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Rettungskreuzer Ikarus Band 006 - Konvoi

Rettungskreuzer Ikarus Band 006 - Konvoi

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 006 - Konvoi
Autoren: Martin Kay
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1.
     
    »Sie haben ein Problem!«
    Erschrocken zuckte Templeton Ash unter den Worten seiner Vorgesetzten zusammen.
Er duckte sich instinktiv, als hätte sie ihm einen Schlag versetzt. Verständnislos
starrte er sie eine Zeitlang einfach nur an. In den letzten beiden Monaten,
quasi seit dem Tag, an dem er an Bord der Liebenfels gekommen war, hatte
er sich für die stellvertretende Kommandantin interessiert. Dabei sah sie
selbst in seinen Augen nicht einmal überdurchschnittlich hübsch aus,
attraktiv ja, aber unter vielen anderen weiblichen Geschöpfen wäre
sie vielleicht nur ein Gesicht in der Menge gewesen. Dennoch hatte sie für
Ash das gewisse Etwas. Mochte es an ihren klaren, blauen Augen liegen, die so
gar nicht zu dem kurzen, leicht welligen Haarschnitt passen wollten? Möglicherweise
war es auch die Art, wie sich zwei kleine Grübchen in ihre Mundwinkel bohrten
wenn sie lächelte – was zugegebenermaßen selten geschah.
    »Ist Ihnen die Spucke ausgegangen?«, fauchte Lieutenant-Commander
Chelsea Huntington mit funkelndem Blick. Obwohl sie an Ort und Stelle stehen
blieb und ihre Worte nicht einmal durch eine Geste unterstrich, reichte der
Ton ihrer Stimme aus, Templeton Ash einen Schritt zurücktreten zu lassen.
Schmerzhaft erinnerte er sich an den Grund ihres verbalen Ausbruchs. Nie war
er ihr auch nur nahe getreten, hatte sich immer zu ihr auf Distanz gehalten
und ihre Befehle befolgt. Er war eher ein heimlicher Bewunderer dieser Frau,
beobachtete aus der Ferne und baute sie in seine Fantasien ein, statt sich ihr
zu offenbaren. Aber bis eben zu diesem Zeitpunkt hatte es nie Reibereien gegeben.
Doch sein letzter Kommentar schien all dies beiseite gefegt zu haben.
    »Verzeihen Sie, Ma'am«, stammelte er und senkte den Blick, um nicht
länger von den stahlblauen Augen durchbohrt zu werden.
    »Was ist los mit Ihnen?«, herrschte sie ihn an. »Sie sind nun
– helfen Sie mir auf die Sprünge – wie lange an Bord?«
    »Zwei ... zwei Monate ...«
    »Zwei Monate«, wiederholte Huntington und fuhr sich dabei durch das
Haar, ehe sie wieder beide Arme provozierend vor der Brust verschränkte.
»Sie sind ein guter Offizier, soweit ich das in den letzten zwei Monaten
beurteilen konnte, und Sie sind ein verdammt guter Pilot, aber es gibt eine
gewisse Befehlsreihenfolge, die Sie als Offizier des Freien Raumcorps verinnerlicht
haben sollten. Und an dieser Befehlsreihenfolge gibt es nicht die geringsten
Zweifel anzumelden, haben wir uns klar verstanden?«
    »Glasklar, Ma'am«, schluckte Templeton und wünschte sich in diesem
Moment Lichtjahre entfernt.
    »Dann werden Sie sich dem Entschluss beugen?«, fragte sie lauernd.
    Templeton Ash straffte sich und atmete tief durch. »Wenn es der Captain
befiehlt, ja. Aber ich werde eine Notiz in meinem persönlichen Logbuch
verzeichnen und offiziell Antrag auf Aufhebung der Abkommandierung einreichen.«
    Wenn Blicke töten könnten , dachte Ash, als er das drohende
Lodern in Commander Huntingtons Augen gewahrte. Er machte einen weiteren leichten
Schritt rückwärts und stieß mit dem Absatz seiner Stiefel an
die Korridorwand.
    »Verschwinden Sie, Lieutenant Ash!«, schnappte Huntington.
    Templeton schluckte und wandte sich nach links, doch Huntingtons Worte pfiffen
ihn wieder zurück, noch ehe er die Drehung vollendet hatte.
    »Gehen Sie auf Ihr Quartier!«
    »Aber ich habe noch Brückendienst«, wandte Ash ein.
    »Sie sind entlassen, Lieutenant«, knurrte die Offizierin. »Ich
will Sie heute nicht mehr auf der Brücke sehen!«
    »Aye, Ma'am!«, murmelte Templeton Ash, wandte sich in die andere Richtung
und marschierte los, ohne sich noch einmal umzusehen. Erst an der nächsten
Gangbiegung blieb er stehen, lehnte sich mit dem Rücken an die Wand und
stieß hörbar seinen angehaltenen Atem aus.
    Verdammt! dachte er und ballte die Hände zu Fäusten. Alles
war außer Kontrolle geraten, und eigentlich hatte er das nur seiner Sturheit
zu verdanken. Warum hatte er nicht einfach seine Befehle befolgt? Sonst widersprach
er doch nicht seinen Vorgesetzten.
    »Ganz einfach«, sagte er halblaut vor sich hin. »Weil es dich
diesmal persönlich betrifft!«
    Ash stieß sich von der Wand ab und durchmaß den Korridor bis zu
seinem Ende mit schnellen Schritten. Der Lift brachte ihn zwei Decks tiefer
zu den Unterkünften der Offiziere. Er suchte sein Quartier auf und verriegelte
die Tür von innen.
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