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Reich kann jeder

Reich kann jeder

Titel: Reich kann jeder
Autoren: Jan Anne; Rentzow Nürnberger , Anne Nürnberger , Jan Rentzow
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leer und arm.
    Einmal fahren wir raus an den Wannsee, und da sitzt eine Kröte auf der Straße, und diese Kröte hat so lange Beine und ist wirklich riesig und sehr bedrohlich. Ich bilde mir ein, dass es knirscht, wenn sie geht, sie zieht ein Bein nach.
    »Das ist unser alter Chef«, sage ich, gebe Gas und versuche sie zu erwischen, fahre vor, drehe um und versuche es erneut, aber das ist schon in der Phase, wo ich kurz vor dem Burn-out stehe, diese Kopfschmerzen habe, diese Rückenschmerzen. Diese Angstanfälle. Wo wir uns eigentlich schon nach Brandenburg aufs Land zurückgezogen haben, hinter die Hecke, wo uns niemand sieht und wir niemanden sehen müssen.
    Wo ich plötzlich diese Angst habe und diese Wut, dass uns das alles so entglitten ist, wo ich so viel jammere wie noch nie, gerne wieder Kind wäre, über die Moral in Deutschland schimpfe und Christian Wulff, den Bundespräsidenten.
    Was ist das für ein Land, in dem ich lebe, frage ich mich da schon. Ganze Landstriche tanken in Polen und sparen sich das Hartz IV. Landstriche werden mit Windrädern zugebaut, und die Windrädermacher fahren mit Daimler unten durch.
    Nicht mehr die Besten, sondern die am wenigsten Gefährlichen kriegen die Jobs.
    »Zeitungen schreiben nichts Böses mehr, weil die Leser lieber Schönes über die Heimat lesen«, denke ich da. »Das Fernsehen spielt Frauentausch mit gecasteten Armen. Beamte warten nur noch auf die Verbeamtung auf Lebenszeit, um dann Dienst nach Vorschrift zu machen.«
    Manchmal frage ich mich auch, was ich eigentlich für eine Beziehung zum Lügen habe, und dann habe ich wieder diese Sehnsucht nach Ruhe.
    Nur Anne, ich und der Makler, der das Loft an Superreiche abgeben will, sind jetzt noch da.
    ***
    Es ist alles so dumm, was mit dem Makler zu tun hat. So schrecklich dumm. Die Agentin von dem Stargeiger, der das Loft unbedingt kaufen will, die sei so dumm, dass sie einfach den Termin nicht organisiert kriegt.
    Aber das mache ja nichts, da müssten wir jetzt aber gar nicht traurig sein, denn in der nächsten Woche, da käme ja schon der Amerikaner, »ein einflussreicher Mann aus Hollywood, wahrscheinlich schwul«.
    Er habe da schon recherchiert, es könne sich nur um Kevin Spacey handeln, aber da sollten wir jetzt mal »pst« machen.
    Mein Kopf dröhnt. Ich will das glauben, ich will es einfach. Wie geil wäre das denn, wenn so einer das nimmt?
    Und dann gibt es ja noch diesen anderen, den Engländer, ein Produzent von »Harry Potter«, sagt der Makler. Das dürfe er jetzt ja auch nicht sagen, aber weil wir es seien. Das sei ein fabelhafter Käufer, der kaufe Lofts wie andere Leute Brötchen.
    Das klingt gut, denke ich. 600 000 Euro, hat er gesagt, die könne man locker kriegen.
    Jetzt zeigt es sich, dass es sich lohnt, den Makler gewechselt zu haben, weg von der anderen großen Agentur. Gut, dass der sagt, das Loft gehe schnell weg, ganz sicher. Gut, dass er die Idee hatte, dass wir den Kunden erzählen, dass es einen Garagenplatz gebe, den wir gleich organisieren wollten. Dass es da eine Balkonoption gebe, die es noch gar nicht gibt, Balkone seien so gefragt, gerade in dem Segment.
    »Letztes Mal hat der ›Harry-Potter‹-Mann nicht nur ein Loft genommen, sondern gleich zwei, für jeweils 400 000 Euro.«
    Wir hören zu, die Ohren fühlen sich an wie geschwängert.
    Der Makler, bei dem immer ziemlich viel ziemlich doll dumm läuft, macht eine eifrige Stimme.
    »Wissen Sie, was der da gesagt hat? Die muss ich mir doch nicht angucken, ich gehe lieber ein Bier trinken.«
    Das hat er dann gemacht!
    Und noch etwas, das sage er auch, er, der Makler, und deswegen sei ja sowieso alles gut. »Der braucht die Lofts für seine Frauen.«
    »Wie bitte?«
    »Er sagt immer, er mache Party in Berlin. Diesmal trifft er sich mit einer, die kein Visum kriegt für England.«
    Alles in allem könnten wir jetzt wirklich zufrieden sein, dass es so gut laufe. Die von uns geforderten 600 000 Euro, die hätte der »Harry-Potter«-Mann jetzt aber wirklich billig gefunden, auch wenn es sicher weniger wert ist.
    So reich sei der und so verrückt, dass er glatt gefragt habe: »So billig? Was ist denn da faul an diesem Loft?«
    Ich lege Hoffnungen in diesen Mann, vielleicht geht da ja noch mehr, muss ja, wenn der so dumm ist, dann gehen da bestimmt 700 000 oder 800 000.
    Und hier läuft ja jetzt alles so dumm.
    Und ich bin gar nicht dumm, ich bin zwar so erschöpft, aber klug.
    Weiß ich, wie das in diesen Klassen läuft, wenn da mal
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