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Rebellin unter Feen

Titel: Rebellin unter Feen
Autoren: R. J. Anderson
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Schale aus Ton eingesperrt. Mühsam rappelte sie sich auf und ging stolpernd ein paar Schritte. Sie schwankte wie ein Schössling im Wind. Dann gaben ihre Beine unter ihr nach. Dunkelheit umfing sie und trug sie fort.
     
    Langsam kehrte ihr Bewusstsein zurück. Als Erstes hörte sie Winka ängstlich und mit gedämpfter Stimme fragen: »Ist sie tot?«
    »Nein«, erwiderte Baldriana, »nur ohnmächtig. Aber sieh doch, sie kommt schon wieder zu sich.«
    »Ich sehe überhaupt nichts«, brummte Dorna. »Der Blitz war so hell. Ich glaubte schon, die Königin hätte sich in die Luft gesprengt und die beiden gleich mit dazu.«
    Klinge bewegte sich und zuckte zusammen. Sie hatte schreckliche Kopfschmerzen. Auch die Glieder taten ihr weh, doch hüllte eine angenehme Wärme sie ein. Jemand hatte sie mit einer leichten Decke zugedeckt, bestimmt Winka. Winka dachte immer an so etwas. Klinge nahm den weichen Stoff zwischen die Finger, öffnete die Augen und sah Winka mit Linde auf dem Arm, Baldriana und Dorna. Die vier standen allerdings nicht um sie herum, sondern um die ebenfalls auf dem Boden liegende Amaryllis – und sie waren winzig klein.
    Klinge drehte langsam den Kopf und sah hinter sich Paul, der sie staunend betrachtete. Sie spürte seine raschen Atemzüge an ihrem Rücken. Sein Rollstuhl lag wenige Krähenlängen entfernt umgekippt auf dem Boden. Offenbar hatte Paul sich aus dem Stuhl gestemmt, als sie gestürzt war, und seine Decke über sie gebreitet. Allmählich erwachte sie aus ihrer Betäubung und begriffauch den Grund, warum er sie zugedeckt hatte: Sie war splitternackt.
    Das aber bedeutete, dass ihre Verwandlung wirklich und nicht nur scheinbar war, also auch dauerhaft. »Wie ist das denn passiert?«, murmelte sie.
    »Ich will ja nicht spekulieren«, sagte Paul ernst und stützte sich auf den Ellbogen auf. »Aber ich denke, dass Zauberei im Spiel war.«
    Klinge lachte zittrig. »Das habe ich nicht gemeint.«
    »Dann meinst du vielleicht, wo die anderen herkommen?« Er nickte in die Richtung der Feen, die sich um die Königin versammelt hatten. »Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich hatte dich eben zugedeckt, und als ich aufblickte, standen sie da. Ich weiß nur, dass die mit den schwarzen Haaren sagte, sie würde mir die Augen auskratzen, wenn ich nicht gut auf dich aufpasse. Sie sah mich dabei so finster an, dass ich seither versuche, ganz brav zu sein.« Er grinste schief. »Davonrennen kann ich ja schlecht vor ihr.«
    Er sagte es leichthin, aber Klinge fuhr senkrecht in die Höhe und starrte ihn an. Seine Augen lächelten, aber sein Gesicht war angespannt, und er musste sich mit beiden Händen stützen.
    »Nein«, flüsterte sie, während ihr Blick über seinen Körper wanderte. »Oh nein!«
    »Was denn?«, fragte Paul. »Ich habe mir nichts gebrochen.« Er richtete sich zu einer sitzenden Haltung auf und legte seine Beine, die schlaff im Gras lagen, gerade vor sich hin.
    »Nein!« Klinge umklammerte die Decke an ihrem Hals. Verzweiflung und Gewissensbisse erfüllten sie. »Versteh doch, Paul. Das habe ich mir nicht gewünscht.«
    »Vielleicht nicht«, sagte Königin Amaryllis schwach, während Baldriana ihr auf die Beine half. »Aber wie ich jetzt wieder erfahrenmusste, darf man Magie bei anderen nicht gegen ihren Willen anwenden. Du warst damit einverstanden, ein Mensch zu werden. Er dagegen wollte sich nicht von mir heilen lassen.«
    »Aber …« Klinge sah Paul unglücklich an. »Warum nicht? Du hättest wieder gehen können.«
    Paul streckte die Hand aus und berührte ihr Gesicht. »Es kann gut sein, dass mir eines Tages auch die Ärzte dazu verhelfen können.« Er schob die Hand hinter ihren Nacken und zog sie zu sich. »Aber wo finde ich eine Fee, die mich so sehr liebt, dass sie mir ihren Namen verrät?«
    »Hier ganz bestimmt nicht«, sagte eine Stimme von weiter unten gereizt. »Aber wenn ihr zwei jetzt anfangt, euch die Gesichter abzuschlecken, dann kratze ich jemandem die Augen aus.«
    Paul ließ Klinge abrupt los. Finster starrte Dorna zu ihnen herauf. »Du findest es wahrscheinlich wunderbar, auf einmal ein Mensch zu sein«, fuhr sie an Klinge gewandt fort. »Aber ich finde das einen ziemlichen Igelmist. Wer verscheucht jetzt die Krähen für uns? Und ich muss wahrscheinlich wieder auf die Jagd gehen.«
    »Beruhige dich, Dorna«, sagte Amaryllis, die sich schwer auf Baldrianas Schulter stützte. »Wir haben das alles besprochen, und nicht einmal du wirst Grund zur Klage haben.« Sie sah zu
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