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Reise durch die Sonnenwelt

Reise durch die Sonnenwelt

Titel: Reise durch die Sonnenwelt
Autoren: Jules Verne
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Geschwindigkeit zusammenstoßen, als diejenige ist, welche die Erde in der Ekliptik hat.
    Wir brauchen nicht besonders hervorzuheben, daß die Insassen der Gondel von dieser entsetzlichen Schnelligkeit nicht das Geringste verspürten und daß ihr Apparat in der umgebenden Atmosphäre unverrückt still zu stehen schien.
    »Zwei Uhr sechsundvierzig Minuten!« sagte Prokop.
    Die Entfernung noch 1020 Meilen. Wie eine ungeheure Tonne schien die Erde sich unter dem Kometen auszuhöhlen. Man hätte sagen mögen, sie öffnete sich, um jenen zu empfangen.
    »Zwei Uhr siebenundvierzig Minuten!« meldete Lieutenant Prokop.
    Noch fünfunddreißig und sechs Zehntel Secunden mit einer Geschwindigkeit von 162 Meilen in der Secunde!
    Da ließ sich eine Art heftigen Zischens und Brausens vernehmen. Es rührte von der Luft der Gallia her, welche von der Erde angesaugt wurde, gleichzeitig mit der Montgolfière, die sich so sehr in die Länge zog, daß man befürchtete, sie werde dabei zerreißen.
    Entsetzt und starr vor Schrecken klammerten sich Alle an den Rand der Gondel …
    Jetzt flossen die beiden Atmosphären ineinander. Urplötzlich entstand eine ungeheuere Wolkenmasse, die sich regellos durcheinander wälzte. Die Passagiere der Gondel sahen nichts mehr über und nichts mehr unter sich. Es schien ihnen, als wirbele eine furchtbare Flamme rings um sie und als fehle ihren Füßen jede Stütze, bis sie sich plötzlich, ohne zu bemerken wie und ohne sich den Vorgang erklären zu können, auf dem Boden der Erde wiederfanden. Betäubt hatten sie früher die Erde verlassen, betäubt kehrten sie wieder zu ihr zurück.
    Von dem Ballon war keine Spur zu sehen.
    Gleichzeitig entfloh die Gallia seitwärts etwa in tangentialer Richtung, nachdem sie die Erdkugel wider Erwarten auch diesmal nur gestreift hatte, und verschwand schon fern im Osten des Planeten.
Zwanzigstes Capitel.
Welches wider alle Regeln des Romanes nicht mit einer Heirath des Helden der Erzählung endigt.
    »Ah, Herr Kapitän, das ist Algerien!
    – Und dort Mostagenem, Ben-Zouf.«
    So lauteten die ersten Worte, welche gleichzeitig über die Lippen des Kapitän Servadac und seiner Ordonnanz kamen, als Beide ihr Bewußtsein wieder erlangten.
    Durch ein Wunder, welches ebenso wie alle Wunder jeder Erklärung spottete, befanden sie sich heil und gesund.
    »Mostagenem! Algerien!« hatten Kapitän Servadac und seine Ordonnanz ausgerufen. Sie konnten sich wohl nicht täuschen, da sie in diesem Theile der Provinz mehrere Jahre in Garnison gestanden hatten.
    Nach einer zweijährigen Reise durch die Sonnenwelt kamen sie also fast genau nach dem Orte zurück, von dem sie einst weggerissen wurden.
    Ein erstaunlicher Zufall – ist es wohl ein Zufall zu nennen, da Gallia und Erde sich in der nämlichen Secunde an der nämlichen Stelle der Ekliptik wieder begegneten? – versetzte sie wieder ziemlich an den Punkt ihrer Abreise. Sie befanden sich kaum zwei Kilometer von Mostagenem!
    Eine halbe Stunde später betraten Kapitän Servadac und alle seine Gefährten diese Stadt.
    Sehr auffällig erschien es ihnen, daß auf der Oberfläche der Erde die größte Stille herrschte. Die Bevölkerung Algeriens betrieb in aller Ruhe ihre täglichen Geschäfte. Die Thiere weideten friedlich in dem thaufrischen Grase des Januars. Es mochte etwa acht Uhr Morgens sein. Die Sonne stieg über dem gewohnten Horizonte empor. Es schien nicht nur, als sei auf der Erdkugel etwas Außergewöhnliches nicht vorgefallen, sondern als hätten die Bewohner derselben auch nicht einmal etwas Außergewöhnliches erwartet.
    »Alle Wetter, sagte Kapitän Servadac, sie wußten also gar nichts von dem bevorstehenden Eintreffen des Kometen.
    – Das möchte man fast glauben, Herr Kapitän, antwortete Ben-Zouf, und ich hatte auf einen recht pomphaften Einzug gerechnet.«
    Offenbar war der Anprall eines Kometen nicht erwartet worden. Andernfalls hätten in allen Theilen der Erde gewiß Furcht und Schrecken geherrscht und ihre Bewohner das Ende der Welt sicher näher geglaubt, als im Jahre 1000 n. Chr.!
    Am Thore von Mascara begegnete Kapitän Servadac seinen beiden Kameraden, dem Kommandanten des 2. Tirailleur-und dem Kapitän des 8. Artillerie-Er sank ihnen buchstäblich in die Arme.
    »Sie, Servadac! rief der Kommandant.
    – Ich selbst!
    – Und woher kommen Sie jetzt, armer Freund, nach diesem unerklärlichen Verschwinden?
    – Das könnte ich Ihnen wohl sagen, lieber Oberst, doch wenn ich es sagte, würden Sie mir’s nicht
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