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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
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keinen Haß gegeneinander, trotzdem sie Rivalen waren. Es handelte sich hierbei ja nur darum, einer Situation ein Ende zu machen, bei der Einer von Zweien allemal zu viel ist. Hector Servadac hielt Graf Timascheff gewiß für einen Ehrenmann und der Graf seinerseits konnte für den Officier nur die höchste Achtung haben.
    Um acht Uhr Abends kehrte Kapitän Servadac zurück in das einzige Zimmer des Gourbi, das neben seinem Feldbette einen kleinen Arbeitstisch auf Stellhölzern und einige Koffer enthielt, die den Dienst von Schränken verrichteten. Die nöthigen Küchenarbeiten besorgte die Ordonnanz nicht in dem Gourbi, sondern in dem benachbarten Wachthause, und dort schlief der brave Bursche auch, wie er sagte, den »Schlaf des Gerechten!« Das hinderte ihn aber nicht, volle zwölf Stunden zu schlafen, und auch darüber hinaus wäre er noch eine Wette mit einem Murmelthiere eingegangen.
    Kapitän Servadac, der gar nicht solche Eile hatte, zu schlummern, setzte sich an den mit seinen Instrumenten bedeckten Tisch. Mechanisch ergriff er mit der einen Hand den rothen und blauen Stift und mit der anderen den Reductionszirkel. Dann begann er auf dem Pauspapier vor sich verschieden gefärbte ungleiche Linien zu ziehen, welche einer strengen topographischen Aufnahme nicht im Geringsten ähnlich sahen.
    Unterdessen wartete Ben-Zouf, der noch keinen Befehl erhalten hatte, sich schlafen zu legen, in einer Ecke, und versuchte zu schlafen, was ihm nur die sonderbare Aufgeregtheit seines Kapitäns sehr erschwerte.
    In der That hatte nicht der Stabsofficier, sondern der gascognesche Poet an dem Arbeitstische Platz genommen. Ja! Hector Servadac quälte sich auf die beste Art und Weise. Er bearbeitete mit aller Kraft dieses Rondeau, das sich so ungeheuer bitten ließ. Focht er wohl mit dem Zirkel, um seinen Versen eine genaue mathematische Form zu sichern? Verwandte er einen mehrfarbigen Stift, um den rebellischen Reimen mehr Abwechslung zu geben? Fast hätte man das glauben können. Doch, wie dem auch sei, es war eine sauere Arbeit.
    »Ei, zum Kuckuck! rief er, was mußte ich auch diese Form eines Quatrain wählen, die mich zwingt, die Reime, wie die Flüchtlinge in einer Schlacht, immer wieder vorzuführen? Aber bei allen Teufeln, ich werde kämpfen! Man soll nicht sagen, daß ein französischer Officier vor einigen Reimen Reißaus genommen hätte. Ein einzelner Vers, der gleicht etwa einem Bataillon! Die erste Compagnie hat schon Feuer gegeben! – Er wollte sagen, das erste Quatrain. – Nun, vorwärts die anderen!«
    Die bis auf’s Messer verfolgten Reime schienen endlich zu gehorchen, denn bald entstand eine rothe und eine blaue Linie auf dem Papier:
     
    Was nützt das schöne Reden all’,
    Das sich Vertrauen stiehlt! …
     
    »Was Teufel quält sich nur mein Kapitän? fragte sich Ben-Zouf, der sich hin und her drehte. Da ficht er nun schon eine Stunde herum, wie ein Gelbschnabel, der vom halbjährigen Urlaub zurückkehrt.«
    Hector Servadac durchmaß den Gourbi, eine willenlose Beute seiner dichterischen Begeisterung:
     
    Wenn bei der leeren Worte Schwall
    Das Herz nichts fühlt?
     
    »Es steht fest, er macht Verse, sagte sich Ben-Zouf, indem er sich in seine Ecke zurückzog. Ja, das ist ein geräuschvolles Geschäft, da ist nicht an Schlafen zu denken.«
    Er ließ ein dumpfes Knurren hören.
    »He, Ben-Zouf, was hast Du denn? fragte Hector Servadac.
    – Nichts, mein Kapitän, mich drückt nur der Alp!
    – Der Teufel soll Dich holen!
    – Wäre mir schon recht, und zwar gleich auf der Stelle, murmelte Ben-Zouf, vorzüglich wenn der Gottseibeiuns keine Verse macht!
    – Dieser Esel hat mich im schönsten Fluß unterbrochen! wetterte der Kapitän. Ben-Zouf!
    – Hier, Herr Kapitän! versetzte die Ordonnanz, und erhob sich, die eine Hand an der Mütze, die andere an der Hosennaht!
    – Muckse nicht, Ben-Zouf! Muckse nicht, ich bin eben bei der glücklichen Vollendung meines Rondeau!«
    Und mit begeisterter Stimme und den Gesticulationen eines großen Poeten fügte Hector Servadac hinzu:
     
    O, glaub’ mir, meine Lieb’ ist echt,
    Ich ruf Dir’s ehrlich zu,
    Daß ich Dich liebe heiß und recht,
    Und für …..
     
    Das letzte Wort war noch nicht gesprochen, als Kapitän Servadac und Ben-Zouf mit unerhörter Gewalt zu Boden geworfen wurden.
Viertes Capitel.
Welches dem Leser Gelegenheit giebt, die Ausrufungs-und Fragezeichen beliebig zu vermehren.
    Wie kam es, daß der Horizont sich eben jetzt so auffallend und
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