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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
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nicht davon, Ben-Zouf, begann er, und sieh mich aufmerksam an. Ich bin noch nicht ganz wach; wecke mich, stich mich, wenn es sein muß. Wir sind entweder Narren oder wir träumen.
    – Thatsache ist, Herr Kapitän, antwortete Ben-Zouf, daß so etwas noch nirgends anders vorgekommen ist als im Lande der Träume; wenn ich mich im Traume z.B. für eine Schwalbe hielt und über den Montmartre wegflog, so leicht, als ob ich über mein Käppi spränge. Die ganze Geschichte geht nicht mit natürlichen Dingen zu. Uns ist etwas passirt, aber etwas, was noch keiner lebenden Seele vorgekommen ist. Ist das etwa eine besondere Eigenthümlichkeit der Küste von Algier?«
    Hector Servadac war in dumpfes Sinnen versunken.
    »Das ist zum Verrücktwerden! fuhr er auf. Wir schlafen ja nicht, wir träumen doch nicht …«
    Doch, er war nicht der Mann, sich eine halbe Ewigkeit mit diesem unter den gegebenen Verhältnissen ohnehin schwer löslichen Probleme herumzuschlagen.
    »Nun, so mag meinetwegen geschehen was da will! rief er, entschlossen, sich über nichts mehr zu wundern.
    – Recht, mein Kapitän, bekräftigte Ben-Zouf, vor allen Dingen wollen wir die Sache mit Graf Timascheff in Ordnung bringen.«
    Jenseit des Grabens breitete sich eine mäßig große Wiese mit weichem Grase aus. Verschiedene, vor etwa fünfzig Jahren angepflanzte Bäume, Eichen, Palmen, Johannisbrotbäume, Sycomoren, dazwischen verschiedene Aloës und über Alle hinausragend, einige ungeheure Eukalypten, bildeten einen herrlichen Rahmen um dieselbe.
    Hier war der verabredete Platz, auf dem der Ehrenhandel der beiden Gegner zum Austrag kommen sollte.
    Hector Servadac ließ die Blicke über die Wiese schweifen.
    »Mordio, rief er, da er Niemand sah, wir sind also doch die Ersten beim Rendezvous.
    – Oder vielleicht die Letzten! versetzte Ben-Zouf.
    – Was, die Letzten
? –
Noch ist es nicht neun Uhr, versicherte Kapitän Servadac, der seine Uhr beim Aufbruch aus dem Gourbi nach der Sonne gestellt hatte.
    – Herr Kapitän, fragte da die Ordonnanz, sehen Sie dort durch die Wolken jene weißliche Kugel?
     

    Der Schakal setzte sich auf dem Gipfel des Felsens nieder. (S. 29.)
     
    – Gewiß, antwortete der Kapitän, der eine in Dunst verhüllte Scheibe erblickte, welche jetzt im Zenith stand.
    – Nun gut, fuhr Ben-Zouf fort, diese Kugel kann nur die Sonne oder höchstens deren Stellvertreter sein.
    – Die Sonne im Zenith – Mitte Januar und im neununddreißigsten Grade der Breite? rief Hector Servadac.
     

    Er kreuzte beim Aufspringen Ben-Zouf, der eben im Herabfallen war. (S. 30.)
     
    – Sie ist es, Herr Kapitän, sie zeigt Mittag, wenn Sie erlauben. Es scheint, sie hat’s sehr eilig heute und ich wette mein Käppi gegen eine Schüssel Brei, daß sie in drei Stunden schon untergegangen sein wird.«
    Die Arme gekreuzt, blieb Hector Servadac einige Minuten unbeweglich stehen. Dann drehte er sich einmal ganz um sich selbst, um alle Punkte des Horizontes in’s Auge fassen zu können, und sagte:
    »Die Gesetze der Schwere verändert, die Himmelsgegenden verwechselt, die Dauer des Tages um fünfzig Procent verkürzt … das könnte freilich mein Zusammentreffen mit Graf Timascheff unbestimmt lange verzögern. Zum Teufel, es ist doch mein Gehirn nicht und auch nicht das Ben-Zouf’s, die jetzt außer Rand und Band wären?«
    Der gleichgiltige Ben-Zouf, dem auch die außerordentlichste kosmische Erscheinung keinen Ausruf der Verwunderung entlockt hätte, sah seinen Officier sehr seelenruhig an.
    »Ben-Zouf? sagte dieser.
    – Herr Kapitän?
    – Du siehst hier Niemand.
    – Ich sehe Niemand. Der Russe ist wieder weg.
    – Angenommen, er wäre zurückgekehrt, so wären doch meine Secundanten hier geblieben oder bei meinem Ausbleiben nach dem Gourbi gekommen.
    – Das stimmt allerdings, Herr Kapitän.
    – Ich schließe daraus also, daß sie überhaupt nicht hier waren.
    – Und wenn sie wirklich nicht kommen? …
    – Daß sie jedenfalls nicht haben kommen können. Was den Grafen Timascheff …«
    Statt den Satz zu vollenden, näherte sich Kapitän Servadac dem felsigen, das Meer überragenden Ufer und schaute hinaus, ob die Goëlette Dobryna vielleicht nahe der Küste vor Anker läge. Es war ja möglich, daß Graf Timascheff zu Wasser nach dem Orte des Stelldicheins kam, wie es auch gestern der Fall war.
    Die Wasserfläche war leer, auch bemerkte Hector Servadac jetzt, daß dieselbe trotz der unzweifelhaften Windstille ungemein bewegt erschien, so als ob das
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