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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen
Autoren: R. J. Anderson
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und sogar ihre Lippen verloren jede Farbe. Mühsam straffte sie die Schultern. »Also gut«, sagte sie tonlos.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin, Dorna.«
    »Schon recht.« Dorna schnaubte wieder, doch klang es diesmal mehr wie ein Schluchzen. »Hör auf zu quasseln und geh nach oben. Die Königin wartet.«
     
    »Ich fürchtete schon, du würdest überhaupt nicht mehr zurückkehren«, sagte Amaryllis. »Was hat dich so lange aufgehalten?«
    Klinge schlüpfte durch das Fenster, sprang auf den Boden und wischte sich die Hände ab. »Ich bitte um Verzeihung, Majestät. Ich habe länger gebraucht als erwartet.«
    »Du hast es also getan.« Zu Klinges Überraschung seufzte die Königin und hob die Hand an die Augen. »Fast hätte ich gewünscht, du hättest die Prüfung bestanden«, fuhr sie so leise fort, dass Klinge sie kaum verstand. »Aber so ist es besser.«
    »Prüfung?«, fragte Klinge. »Wenn Ihr meint, Paul zu töten …«
    »Er wird nicht sterben«, unterbrach Amaryllis sie. »Er schläft nur und wird morgen ausgeruht aufwachen. Aber du wirst fortan in dem Bewusstsein leben, dass du ihn töten wolltest, und die Scham über deinen Verrat wird ab jetzt jeden Gedanken an ihn beflecken.« Klinge sah sie entsetzt an. »Habe ich dich nicht gewarnt, der Freundschaft mit diesem jungen Menschen sei keine Zukunft beschieden? Jetzt hast du es selbst bewiesen.«
    »Halt«, sagte Klinge. »Wenn ich nun gar nicht versucht habe, ihn zu töten?«
    »Wenn euch wirklich das Band der Liebe verbunden hätte«, sagte Amaryllis ungeduldig, »hätten keine Drohung und keineWorte dich dazu bringen können, ihn zu töten. Als du den Trank aus meiner Hand nahmst, da wusste ich, was ich so lange gefürchtet hatte: dass die Feen meines Volkes nicht mehr lieben können.«
    »Lieben können …« Sprachlos vor Empörung starrte Klinge sie an. Doch die Königin hatte sich schon abgewandt.
    »Ich mache dir keine Vorwürfe.« Sie betrachtete den aufgehenden Mond durch das Fenster. »Für eine andere Entscheidung fehlte dir die Kraft. Seit wir uns durch die große Spaltung von der Welt der Menschen abgeschnitten haben, sind die Feen in ihrer Zuneigung immer flacher, kleinlicher und eigennütziger geworden. Ich habe zwar versucht, Freundschaft zu ermutigen und die wenigen zu belohnen, die dazu fähig schienen, doch ich wusste, dass meine Bemühungen vergeblich waren. Die Machenschaften Jasmins haben die Eiche bis in die Wurzeln hinein vergiftet.«
    Klinge schüttelte den Kopf. »Nein, da irrt Ihr Euch. Glaubt Ihr wirklich, nur dass wir nicht mehr wie früher sein können, beweise schon, dass wir uns auch nicht bessern können? Außerdem habt Ihr mir eben nicht zugehört – ich sagte, ich habe es nicht getan.«
    Die Königin musterte sie scharf. »Soll das heißen, du hast deinen Auftrag nicht ausgeführt? Du hattest keine Gelegenheit dazu?«
    »Doch«, erwiderte Klinge trotzig, »die Gelegenheit hatte ich. Aber ich wollte nicht.«
    »Ich habe dich gewarnt, dass du sterben müsstest, wenn du nicht gehorchst – dass du nur durch Gehorsam deine Flügel zurückbekommen und mir weiter als Jägerin dienen kannst. Du wolltest mir gehorchen und hast trotzdem meinen Befehl missachtet?« Amaryllis stützte sich schwer auf den Tisch. Ihr ungläubiges Gesicht wirkte wie ausgezehrt. »Wie ist das möglich?«
    »Was wollt Ihr eigentlich?«, rief Klinge wütend. »Als Ihr gesagthabt, was mir und Paul alles passieren würde – war das nur eine Prüfung? Eine Lüge?«
    Die Königin schien sie nicht zu hören. »Also doch Liebe«, fuhr sie abwesend fort. »Mehr, als ich je für möglich gehalten hätte … und zugleich so schlimm. Läuft es also darauf hinaus? Aber was für eine Wahl habe ich?«
    Sie richtete sich beim Sprechen auf. Klinge wich misstrauisch einen Schritt zurück, doch zu spät. Amaryllis streckte schon die Hände nach ihr aus, und ihre Finger knisterten energiegeladen, während ihre rotgeränderten Augen Klinge noch um Verzeihung baten. »Auf dir ruht die einzige Hoffnung auf Rettung meines Volkes«, sagte sie. »Doch kann ich dir nicht vertrauen, solange dein Herz geteilt ist. Wenn du diesen Menschen nicht verlässt … werde ich dich zwingen, ihn zu vergessen.«
    »Wartet!«, rief Klinge und hob schützend beide Arme vor das Gesicht. »Ihr habt mich noch nicht angehört … Ich muss Euch sagen …«
    Ein Sausen erfüllte ihre Ohren, ihre Gedanken wirbelten durcheinander, und eine grausame Hand griff nach ihrem
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