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Raumkapitän Sun Tarin

Raumkapitän Sun Tarin

Titel: Raumkapitän Sun Tarin
Autoren: Alfred Bekker
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Lehren der Ketzer verbreitet?
    ANTWORT: Nein, das nicht. Aber ohne dies offen zu sagen, hat er die Ketzer zweifellos ermutigt.
    FRAGE: Gibt es dazu Einzelheiten?
    ANTWORT: Ja, die gibt es!
    FRAGE: Dann fahre bitte fort!
    Der Rest der Aufzeichnung wurde zusammen mit anderen Datenbeständen der Tugendwächter-Organisation kurz nach der Machtübernahme des Predigers Satren-Nor gelöscht.
     
     
    Aus einer illegal durchgeführten Aufzeichnung im Amtssitz des Mar-Tanjaj, die nur als Fragment vorhanden ist. Sie wurde kurz nach der Machtübernahme durch den Prediger Satren-Nor gelöscht und konnte nur unvollständig rekonstruiert werden
     
    MAR-TANJAJ: Was tun wir mit jemandem, der ein Kriegsheld ist und vom Raisa öffentlich geehrt werden soll – aber absurderweise unter Glaubensschwäche leidet?
    ZWEITE PERSON: Er ist auf jeden Fall ein schlechtes Vorbild. Und da wir im Moment so große Probleme mit den Ketzern haben …
    MAR-TANJAJ: Nun wollen wir mal nicht übertreiben. Die Ketzer haben mehr Probleme untereinander, als dass sie eine reale Gefahr darstellen würden!
    ZWEITE PERSON: Es ist dir sicher bewusst, ehrenvoller Mar-Tanjaj, dass ein Interregnum bevorsteht.
    MAR-TANJAJ: Das ist es. Und für gewöhnlich erstarken dann die Ketzerbewegungen. Das zeigt die Geschichte. Die Gnade Gottes hat unseren Raisa länger leben lassen, als es der normalen Lebenspanne eines Kridan entspricht. Aber es wird zweifellos der Tag kommen, der auch für ihn der letzte sein wird …
    ZWEITE PERSON: Denn siehe, der Raisa, den ich euch gesandt habe, ist sterblich wie alle Schnabelträger …
    MAR-TANJAJ: So steht es in der Schrift.
    ZWEITE PERSON: Schick ihn auf eine riskante Mission, bei der er seine Glaubensstärke unter Beweis stellen kann. Eine Mission, die eine Ehre ist und von der er nicht zurückkehrt. Das wird das Problem lösen.
     
     
    Aus den Aufzeichnungen von Sun-Tarin (dem Enkel)
     
    Der greise Stellvertreter Gottes saß auf seinem Thron. Ein Antigravfeld hielt ihn aufrecht in seiner Position, und dennoch schien diese Audienz ihn über die Maßen anzustrengen. Er schien mir in diesem Augenblick das bedauernswerteste Geschöpf zu sein, das man sich nur denken konnte. Aber ihm war es nicht vergönnt, friedlich nach diesem überlangen Leben die Augen zu schließen.
    Er musste leben.
    Nicht um seiner Selbst willen, sondern der Idee wegen, die er symbolisierte. Um des Glaubens willen.
    Insgesamt zwei Dutzend verdiente Krieger wurden geehrt, und ich war einer von ihnen.
    Der Raisa sprach nicht selbst. Dazu war er anscheinend nicht mehr in der Lage.
    Die grauen Augen wirkten wässrig und matt. Sie schienen durch die Anwesenden hindurchzublicken, so als würden sie gar nicht existieren.
    Seine Seele war offenbar dem Herrn bereits näher, als es sein Körper war.
    Die konkreten Entscheidungen, die für die Regierung des Imperiums unverzichtbar waren, trafen längst andere. Das war ein offenes Geheimnis, aber es höhlte keineswegs den tief empfundenen Respekt aus, den jeder Kridan vor dem Stellvertreter Gottes im Universum empfand.
    Jede Regung, jede kleinste, unter Mühen vollführte Bewegung, jeder Blick, in dem der Raisa wie unter enormer Anstrengung sein Bewusstsein aus den Sphären des Jenseits zurückzuholen schien, um noch einmal im Hier und Jetzt für die Gläubigen da zu sein – das alles schien wie ein Sinnbild für Anstrengungen zu sein, die jeder Gläubige auf sich zu nehmen hatte, wenn er tatsächlich Gott folgen, sich als Angehöriger von Gottes auserwähltem Volk würdig erweisen wollte.
    Die Göttliche Ordnung wird durch Schweiß { * } und Blut errichtet. Der Raisa machte dies allein durch seine Existenz deutlich.
    Ohne Worte.
    Nur dadurch, dass er dasaß, die Ausrichtung der herabgesunkenen Schnabelspitze ein paar Grad noch oben veränderte und einen unbedeutenden Tanjaj wie mich ansah.
    Ich gebe gerne zu, dass es nur wenige Augenblicke in meinem Leben gegeben hat, in denen ich tiefer ergriffen und emotional bewegter war als in jenem Moment, da ich den Verdienststein bekam.
    Einen Stein, der aus dem Heiligen Gebirge stammte.
    Einen Stein, wie ihn der Erste Raisa benutzt hatte, als er damit seinen Eibruder erschlug, der an Gott gezweifelt und ihm den Gehorsam versagt hatte.
    Die Gravur war schlicht.
    Ein Kreis und eine Ellipse, die sich berührten – die Sphäre des stofflichen Universums und die Sphäre Gottes. Das war das Zeichen des Raisa.
    Der Raisa öffnete leicht den Schnabel. Dafür schlossen sich seine
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