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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
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Servadac’s durch einen fatalen Stoß unterbrachen wird.
    Ein Gourbi ist nichts Anderes als eine aus Rüststangen erbaute und mit Stroh, das die Eingeborenen »Driß« nennen, gedeckte Hütte. Etwas mehr als ein arabisches Zelt, bleibt eine solche Wohnung doch weit hinter einem Haus aus Bruch-oder Backsteinen zurück.
    Der von Kapitän Servadac bewohnte Gourbi bestand Alles in Allem aus einem einzigen Zimmer, das seinen Gästen kaum den nothdürftigsten Raum gewährt hätte, wenn er nicht mit einem verlassenen, aus Steinen errichteten Wachthause zusammengehangen hätte, das Ben-Zouf und die beiden Pferde beherbergte. Früher diente dieses Wachthaus einer Genieabtheilung und enthielt noch einige Werkzeuge, wie Hacken, Aexte, Schaufeln u.s.w.
    Von Comfort konnte in dem Gourbi natürlich keine Rede sein, er bildete ja auch nur einen provisorischen Zufluchtsort. In Bezug auf Nahrung und Wohnung waren übrigens weder der Kapitän noch seine Ordonnanz besonders wählerisch.
    »Mit ein wenig Philosophie und einem guten Magen ist man überall gut aufgehoben!« wiederholte Hector Servadac gern.
    Mit der Philosophie stand’s bei ihm aber wie mit dem Geld beim Gascogner, der immer etwas in der Börse hat, und was den Magen betraf, so hätte das ganze Wasser der Garonne durch den des Kapitäns laufen können, ohne ihn nur einen Augenblick zu belästigen.
    Ben-Zouf, wenn wir einmal die Metempsychose gelten lassen, mußte in seinem früheren Leben ein Strauß gewesen sein, von dem er sich noch jene phänomenalen Eingeweide bewahrt hatte, welche Kieselsteine ebenso leicht verdauen wie Hühnerpasteten.
    Die beiden Einsiedler in dem Gourbi waren übrigens mit Vorräthen für einen Monat wohlversorgt; eine Cisterne lieferte ihnen Trinkwasser in Ueberfluß, die Dachsparren des Stalles strotzten voll Futter und dazu konnte die überaus fruchtbare Ebene zwischen Tenez und Mostagenem mit den reichen Gegenden der Mitidja wetteifern. Das Wild war hier nicht gar so selten, und einem Officier des Stabes ist es niemals verboten, bei seinen Streifzügen eine Jagdflinte mitzuführen, wenn er nur seine Winkelmeßinstrumente und das Zeichenbrett nicht vergißt.
    Als Kapitän Servadac nach dem Gourbi zurückgekehrt war, aß er mit einem Appetite, den die Promenade fast zum Heißhunger ausgebildet hatte. Ben-Zouf verstand sich ausgezeichnet auf die Verwaltung der Küche. Aus seiner Hand konnten geschmacklose Gerichte gar nicht hervorgehen. Er salzte, würzte und pfefferte militärisch. Aber, wie gesagt, er sorgte auch für zwei Magen, welche der schärfsten Gewürze spotteten und über die die Gastralgie keine Herrschaft hatte.
    Nach dem Essen, und während seine Ordonnanz die Reste der Mahlzeit sorgfältig in seinem »Unterleibsschranke« unterzubringen suchte, verließ Kapitän Servadac den Gourbi, um frische Luft zu schöpfen, und promenirte rauchend am Rande der Küste.
    Die Nacht sank herab. Schon seit einer Stunde war die Sonne verschwunden hinter den dichten Wolken und unter dem Horizonte, der die Ebene in der Richtung nach dem Cheliff zu scharf abgrenzte. Der Himmel bot einen eigenthümlichen Anblick, den kein Beobachter kosmischer Erscheinungen ohne Erstaunen wahrgenommen hätte. Gegen Norden nämlich, wo es schon so dunkel war, daß sich der Gesichtskreis etwa bis auf ein halbes Kilometer einengte, zitterte ein röthlicher Lichtschein auf den oberen Dunstschichten der Atmosphäre. Man entdeckte weder regelmäßige Streifen, noch eine deutliche Lichtstrahlung von einem gemeinsamen Mittelpunkte aus. Nichts ließ also etwa ein Nordlicht vermuthen, dessen prächtige Erscheinung übrigens fast ausschließlich nur unter dem Himmel höherer Breitengrade sichtbar wird. Ein Meteorolog wäre also gewiß in Verlegenheit gekommen, zu sagen, von welchem Phänomen diese herrliche Beleuchtung der letzten Nacht des Jahres herrührte.
    Kapitän Servadac war aber kein Meteorolog von Fach. Man darf annehmen, daß er seit dem Verlassen der Schule seine Nase wohl niemals wieder in das Lehrbuch der Kosmographie gesteckt hatte. Gerade diesen Abend war er auch keineswegs in der Stimmung, die Himmelskugel mit besonderer Aufmerksamkeit zu betrachten. Er flanirte und rauchte. Dachte er vielleicht allein an das Rencontre, das ihn morgen Früh mit Graf Timascheff zusammenführen sollte? Wenn ein solcher Gedanke manchmal sein Hirn durchkreuzte, so geschah es gewiß nicht, um ihn mehr als nöthig gegen den Grafen einzunehmen. Die beiden Gegner fühlten in der That
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