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Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg

Titel: Rebecka Martinsson 03 - Der schwarze Steg
Autoren: Åsa Larsson
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Auszug aus dem Krankenbericht, 12. September 2003, betr. Patientin Rebecka Martinsson
    Kontaktursache: Pat. wurde ins Krankenhaus von Kiruna eingeliefert, mit Gesichtsverletzungen nach Sturz und Schlag auf den Kopf. Befindet sich bei Einweisung in akutem psychotischem Zustand. Chirurgische Behandlung der Gesichtsverletzungen notwendig, weshalb Pat. in Narkose versetzt wurde. Bei Erwachen weiterhin floride psychotische Symptome vorhanden. Entscheidung zur Zwangseinweisung gemäß § 3 Gesundheitsgesetzgebung. Überführung in die psychiatrische Abteilung des St.-Görans-Krankenhauses in Stockholm, geschlossene Abteilung. Vorl. Diagnose: Psychose INA. Behandlung: Risperdal mix 8 mg/Tag sowie Sobril 50 mg/Tag.
     
    Die Zeit ist nahe.
    Sehet, er kommt mit den Wolken, und es werden ihn sehen alle Augen.
    Die Stunde ist nahe.
    Es ist die Zeit des feuerroten Pferdes. Dessen, der da kommt mit dem langen Schwert, auf dass die Menschen einander abschlachten.
    Und hier! Halten sie mich in den Armen! Sie hören nicht! Hartnäckig weigern sie sich, den Blick zum Himmel zu heben, der sich über ihnen auftut.
    Es ist die Zeit des fahlen Pferdes.
    Und er scharrt mit seinem scharfen Huf. Er tritt die Erde auf seinem Weg fort. Da geschah ein großes Erdbeben, und die Sonne wurde finster wie ein schwarzer Sack voller Haare, und der ganze Mond wurde wie Blut.
    Und ich blieb zurück. Es sind ihrer viele, die zurückgelassen wurden. Wir fallen vor unserer Reise in die Finsternis auf die Knie, und wir leeren vor Furcht unser Gedärm. Auf dem Weg zur See, die mit Feuer und Schwefel brennt, und das ist der zweite Tod. Nur wenige Minuten bleiben noch. Man packt das Erstbeste. Klammert sich an den Nächstbesten.
    Ich höre die Stimmen der sieben Donner. Endlich sind die Wörter deutlich.
    Sie sagen. Dass die Zeit. Nahe ist.
    Aber hier hört niemand zu!
     
     
    Auszug aus dem Krankenbericht, 27. September 2003, betr. Patientin Rebecka Martinsson.
    Die Patientin ist ansprechbar, antwortet auf Anrede, kann sich zu den Ereignissen äußern, die die depressive Psychose ausgelöst haben. Zeigt Symptome von Depressivität, wie Gewichtsverlust, Unlust, gestörten Nachtschlaf und frühes Erwachen. Suizidgefährdet. ECT-Behandlung wird fortgesetzt. Cipramil in Tablettenform, 40 mg/Tag.
     
    Einer der Pfleger (ich habe Pfleger, allein die Vorstellung!) heißt Johan. Oder Jonas? Johnny? Er geht mit mir spazieren. Ich darf nicht allein los. Wir gehen nicht weit. Trotzdem werde ich unvorstellbar müde. Vielleicht sieht er das, als wir zurückgehen. Er gibt vor, nichts zu merken. Redet die ganze Zeit. Das ist gut, dann muss ich nichts sagen.
    Er spricht über Muhammad Alis Titelkampf 1974 gegen George Foreman in Zaire.
    »Der hat so viel Prügel eingesteckt! Stand vor dem Seil und ließ Foreman schlagen. Foreman, also, der war übel. Wir reden hier von Schwergewicht, die meisten haben das ja vergessen, aber die Leute haben sich vor diesem Kampf wirklich Sorgen um Ali gemacht. Dachten, Foreman würde ihn vielleicht umbringen. Und dann stand Ali einfach da wie ein verdammter … Fels! Und steckte sieben Runden lang Prügel ein. Hat Foreman psychisch total fertig gemacht. In der siebten Runde beugte er sich zu Foreman vor und flüsterte ihm ins Ohr: ›Is that all you got, George?‹ Und das war es auch. Danach, in der achten, konnte Foreman sich kaum noch verteidigen, und dann kam diese Öffnung. Ali, einfach: tschum!« (Seine rechte Hand jagt als Haken durch die Luft.) »Foreman kippt um wie ein gefällter Baum. Prrrakasch!«
    Ich gehe schweigend weiter. Registriere, dass es bei den Bäumen jetzt nach Herbst riecht. Er dagegen redet. Rumble in the Jungle. I am the greatest. Thrilla in Manilla.
    Oder er redet über den Zweiten Weltkrieg (darf er das eigentlich, frage ich mich in Gedanken, bin ich denn nicht empfindlich, zerbrechlich sozusagen, was würde der Oberarzt dazu sagen?).
    »Die Japaner, das sind echte Krieger. Verstehst du, wenn den Kampfflugzeugen mitten über dem Pazifik der Treibstoff ausging. Wenn ein amerikanischer Flugzeugträger in Reichweite war, haben sie sich einfach drauffallen lassen. Peng. Oder sie haben auf dem Meer eine elegante Bauchlandung hingelegt, nur um zu zeigen, was sie für unglaublich fähige Flieger waren. Danach, wenn sie überlebt hatten, sprangen sie ins Wasser und töteten sich mit dem Schwert. Sie fielen dem Feind nicht lebend in die Hände. Das war auch bei den Kämpfen bei Guadalcanal so. Sie sprangen wie Lemminge
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