Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rau ist die See ...

Rau ist die See ...

Titel: Rau ist die See ...
Autoren: S Hogan
Vom Netzwerk:
sich zufrieden um. Die Kabine würde für die nächsten Monate ihr Zuhause sein. Schon jetzt fühlte sie sich hier wohl. Nur die Matratze hatte sie noch nicht ausprobiert.
    Kurz streckte Jade sich auf ihrer Koje aus. Der Schaumstoff war nicht zu fest und nicht zu weich, genau richtig. Dann werde ich bestimmt gut schlafen, dachte sie und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Da stieß sie mit dem Ellenbogen gegen etwas Hartes.
    Als sie sich auf die Seite gedreht hatte, um nachzusehen, tastete sie in den Spalt zwischen der Matratze und der hölzernen Kojenfassung – und entdeckte eine kompakte Videokamera. Verblüfft zog Jade das Minigerät hervor und betrachtete es. Sie war keine Technikexpertin, aber offenbar war die Kamera neu und alles andere als billig gewesen.
    Jade brauchte ein paar Minuten, um sich mit den Funktionen vertraut zu machen. Vor allem wollte sie wissen, ob die Kamera schon benutzt worden war. Endlich gelang es ihr, auf den Speicher zuzugreifen. Ohne zu zögern, drückte sie auf Wiedergabe und sah gespannt auf das Display.
    Dort erschien das Gesicht einer ihr völlig unbekannten jungen Frau. Gleich darauf ertönte auch die Stimme.
    „Hallo. Ich bin Ann Brockwell. Und das hier ist mein Videotagebuch.“

2. KAPITEL
    Jade fühlte sich mies. Sie hatte das Videotagebuch ihrer Vorgängerin wieder versteckt. Und jetzt kam es ihr so vor, als würden alle Menschen sie anstarren.
    Eigentlich wäre es ihre Pflicht gewesen, die Kamera sofort beim Kapitän abzugeben. Und genau das hatte Jade nicht getan. Um sich von dem schlechten Gewissen abzulenken, hatte sie sich fieberhaft auf ihre Arbeit gestürzt. Sie hatte schnell einen Flyer entworfen, auf dem sie ihr Power-Workout für Frauen anpries. Damit sich möglichst viele Passagierinnen dafür begeisterten, hängte sie Kopien des Flyers an alle schwarzen Bretter der MS Kyrene.
    Währenddessen grübelte sie weiter über sich selbst nach.
    Es gab einen Grund, aus dem sie das Videotagebuch vor den Augen der Welt verbarg. Jade wollte ihren tollen Job nicht sofort wieder verlieren. Sie hatte Angst davor, dass Ann Brockwell plötzlich wieder an Bord kam, als ob nichts gewesen wäre. Sicher, Granger war sauer auf Ann. Aber würde er sie deshalb wirklich nicht zurücknehmen? Henry hatte erzählt, dass Anns Eltern reich waren. Mit solchen Leuten legte sich niemand gern an, auch kein Kapitän eines Kreuzfahrtschiffs. Wenn es hart auf hart kam, würde er Mittel und Wege finden, um Jade wieder nach London zurückzuschicken.
    Andererseits … Wenn aus dem Tagebuch hervorging, dass Ann sich nur ein paar schöne und stressfreie Tage in Oslo machen wollte? Jade hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich das Videotagebuch anzuschauen. Schließlich sollte sie ab dem nächsten Morgen Kurse geben. Und sie konnte sich kein Versagen leisten, sondern musste ab dem ersten Tag volle Leistung bringen.
    Am Abend sollte die MS Kyrene wieder in See stechen, wie Jade inzwischen mitbekommen hatte. Sobald der Luxusliner abgelegt hatte, wollte Jade sich genauer mit der Sache beschäftigen. Dann hatte sie immer noch die Gelegenheit, mit der Kamera zum Kapitän zu gehen. Letztendlich konnte es ja sein, dass sie das Gerät erst viel später gefunden hatte. Die Wahrheit kannte nur sie allein.
    Aber – wenn nun Anns Leben in Gefahr war? Vielleicht zählte jede Minute. Möglicherweise bekam Ann keine Hilfe, nur weil Jade ihren Job behalten wollte. Allein die Vorstellung machte Jade völlig fertig. Und dennoch konnte sie nicht aus ihrer Haut.
    „Hey, träumst du?!“
    Jade zuckte zusammen. Sie war durch das Pacific Bistro auf der Backbordseite geeilt und hatte gar nicht bemerkt, dass Henry ihr entgegengekommen war. Für einen Moment dachte sie darüber nach, sich ihm anzuvertrauen. Aber dann entschied sie sich dagegen. Sie kannte Henry einfach noch nicht gut genug.
    „Nein, alles gut“, murmelte sie. „Ich finde mich wirklich noch nicht auf diesem Schiff zurecht. Ich habe so die vage Idee im Hinterkopf, mich heute Abend mit einem Tanzwettbewerb als Animateurin einzuführen. Aber dafür brauche ich Hilfe, schätze ich.“
    Henry lächelte gewinnend. „Die sollst du bekommen. Wie es der Zufall will, hätte ich Zeit, um dich zu unterstützen. Ich schlage vor, deinen Contest im Spotlight zu starten. Das ist die größere von unseren beiden Bord-Discos.“
    „Ja, tolle Idee. Eine Jury brauchen wir natürlich auch. Die werden wir aus Passagieren zusammenstellen, das ist dann noch ein zusätzlicher
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher