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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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einer sein Zaubersäckchen aufmacht?
    Was weiß ich denn von dieser großen weiten Welt, und wenn jetzt das Glück kommt?
    Habe ich Zweifel an der Geschichte?
    Ja, habe ich.
    Na und?
    Neulich war eine Prinzessin im Loft, eine Bekannte vom Makler, im kurzen Rock mit Ballerinas, die für einen Kunden guckte, der in Paris lebe.
    Glaube ich das, dass die wirklich so begeistert war?
    Nein.
    Aber das ist doch gut, wie der tickt. Es ist doch groß, wie der spielt. Wenn der alle anderen auch so anlügt, wer wird dann gewinnen?
    Wir oder die?
    Wer ist denn klüger?
    Wir oder die?
    Ja, es ist perfide, wenn man Menschen, die einen anlügen, gut findet, weil man weiß, dass sie andere auch anlügen und lügen schon ein Wert ist. Und dass der gewinnt, der am besten lügt, am dreistesten, am schönsten.
    Es ist so perfide, aber man muss das können.
    Ich werde gerne belogen, wenn das am Ende nützlich ist, wir haben das ja auch gemacht, hin und wieder, ein klitzeklein wenig.
    Der arme »Harry-Potter«-Mann, jetzt konnte er leider doch nicht zur Besichtigung kommen, weil er noch einen Marathon mitlaufen will. Der sei eben sehr sportlich und sehr spontan. Das verstünden wir doch?
    Na klar, das verstehen wir.
    Der arme reiche Schauspieler aus Hollywood. Von dem hören wir ja alle gar nichts mehr.
    Na klar, das verstehen wir, der hat bestimmt große Engagements, so ist es eben, Hollywood. So unberechenbar wie eine Krake mit zwölf Beinen.
    Der arme »Harry-Potter«-Mann, jetzt könne er leider wieder nicht zur Besichtigung kommen, weil er sich doch verletzt habe, ein Motorradunfall. Er war doch schon in Berlin, er war doch schon auf dem Weg ins Loft. Er, der Makler, er habe ja schon vor der Tür gewartet und sich nur noch eine Cola geholt. Was für ein Pech wir hätten. Das sei wirklich so dumm.
    Ja, stimmt, schade, da haben wir Pech, kein Problem.
    »Ist natürlich nur ein bisschen dumm, weil wir jetzt die 200 Kilometer nach Berlin reingefahren sind von unserer Sommerresidenz, es geht uns ja nicht ums Geld, aber die Kinder, die wären so gerne ein bisschen geschwommen heute.«
    Aber in drei Wochen, da sei er ja wieder da, der »Potter«-Mann, und nächste Woche, da komme noch jemand, der das Loft interessant finde.
    Ja, klar, gar kein Problem. Da freuen wir uns aber, dass das Loft so interessant für so viele ist.
    »Ich weiß nicht, ob Ihr Mann das erzählt hat, aber wir haben jetzt eine Kooperation mit denen, die auch die Wohnungen in den Trump Towers verkaufen. Die zahlen Millionen für eine Garage mit 2,50 Metern Deckenhöhe.«
    Ja, natürlich, das machen sie.
    Anne steht in der Küche, lehnt sich gegen den Spültresen, die Arme hängen an ihr, als gehörten sie nicht zu ihr. Die Tränen laufen lautlos über das Gesicht.
    »Ich kann nicht mehr!«, sagt sie. »Ich will das nicht mehr.«
    »Ich kann wieder, ich will noch«, sage ich, weil ich weiß, dass der Verlag, der unser Buch drucken will, nicht glücklich mit unserer Ausbeute ist. Dass, wenn wir jetzt nicht aufpassen, auch das nicht gut wird.
    Ich fasse sie mit den Händen an den Schultern.
    »Alles wird gut«, sage ich und versuche, sie zu beruhigen. »Nun komm schon, Anne. Der Makler ist doch gut!«
    »Und dann kommt dieser Typ und erzählt einem so einen Scheiß«, fährt es aus ihr raus.
    Ich sehe, wie sie zusammenbricht, und fühle mich schon wieder schwach, mir wird so grau im Kopf.
    Ich weiß, dass mir jetzt wieder Haare ausfallen vor Stress, büschelweise, dass ich gleich wieder ins Bad gehe, um zu kontrollieren, wie viele es wirklich waren.
    »Ich lasse mir eine Glatze schneiden«, sage ich zu Anne. »Wie das dann aussieht, ich habe gar kein Glatzengesicht.«
    »Ach, Quatsch«, sagt sie und wischt sich die Tränen aus den Augen. »Da sind noch total viele Haare da.«
    »Ich bin zu gutmütig, zu gutmütig«, jammere ich. »Wir müssen das anders machen. Größer. Ich will mir nicht mehr einreden, ich sei der netteste von den Betrügern«, sage ich.
    Und Anne sagt: »Ich will nicht mehr.«

Epilog
    Anne hat dem Makler gekündigt, per SMS. Und er hat irgendwas geantwortet wie: »Danke für die Info. Viel Erfolg mit der Alternative!«
    Wir haben jetzt eine neue Maklerin, wahnsinnig kompetent und ultraseriös, und sind immer noch da bei Annes Onkel auf dem Hof.
    Da, wo Brandenburg aufhört und Mecklenburg fast schon beginnt. Ganz im Norden, im Ostzipfel. Wo sie unsere Shirts nicht kennen und die Buberts uns nicht erreichen, wo wir im Dorf alle grüßen und niemand weiß,
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