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Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
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kahl.
    Zwei braune G esichter tauchten undeutlich hinter einem staubigen Fenster auf, das die üppig geschnitzte Haupttür flankierte und verschwanden dann aus dem Blickfeld. Lysistrata hörte ein leises Kichern, als sie die Veranda überquerten. Als ihr Führer die Tür aufhielt, waren es in Wirklichkeit drei Gesichter, drei Frauen, die bis auf unterschiedliche vielfarbige Druckmuster in ihren langen Röcken identisch gekleidet waren. Die Älteste war vielleicht Anfang vierzig, hatte ein ebenmäßiges, schönes Gesicht und intelligente Augen. Sie hatte fast Lysistratas Größe, was für eine Birmanin extrem groß war. Die Mittlere war eine liebliche Sylphe mit langwimperigen Mandelaugen, die sie verschwenderisch benutzte, selbst bei Dr. Herriott, wie Lysistrata überrascht bemerkte, der ihr ein beunruhigend wohlwollendes Lächeln schenkte. Die Jüngste war etwa sechs. Trotz ihres engen Rocks machte sie einen hübschen englischen Knicks und zauberte ein perfektes Lächeln auf ihr zauberhaftes Gesicht, und ihre riesigen, fast haselnußbraunen Augen stellten die ihrer älteren Schwester noch in den Schatten. Sterne gelben Jasmins krönten ihren schmalen, kleinen Kopf.
    Der alte Mann begann mit vielen Lächeln und Gesten zu den drei Frauen auf Birmanisch zu plappern. Die drei warteten geduldig, bis er aufgehört hatte. Dann sagte die Große mit einer anmutigen Handbewegung in gekünsteltem Englisch: »Mein Schwiegervater, U Pho, entbietet Ihnen Willkommen und möchte, daß wir uns vorstellen. Ich bin Ma Saw. Dies sind meine Töchter, Sein«, Augenlider schlugen, »und San-hla.« Die Kleine lächelte abwesend, ihre Augen auf Dr. Herriotts üppigen Schnurrbart und den Backenbart gerichtet. Der alte Mann unterbrach ihren forschenden Blick mit einem schnellen, heftigen Satz und Ma Saw begann wieder. »Mein Schwiegervater ist... Buttle von diesem Haus seit fünf Jahren«, die entsprechende Anzahl von Fingern hochhaltend, ignorierte sie, daß der alte Mann hartnäckig sieben Finger zeigte, »unter altem Master und ein viel guter Mann.
    Ich bin Haushälterin, Sein ist Dienstmädchen und San-hla Hilfe in Küche und Garten. Sein spricht Englisch etwas, Französisch viel von Schwestern von Sankt Martin. Sie sehr klug, lernt schnell.« Anscheinend Lysistratas Gedanken hinsichtlich der Verfügbarkeit ihrer geschmeidigen Tochter für Dr. Herriotts lesend, fügte sie ruhig hinzu: »U Pho wohnt in Gartenhaus, Sein und San-hla wohnen mit mir in eigenem Haus an Green Orchid Straße.« Dann zwiespältig: »Sie brauchen nachts, geben Bescheid.«
    »Wir werden Sie bestimmt nicht stören müssen«, erwiderte Lysistrata entschlossen, die Augen zusammengekniffen auf Sein gerichtet, deren Lippen sich weiterhin schmelzend wölbten. Lysistrata bemerkte, daß Ma Saws Blick fast unmerklich wie abschätzend von ihrem Vater zu ihr glitten.
    Der Doktor warf seiner Tochter ein seltsames Lächeln zu, während er seinerseits die Vorstellung der Herriotts auf eine höfliche Weise beendete, die die Grobheit seiner Tochter milderte. »Dies scheint ein sehr schönes Haus zu sein«, bemerkte er freundlich, wobei seine geübte Nase einen starken Karbolgeruch wahrnahm. Selbst die Wände schienen mit dem Zeug gestrichen zu sein. Auch Lysistrata bemerkte das, ebenso, daß der lange Raum, in dem sie standen, wahrscheinlich das Empfangszimmer, unmöbliert war. Die Läden im Osten und Westen waren geschlossen, doch die nackten Teakböden waren unnatürlich durch Wasserflecken gebleicht, in denen sich das Sonnenlicht durch die wenigen geöffneten Fenster fing. Waren auch die Böden mit Karbol geschrubbt worden?
    Ma Saw neigte ihren Kopf, als sie Dr. Herriott antwortete. »Ja, sehr schön. Gehören Kaufmann, Ho Lung Chi. Hat birmesische Mutter, chinesischen Vater. Er sterben Cholera.«
    Das erklärte das Karbol.
    »Sie möchten sehen Haus?« fragte Ma Saw.
    »Ja, aber wir möchten zuerst baden«, erwiderte Lysistrata kurz, »und in einer Stunde essen.«
    Ma Saw warf ihr einen flüchtigen Blick zu und sagte dann etwas zu ihrem Schwiegervater. Er nickte, grinste, verbeugte sich vor den Herriotts und schwankte dann über einen schattigen Korridor davon, der zur Rückseite des Hauses führte. Ma Saws Töchter warteten, ihre Blicke erwartungsvoll auf Lysistrata gerichtet, doch als diese zur Treppe schritt, zuckten sie die Schultern und drehten sich statt dessen wie zwei aufmerksame Kakadus um und beobachteten, wie Dr. Herriott nach draußen ging, um das Gepäck zu
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