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Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II

Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II

Titel: Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
Autoren: Chiara Varus
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I
     
    Cato hatte schlechte Laune – gelinde ausgedrückt. Silvius war schwach. Dafür hatte Cato schon gesorgt. Doch in Sejans Händen konnte er zu einer gefährlichen Waffe werden. Cato musste seine Pläne ändern und das Ass, das er im Ärmel hatte, früher ziehen, als ihm lieb war. Das konnte heikel werden.
    Gracchus war ein undurchsichtiger Charakter. Nur seine Drogenabhängigkeit war offensichtlich. Ansonsten war er einer der besten Lügner, die Cato je begegnet waren. Seine aristokratischen Gesichtszüge verbargen alles, sein schwarzes Auge verriet nichts. Er besaß nur noch das Linke, das Rechte zierte eine Augenklappe. Sein Haar war tiefschwarz. Er wirkte wie Catos dunkler Bruder, ebenso groß und muskulös, zweifellos ein guter Kämpfer. Zu seinem Vergnügen kämpfte Gracchus gelegentlich in der Arena.
    Cato sah sich Gracchus' Waffe an, eine stählerne Kralle, die an dessen Gürtel hing. Beim Trainieren mit der Stahlkralle hatte Gracchus sich in jungen Jahren selbst das rechte Auge ausgestochen. Nun mussten seine Gegner sich allerdings vor ihm in Acht nehmen.
    Cato wies auf die absonderliche Waffe: „Es heißt, es gebe außer dir nur einen, der mit einer solchen Kralle umgehen kann. Niemand hat je sein Gesicht gesehen.“
    Gracchus lächelte: „Wer auch immer hinter der Maske des Raben steckt, er scheint noch gerissener zu sein als Sejan.“
    Cato nahm die Herausforderung des unterkühlten Lächelns an. „Corvus ist dem Senat immer einen Schritt voraus, weil er sich mitten unter ihnen bewegt.“
    „Ein Verdacht?“
    Cato beugte sich zu Gracchus' Ohr und flüsterte: „Ich hülle mich in Schweigen.“
    Gracchus nickte. Er hatte verstanden. „Was verlangst du?“
    Im Gegensatz zu manch einem der Senatoren würde Cato sich nicht einschüchtern lassen. Und Schweigegeld hatte der Mann nicht nötig.
    Cato drehte sein Gesicht von Gracchus weg zum Fenster. „Sejan hat einen meiner Sklaven geraubt: Silvius. Finde ihn.“
    Dann richtete sich Catos Blick wieder auf den einäugigen Senator. „Bring ihn mir - tot oder lebendig.“
     

II
     
    Sejans ursprünglich weißes Sklavengewand war nun an vielen Stellen blutgetränkt. Silvius hatte ihm den Weg durch den Lieferanteneingang aus Catos Haus gewiesen, ein Weg, der nun von zahlreichen Toten gesäumt wurde. Silvius hatte versucht, nicht hinzusehen. Nur einmal hatte er einen Blick in Sejans Gesicht gewagt. Es waren keine Emotionen darin zu erkennen. Sejan tötete kaltblütig. Dies hatte Silvius' Angst geschürt, der Räuber werde ihm ebenfalls die Kehle durchschneiden. Silvius nahm an, Sejan brauche ihn lediglich als Fluchthelfer. In einiger Entfernung zu Catos Haus stellte Sejan den jungen Sklaven jedoch abermals vor die Entscheidung: „Komm mit mir oder stirb.“
    Gemäß seiner Gewohnheit ließ sich Silvius vor Sejan auf die Knie nieder. „Ich komme mit dir, Herr.“
    Dass sich der Räuber über das Verhalten seiner Geisel amüsierte, offenbarte sich in seinem leisen Lachen. „Sehr gut. Nun steh auf, die Zeit drängt.“
     
    Über einen nachtschwarzen Pfad flohen sie durch den angrenzenden Wald.
    Es war erstaunlich, wie zielsicher Sejan in der Dunkelheit den Weg fand. Silvius glaubte fast, der Räuber verfüge über eine vampirische Fähigkeit zur Nachtsicht. Unzählige Male bewahrten Sejans geflüsterte Warnungen Silvius davor, über einen Ast oder ein anderes Hindernis zu stolpern. Als Silvius trotz des warnenden Flüsterns doch einmal stolperte, verhinderten Sejans Arme, dass er zu Boden stürzte.
    Sofort bat Silvius um Verzeihung für seine Ungeschicklichkeit. Aber Sejan knurrte bloß: „Spar dir den Atem.“
     
    Wie viele Stunden sie gelaufen waren, konnte Silvius nicht sagen. Er war erschöpft.
    Das Gebäude war zunächst nicht zu erkennen. Kaum ein Lichtschein drang nach außen. An der Stelle, wo es stand, schien sich lediglich die Dunkelheit verdichtet zu haben.
    Silvius versuchte, sich Sejans Klopfzeichen an der stählernen Tür zu merken, ein sinnloses Unterfangen, da die Räuber ihre Codes fortwährend änderten.
    Das Licht, das herausströmte, als die Tür sich öffnete, machte die beiden Ge-stalten erst zu Schattenrissen, dann zu einem sonderbaren Bild. Neben dem schwarzhaarigen Räuber wirkte Silvius wie ein blasses Gespenst.
    Erst als die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, sprach die Frau, die ihnen geöffnet hatte: „Boss!“
    Auf den ersten Blick hätte man nicht vermutet, dass sie das Mitglied einer Verbrecherbande war.
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