Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
niederhält.
    Italien, ein seiner, eleganter Stiefel, der mit Sicilien, Sardinien und Corsica Ball zu spielen scheint.
    Preußen, eine furchtbare Axt, welche tief in das deutsche Kaiserreich einschneidet und deren eines Ende Frankreich streift.
    Endlich Frankreich, ein wohlgebildeter Torso mit Paris als Herz desselben.
    Alles das sah man nicht nur, das fühlte auch Jeder. In jeder Brust herrschte eine fieberhafte Erregung. Da mischte sich plötzlich ein komischer Ton in diese allgemein ernste Stimmung.
    »Der Montmartre!« rief Ben-Zouf.
    Niemand hätte dem Burschen des Kapitän Servadac begreiflich machen können, daß er seinen Leib-und Lieblingshügel aus dieser Entfernung unmöglich erkennen könne.
    Palmyrin Rosette seinerseits beugte den Kopf über die Gondel hinaus und hatte nur Augen für die verlassene Gallia, welche 2500 Meter unter ihm schwebte. Er wollte diese Erde, die ihn wieder an ihr Vorhandensein erinnerte, gar nicht sehen, sondern betrachtete einzig und allein seinen Kometen, den die allgemeine Lichtfülle des Weltraumes gleichfalls lebhaft beleuchtete.
    Mit dem Chronometer in der Hand zählte Lieutenant Prokop die Minuten und Secunden. Auf den Herd legte man nach seiner Anordnung von Zeit zu Zeit etwas frisches Brennmaterial nach, so daß sich die Montgolfière in der gewünschten Höhe erhielt.
    In der Gondel wurde nur sehr wenig gesprochen. Kapitän Servadac und Graf Timascheff betrachteten unablässig die sich nähernde Erde. Die Montgolfière schwebte im Verhältniß zur letzteren etwas seitwärts und hinter der Gallia, so daß der Anprall des Kometen vor dem des Aerostaten erfolgen mußte – ein günstiger Umstand, insofern dieser, wenn er in die Erd-Atmosphäre hinüberglitt, sich nicht vollständig umzukehren brauchte.
    Wo aber sollte er niederfallen?
    Vielleicht auf einem Continente? Und wenn das der Fall war, bot dieser Continent dann einige Hilfsquellen? Konnte man von der betreffenden Stelle aus leicht nach bewohnten Theilen der Erde gelangen?
    Oder fiel er in das Meer? Durste man in diesem Falle auf das Wunder eines in der Nähe befindlichen Fahrzeuges rechnen, das die Schiffbrüchigen retten könnte?
    Wie viele Gefahren auf allen Seiten! Hatte Graf Timascheff damals nicht recht gehabt, als er sagte, daß seine Begleiter und er allein in der Hand Gottes ständen?
    »Zwei Uhr zweiundvierzig Minuten!« meldete Lieutenant Prokop unter allgemeinem Schweigen.
    Noch fünf Minuten fünfunddreißig und sechs Zehntel Secunden, dann sollten die beiden Weltkörper zusammenprallen! … Sie befanden sich jetzt nicht mehr 5000 Meilen von einander.
    Da bemerkte Lieutenant Prokop, daß der Komet eine etwas schiefe Richtung nach der Erde einhielt. Die beiden Massen bewegten sich nicht in ein und derselben Linie. Immerhin mußte man darauf rechnen, daß der Komet werde plötzlich und vollständig aufgehalten werden, und daß es zu einem bloßen »Abstreifen«, wie vor zwei Jahren, nicht kommen würde. Wenn die Gallia die Erdkugel auch nicht in normaler Richtung träfe, so würde sie, wie Ben-Zouf sich ausdrückte, »doch kräftig an die Bande anschlagen«.
    Im Falle nun Keiner der Passagiere der Gondel den Zusammenstoß überlebte, wenn die Montgolfière, dahin gerissen von den entsetzlichen Luftwirbeln bei der Vermischung der beiden Atmosphären, selbst zerriß und auf die Erde niederstürzte; wenn Keiner von diesen Bewohnern der Gallia unter Seinesgleichen zurückkehrte, sollte dann jede Erinnerung an diese, an ihren Aufenthalt auf dem Kometen, an ihre Reise durch die Sonnenwelt für immer vernichtet werden?
    Nein! Kapitän Servadac hatte einen glücklichen Einfall. Er riß ein Blatt aus seinem Taschenbuche. Auf dasselbe schrieb er den Namen des Kometen, bezeichnete die vor zwei Jahren durch diesen entführten Theile der Erde, führte dann die Namen aller seiner Gefährten auf und bescheinigte Alles durch seine Unterschrift.
    Dann verlangte er von Nina die Brieftaube, welche diese an der Brust verborgen hielt.
    Nach einem zärtlichen Kusse gab ihm das kleine Mädchen ohne Zaudern die Taube.
    Kapitän Servadac ergriff das Thierchen, befestigte ihm sein Notizblatt an dem Halse und warf es dann hinaus in die Luft.
    In großen Kreisen fliegend, senkte sich die Taube durch die Gallia-Atmosphäre und hielt sich in derselben in tieferen Schichten als die Montgolfière.
    Noch zwei Minuten und ungefähr achtzehnhundert Meilen! Die beiden Weltkörper sollten in kürzester Zeit mit einer dreimal größeren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher