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Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Raven - Schattenreiter (6 Romane)

Titel: Raven - Schattenreiter (6 Romane)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zu glauben, den dir dieser Verrückte erzählt hat?«, fragte sie.
    »Keineswegs!« Raven schüttelte den Kopf und ließ das Buch in der Reisetasche verschwinden. »Ich denke, ich beschäftige mich vielleicht ein wenig damit, um mir die Zeit zu vertreiben. Außerdem ...«
    Der Ausdruck in Janice' Augen wurde lauernd. »Außerdem?«
    »Außerdem muss ich immer wieder an das Kunststück mit der Münze denken, das er mir vorgeführt hat.« Er lächelte. »Wäre doch nicht schlecht, wenn ich das auch könnte, oder?«
    »Sicher«, antwortete Janice böse. »Und wenn das auch nicht hinhaut, kannst du immer noch Voodoo-Priester werden.« Sie griff nach der Tasche, nahm sie mit einem Ruck vom Boden auf und ging zur Tür. »Komm jetzt! Ich fahre dich hin.«
    Sie waren bis lange nach Mitternacht in der Bar geblieben. Jeffrey hatte direkt dabei zusehen können, wie Carol an seiner Seite aufblühte; die teure, mondäne Umgebung, die sonst für Menschen aus ihrer Klasse immer nur ein Traum bleiben musste, schien wie ein berauschendes Getränk oder eine Droge auf sie zu wirken. Sie lebte regelrecht auf, wurde fröhlich, offener und - auf eine seltsame, faszinierende Art - natürlicher.
    Wahrscheinlich, dachte Jeffrey, fühlte sie sich jetzt wie das Bettelmädchen im Märchen, das einen Prinzen getroffen hat. Seltsamerweise begann er selbst sich mit jeder Minute unwohler zu fühlen; er kam sich schmutzig und gemein dabei vor, als er daran dachte, dass er Carol nur aus einem einzigen Grund mitgenommen hatte, und der Gedanke, dieses naive Wesen kaltblütig zu ermorden, bereitete ihm Übelkeit.
    Schließlich, als sich die Zeiger der Uhr auf eins zubewegten, rief er ein Taxi und fuhr mit Carol zu sich nach Hause. Sie zeigte keine Spur von Überraschung, als der Wagen vor dem modernen Apartmentgebäude anhielt und Jeffrey sie aufforderte auszusteigen. Nur in ihren Blick trat eine winzige Spur von Traurigkeit.
    »Du wohnst hier?«, fragte sie, als der Wagen abgefahren war und sie langsam auf das gläserne Portal zugingen. Es war kalt. Ein schneidender Wind ließ sie frösteln, und von Westen her trieb Schneeregen über die Stadt. Trotzdem schien sie in ihrem dünnen, ärmellosen Kleid nicht zu frieren.
    Er nickte, hielt ihr die Tür auf und schloss hinter ihnen wieder sorgfältig ab. Die weitläufige Eingangshalle lag im Dunkeln, und nur die beiden grünen Kontrollleuchten über den Liftkabinen verbreiteten unsichere Helligkeit. »Gefällt es dir?«
    »Ja. Man - man sieht nur nicht viel.«
    Jeffrey lächelte, drückte den Rufknopf des Lifts und zündete sich eine neue Zigarette an. »Mein Apartment wird dir gefallen«, sagte er. »Dort gibt es Licht.«
    »Und ein Schlafzimmer, vermute ich«, sagte Carol. Ihre Stimme klang kalt, die Wärme, die sie den ganzen Abend über ausgestrahlt hatte, war verflogen.
    Der Lift kam, und sie betraten die Kabine.
    »Ich schlafe normalerweise nicht in der Badewanne, wenn es das ist, was du wissen willst. Aber keine Angst - ich will nichts von dir.«
    Sie zog die Augenbrauen zusammen.
    Jeffrey lächelte. »Ich weiß, was du denkst. Du glaubst, ich habe meinen Spaß gehabt, und jetzt kommt die Rechnung, stimmt's?«
    Sie nickte zögernd. »So ungefähr.«
    »Sehe ich aus wie ein Casanova?«
    Sie antwortete nicht, aber der Ausdruck in ihrem Gesicht sagte ihm, dass er ins Schwarze getroffen hatte.
    Der Lift hielt mit sanftem Ruck an, und sie stiegen aus.
    Carols Augen rundeten sich vor Überraschung, als sie in die Diele traten. Bei ihrer Ankunft flammte automatisch die indirekte Beleuchtung auf, und während die Liftkabine hinter ihnen wieder in die Tiefe glitt, eilte Jeffrey voraus und schaltete im angrenzenden Wohnzimmer Licht ein.
    »So etwas«, sagte Carol fassungslos. »habe ich noch nie gesehen. Ein Lift direkt in die Wohnung.«
    Jeffrey lächelte flüchtig. »Das ist das Penthouse, Liebes. Und außer mir und meinen Besuchern bringt diese Kabine keinen herauf. Da ist sie sehr eigen.« Er lächelte flüchtig über seinen eigenen Scherz und führte sie ins Wohnzimmer. »Möchtest du noch etwas trinken?«
    Aber Carol antwortete nicht. Ihr Blick tastete fasziniert über die kostbare Einrichtung, die antiken Teppiche und die wertvollen Gemälde, die die Wände des Zimmers schmückten. Schließlich trat sie mit zögernden Schritten an das deckenhohe Fenster an der Südseite und sah auf die Stadt hinunter.
    Jeffrey trat hinter sie. »London bei Nacht«, sagte er leise. »Ein faszinierender Anblick, nicht
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