Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
Vom Netzwerk:
ich an Bord nicht gegessen haben und ich tagsüber nicht im Bett zu liegen pflege, würde ich den Imbiß gern so schnell wie möglich einnehmen.« Dann fügte sie etwas beunruhigt hinzu, da sie ausgehungert war: »Im Haus ist doch Essen?«
    »O ja«, erwiderte Ma Saw. »Viel Frucht, Ngapi, viel Reis und Curry.« Daraufhin wartete sie, rechnete offensichtlich damit, den Auftrag zu bekommen, zum Markt zu gehen und für westlichen Geschmack einzukaufen. Doch der kam nicht.
    Lysistrata seufzte innerlich. Sie und ihr Vater waren nicht nur außerstande, Diener zu bezahlen, sie konnten sie auch nicht beköstigen. Und sie hatte nicht die Absicht Geflügel und Fisch zu speisen, die sie sich nicht leisten konnte. »Curry Reis, Ngapi und Frucht klingt köstlich«, erwiderte sie und hoffte, daß Ngapi nicht irgendein feuchtkalter Tintenfisch war. Dann kam ihr ein anderer unerfreulicher Gedanke. »Wir werden doch nicht euer Abendessen zu uns nehmen?«
    »Nein, gehört zum Haus.« In Ma Saws Erwiderung klang ein neuer Ton von Freundlichkeit mit, ebenso eine gewisse Belustigung.
    Lysistrata ärgerte sich, weil sie ihre Besorgnis gezeigt hatte, denn die Frau hatte sie nur zu gut verstanden.
    Ma Saw schien ihr Unbehagen zu spüren. »Ich sehe, daß alles vorbereitet ist.« Sie verschwand.
    Lysistrata ging in dem Raum herum und genoß den herrlichen Ausblick. Nach einer Weile fiel ihr ein, daß U Pho mit dem Badewasser überaus lange brauchte. Er würde es doch bei dieser Temperatur nicht erhitzen? Wie als Antwort auf ihre Überlegung kam der alte Birmane mit einem Tonkrug, der vielleicht fünf Liter Wasser faßte. Er goß es mit Schwung in die Wanne. Einen Augenblick musterte er den Film von
    Staub und verstreuten Insekten, die an die Oberfläche des drei Zentimeter tiefen Wassers stiegen, sagte etwas leutselig auf Birmanisch und zuckelte dann wieder hinaus.
    Nachdem eine halbe Stunde vergangen war, begann Lysistrata zu kochen. Sie ging auf die Veranda hinaus und starrte auf die Zisterne hinab, an der U Pho verträumt einem Schmetterling zuschaute, der an Jasminsträuchern spielte. Eine riesige weiße Zigarre steckte in seinem Mund. »U Pho!« schrie sie. Er blickte verdutzt auf. »Mehr Wasser, bitte!« Ihre Stimme wurde etwas höher, als sie zwei Finger auf ihn richtete. »Bring diesmal zwei Krüge mit!« Er nickte friedlich und tauchte den Krug ein. Als er im Türeingang erschien, wiederum nur ein Gefäß tragend, hielt ihm Lysistrata ihre Finger unter die Nase. »Zwei, zwei! Bei dem Tempo bin ich ja grau, bis genügend Wasser da ist, um meine Knie zu bedecken.« Der Hinweis auf intime Körperteile bewirkte nach U Phos süßem, verständnislosem Lächeln zu urteilen, nichts. Er hielt ihr mit geneigtem Kopf den Topf hin. Müde nahm sie ihn und winkte ihn hinaus.
    Da Lysistrata sich nicht sicher war, ob U Pho sie recht verstanden hatte, verschloß sie die Tür, bevor sie sich entkleidete. Der in dem staubigen Spiegel reflektierte geschmeidige Körper hätte Harry Armistead überrascht. Sie schöpfte mit einem Banjanblatt von der ungefegten Veranda das unerwünschte Getier von ihrem spärlichen Wasservorrat. Nachdem sie den Krug in die Wanne gestellt hatte, trat sie auf die Kacheln und bespritzte sich, spülte dann ihr Haar. Wenngleich es nicht das köstliche Durchtränken war, nachdem sie sich gesehnt hatte, so war es doch erfrischend.
    Widerwillig betrachtete sie ihr schweißdurchtränktes Kleid; dann tauchte sie es mit einem gemurmelten Kraftausdruck in die Wanne. Nachdem sie die triefende Masse fast trocken gewrungen hatte, zog sie es an, strich die gröbsten Falten mit ihren Händen aus und fuhr mit den Fingern durch ihre Haarsträhnen, bevor sie sie wieder zu dem üblichen Knoten aufsteckte. Als sie das Zimmer verlassen wollte, fand sie ihren Handkoffer neben der Tür, den Überseekoffer auf dem Treppenabsatz.
    Ihr Vater begrüßte sie unten. Er bemerkte ihren Blick auf die kleine Whiskeyflasche, die er an die Lippen gehoben hatte. »Runter damit, Mädchen. Ich muß meine Kehle befeuchten. Dieser Koffer sieht nicht nur wie ein totes Rhinozeros aus, er ist auch so schwer.«
    Sie runzelte die Stirn. »Sicher hätte U Pho dir dabei helfen können.«
    »Damit er mit Herzversagen tot umfällt?« Er nahm noch einen Schluck und schlug den Korken wieder in die Flasche.
    »Du bist sicher der Meinung, daß dir das nicht passieren könnte?« Sie senkte ihre Stimme. »Papa, ich glaube nicht, daß U Pho von großem Nutzen sein wird. Wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher