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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Autoren: Åsa Larsson
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seine Vorteile, den Mann zu behalten, mit dem man angefangen hat. Egal, wie runzlig und schlaff ich werde, er wird immer das Mädchen sehen, das er zu Anbeginn der Zeiten gekannt hat.
    Oder wir könnten uns Hunde anschaffen, so fuhr sie in ihren Überlegungen fort. Die mit verdreckten Pfoten und entzündeter, tropfender Blase und allem bei uns im Bett schlafen dürfen.
    Sie ließ Gustav los und griff nach ihrem Telefon, schaute auf die Uhr, halb fünf.
    Ihre eine Wange war heiß. Sie hatte sich am Vorabend, als sie und Sven-Erik die Archen draußen auf dem Eis abgeklappert hatten, wohl eine leichte Erfrierung zugezogen. Aber niemand hatte etwas gesehen. Sie und die Kollegen hatten sich auch auf der Gebirgsstation erkundigt, hatten Skitouristen geweckt und Bargäste aufgehalten. Aber niemand hatte etwas über die Frau erzählen können. Alle hatten aufrichtig geschockt gewirkt, hatten die tote Frau auf dem Bild aber nicht erkannt.
    Anna-Maria Mella dachte über mögliche Handlungsverläufe nach. Natürlich kann man auch mit geschminktem Gesicht an einer Schneemobilspur entlangjoggen. Oder sie hat den Norgeväg genommen. Ein Wagen hält an. Jemand, den sie kennt. Jemand, der fragt, ob sie mitfahren will. Und dann? Sie steigt ins Auto und bekommt einen Schlag auf den Kopf? Oder geht mit in die Sauna, wird vergewaltigt, wehrt sich, wird erstochen.
    Oder war es einer, den sie nicht kannte? Sie läuft am Norgeväg entlang. Ein Mann in einem Auto fährt vorüber. Ein Stück weiter vorn wendet er. Vielleicht fährt er sie mit dem Auto an und zerrt sie auf den Rücksitz, dann kann sie sich ja nicht wehren. Und kein Mensch in Sichtweite. Er fährt mit ihr zu einer Hütte …
    Anna-Maria drehte ihr Kissen um und mahnte sich, endlich einzuschlafen.
    Vielleicht wurde sie nicht vergewaltigt, dachte sie dann. Vielleicht lief sie an der Schneemobilspur entlang zum See. Traf auf einen verdammten Irren mit Drogen im Leib und einem Messer in der Tasche. Solche gibt es überall. Auch in Torneträsk. Der Albtraum jeder Frau. Zufällig einem Mann über den Weg laufen, wenn der Wahnsinn explodiert.
    Aufhören, sagte sie sich. Keine fertigen Bilder produzieren, solange du nichts weißt.
    Sie musste mit dem Gerichtsmediziner sprechen, Lars Pohjanen. Er war am Vorabend aus Luleå hochgekommen. Die Frage war, ob sie schon etwas mit der steif gefrorenen Leiche hatten machen können.
    Total sinnlos, im Bett liegen zu bleiben. Und warum wollte sie überhaupt schlafen? Sie war doch gar nicht müde. Hatte den Kopf voll von adrenalinstrotzenden Gehirnzellen, die Quiz spielten.
    Sie stand auf und zog sich an. Sie war daran gewöhnt, das im Dunkeln zu tun, es ging leise und rasch.

ES WAR FÜNF Minuten nach fünf, als Anna-Maria Mella ihren roten Ford Escort vor dem Krankenhaus abstellte. Der Mann von der Wachgesellschaft ließ sie in den Durchgang, der unter dem Gebäude hindurchführte. Brummende Lüftungsrohre unter der Decke. Menschenleere Gänge. Ein abgenutzter Plastikboden und das Geräusch von Türen, die sich automatisch vor ihr öffneten. Sie begegnete einem Hausmeister, der auf einem Tretroller angesaust kam, sonst war alles still und ruhig.
    Im Obduktionssaal brannte kein Licht, im Raucherzimmer aber schlief Oberarzt Lars Pohjanen auf dem verfilzten Siebzigerjahresofa, so, wie sie gehofft hatte. Er kehrte der Tür den Rücken zu, sein Körper hob und senkte sich zu seinen mühseligen Atemzügen.
    Einige Jahre zuvor war er wegen Kehlkopfkrebs operiert worden. Seine Obduktionstechnikerin, Anna Granlund, hatte ihm immer mehr Arbeit abgenommen. Sie sägte Brustkästen auf, fischte Organe heraus, machte die notwendigen Tests, legte die Organe zurück, nähte Bäuche zu, trug Pohjanens Taschen, ging ans Telefon, ließ nur die wichtigsten Anrufe durch, eigentlich nur die von Frau Pohjanen, hielt den Obduktionssaal sauber, sorgte dafür, dass sein Operationskittel regelmäßig gewaschen wurde, und schrieb seine Berichte.
    Neben dem Sofa standen seine jämmerlich abgenutzten Holzschuhe ordentlich nebeneinander. Einst waren sie weiß gewesen. In Anna-Marias Phantasie stopfte Anna Granlund die karierte Synthetikdecke sorgfältig um den Gerichtsmediziner fest, stellte die Holzschuhe neben das Sofa, zog dem Oberarzt die Zigarette aus dem Mund und knipste das Licht aus, ehe sie nach Hause ging.
    Anna-Maria streifte die Jacke ab und setzte sich in einen zum Sofa passenden Sessel.
    Der Schmutz von dreißig Jahren und noch dazu total zugeräuchert, dachte
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