Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
plötzlich verändert hatte, daß auch das geübte Auge eines Seemanns die Kreislinie nicht hätte erkennen können, in der sonst Himmel und Wasser verschmolzen? Warum thürmte das Meer jetzt seine Wogen auf eine Höhe empor, welche die Gelehrten bis dahin nie für möglich gehalten hätten?
    Auf welche Weise entstand bei dem Krachen des zerreißenden Bodens ein solcher Höllenlärm mit den verschiedensten Geräuschen, mit dem Knirschen der gewaltsamen Verschiebung der Rippen der Erdkugel, mit dem Rauschen des bis auf ungeahnte Tiefen aufgewühlten Wassers, mit dem Pfeifen der Luftmassen, die in eine Cyklone hineingerissen schienen?
    Woher dieser außergewöhnliche Glanz am Himmel, der die Strahlung eines Nordlichtes beiweitem übertraf, ein Glanz, der das ganze Firmament einnahm und vorübergehend die Sterne jeder Größe verlöschte?
    Wie kam es, daß das für einen Augenblick scheinbar entleerte Mittelmeer sich ebenso plötzlich wieder mit entsetzlich wild empörten Wogen füllte?
    Warum schien die Scheibe des Mondes sich unverhältnißmäßig zu vergrößern, als habe das Gestirn der Nacht sich der Erde in wenig Secunden von 48.000 Meilen auf 5000 Meilen genähert?
    Woher erschien das neue, ungeheure, flammende Sphäroïd am Firmamente, das sich bald hinter der dichten Wolkenschicht verlor?
    Welch’ außerordentliche Erscheinung lag überhaupt dieser Umwälzung zu Grunde, welche die Tiefen der Erde, des Meeres, den Himmel und den ganzen Weltraum erschütterte?
    Wer hätte es sagen können?
    War auf der Erdkugel denn noch ein Bewohner übrig, um auf diese Fragen zu antworten?
Fünftes Capitel.
In welchem von der Abänderung einiger physikalischer Gesetzte die Rede ist, ohne daß man den Grund dafür anzugeben weiß.
    Alles in Allem schien mit dem algierischen Küstenstriche, der im Westen durch das rechte Ufer des Cheliff und im Norden durch das Mittelmeer begrenzt ist, keine Veränderung vor sich gegangen zu sein. Trotz des fürchterlichen Stoßes zeigte sich weder an dieser fruchtbaren, nur hier und da etwas wellenförmigen Ebene, noch an der unregelmäßigen Uferlinie etwas besonders Auffälliges in der äußeren Erscheinung. Auch das steinerne Wachthaus hatte bei seiner festen Verbindung der einzelnen Mauertheile hinreichend Widerstand geleistet, der Gourbi freilich lag platt auf dem Boden wie ein Kartenhaus, das ein Kind umblies, und seine beiden Bewohner waren unter den mit dem Strohdach bedeckten Trümmern vergraben.
    Erst zwei Stunden nach der Katastrophe kam Kapitän Servadac wieder zu sich. Er hatte natürlich einige Mühe, seine Gedanken zu sammeln, die ersten Worte aber, welche über seine Lippen kamen – wen könnte das Wunder nehmen – waren die letzten Silben des berühmten Rondeau, bei denen er auf eine so ungewöhnliche Weise gestört worden war:
     

    »Es steht fest, er macht Verse!« sagte sich Ben-Zouf. (S. 21.)
     
    …. heiß und recht,
    Und für …..
     
    Erst nach diesen fragte er sich: »Was zum Teufel ist denn geschehen?«
    Die Antwort auf diese an sich selbst gerichtete Frage fiel ihm freilich schwer. Er bohrte mit den Armen nach oben; es gelang ihm, die Strohdecke zu durchbrechen und den Kopf durch das zusammengestürzte Dach zu drängen.
     

    »Hier!« antwortete Ben-Zouf. (S. 26.)
     
    Kapitän Servadac sah sich verwundert um.
    »Der Gourbi umgeworfen! sagte er. Da wird eine Trombe über die Küste gestürmt sein!«
    Er schwieg. Er fühlte keine Verrenkung, überhaupt keine Wunde.
    »Mordio, und mein Bursche?«
    Er arbeitete sich in die Höhe und rief:
    »Ben-Zouf!«
    Bei der Stimme des Kapitän wühlte sich ein zweiter Kopf durch das Strohdach.
    »Hier!« antwortete Ben-Zouf.
    Es schien, als habe die Ordonnanz nur auf den Appell gewartet, um auf Soldatenart anzutreten.
    »Hast Du eine Idee davon, was vorgefallen ist, Ben-Zouf? fragte Hector Servadac.
    – Mir sieht es aus, mein Kapitän, als wären wir nahe an der letzten Parade gewesen.
    – Ei was, eine Trombe war es, Ben-Zouf, eine einfache Trombe.
    – Nun, meinetwegen eine Trombe! erwiderte philosophisch die Ordonnanz. Nichts Wichtiges gebrochen, Herr Kapitän?
    – Nichts, Ben-Zouf.«
    Bald waren Beide auf den Füßen; sie räumten den Trümmerhaufen des Gourbi zusammen und fanden die Instrumente, Werkzeuge, Waffen und alles Uebrige so ziemlich intact wieder. Jetzt fragte der Stabsofficier:
    »Um wie viel Uhr mag es wohl sein?
    – Mindestens um acht Uhr, erwiderte Ben-Zouf, indem er die Sonne betrachtete, welche schon
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher