seinen Ansichten, mit seinem rationalen Mystikertum, in eine Welt, in der sich die Männer von Zeit zu Zeit
     einen neuen Hut kaufen und in der es nicht blöd klingt und nicht parodistisch gemeint ist, wenn man von einem Buch sagt, es
     belehre, erziehe, amüsiere.
    Und wenn man mit diesem leichten, luftigen Buch fertig ist, wenn wir mit unserer angenehmen Lektüre zu Ende sind, schneiden
     wir uns unerwartet an einer kleinen, scharfen Frage:Was fangen wir jetzt mit unserer Unruhe an, mit der leidenschaftlichen
     Unruhe, die sich einmal Liebe nennt, einmal Unbehagen? Wir haben noch den letzten Satz des Romans im Ohr: »Und solange man
     lebt, weiß man nicht, was noch geschehen kann.«

Informationen zum Buch
    Mit feiner Ironie erzählt Antal Szerb in diesem wahrhaft europäischen Roman die Geschichte einer jungen Ehe. Er beleuchtet
     den Weg des frischvermählten Paars Erzsi und Mihály wie der helle Mond eine venezianische Gasse. Bereits auf der Hochzeitsreise
     in Italien wird Mihály durch die unerwartete Begegnung mit einem alten Freund von melancholischen Erinnerungen an seine
     rebellische Jugend überwältigt,und erste Phantasien über das Ende ihrer Beziehung beschleichen ihn.Als er seine Frau auf der
     Weiterreise an einem kleinen Bahnhof aus Versehen »verliert«, begreift Mihály dies als ein Zeichen, und eine ganz andere
     Reise beginnt, eine Schattenreise zum Selbst.
    Erschöpfungszustände, Schwindel, Angst und Bewußtlosigkeit führen ihn zunächst über Perugia in ein umbrisches Kloster und
     schließlich nach Rom, wo er, einsam und mittellos, erkennt, daß er sich auf dem Weg zur inneren Freiheit zunächst von
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