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Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
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bald, daß obwohl einige Männer und
    Kinder im Lendenschurz herumliefen, die meisten Männer wie die Frauen gekleidet waren. Zum Glück hatten jedoch nicht alle ihre Gesichter mit Farbe beschmiert. Lysistrata war fasziniert, da sie nach dem tristen Boston die Farbenfreude der Birmanen, ihre fröhlichen Blumen und Fächer wundervoll anziehend fand. Sie wagte ein vorsichtiges Lächeln, als eine rosagekleidete Frau mit einem gelben Regenschirm an ihnen vorbeiging. Zu ihrer freudigen Überraschung ließ die Frau eine Reihe betelverfärbter Zähne blitzen und hockte sich zu einem höflichen Shikkoh hin, wobei sie die Hände aneinandergepreßt vors Gesicht hielt. Lysistrata knickste; ihr Vater verbeugte sich und hob kurz den Hut. Ein kleiner Kopf lugte hinter dem Rock der Frau vor und ein dreijähriger Junge ließ ebenfalls seine Zähne blitzen. Als der Treck wieder zu dem geduldig wartenden Kutscher aufschloß, atmete Lysistrata erleichtert aus. Die Einheimischen waren freundlich.
    Das Haus an der Loo Gow Straße erwies sich als weit besser und viel schlechter, als Lysistrata erwartet hatte. Der Bezirk war ein von wohlhabenden Chinesen bewohnter Stadtteil, der mit Tempeln, scharlachrot geschmückten Pfandhäusern und kunstvollen Häusern mit latemengeschmückten Dachgesimsen durchsetzt war. Als sie das blaßrosa gedeckte Dach ihres Wohnturmes über der hohen, palmengesäumten Wand aufragen sah, fragte sich Lysistrata, wie Dr. Lighter auf den Gedanken gekommen sein mochte, daß sie soviel Wohnraum benötigten. Dennoch war sie beeindruckt.
    Dr. Herriott pochte an das prächtig geschnitzte Teaktor, und sie warteten. Das einzig vernehmbare Geräusch war das trockene Rascheln von Palmwedeln. Verblüfft starrten sie auf das üppige Relief von Pfauen, Teufeln und gnomenhaften Nats, die das Tor bedeckten. Farbige Glasaugen glotzten zurück. Schließlich beugte sich ihr Kutscher auf seinem Sitz vor, schlug mit seinem Bambusstock ein paarmal laut gegen das Tor und rief etwas auf Birmanisch. Wieder warteten sie. Lysistrata war danach, eine der Palmen zu erklimmen und die Mauerkrone zu stürmen, so sehr sehnte sie sich nach einem kühlen Bad. Schweiß klebte ihre Kleidung wie Papiermache an ihren Leib. Sie wischte sich nasses Haar aus den Augen und blinzelte mit gewisser Ängstlichkeit in die Sonne. Wenn die Adresse nicht stimmte, würden sie zu Fuß zum Krankenhaus weitergehen müssen, da sie sich nur den Karren für das Gepäck hatten leisten können. Sie begann zu rechnen, wieviele weitere kostbare Münzen nötig seien, um die Fahrt zum Krankenhaus zu bezahlen und von dort nach - wer weiß wohin.
    Sie hätte wissen müssen, daß dieses imposante Haus nie der Wohnsitz eines gewöhnlichen Arztes sein könnte. Zudem würde diese Hitze ihrem Vater nicht guttun. Er war nicht mehr der Jüngste. »Hier ist niemand, Papa.« Sie seufzte. »Wir hätten besser...«
    »Warte.« Er hob eine Hand. »Ich glaube, ich höre jemand kommen.« Augenblicke später hörte auch sie langsame Schritte. Ein Guckloch öffnete sich, wurde dann wieder geschlossen. Ein schwerer Riegel glitt innen über das Tor. Dann schwang das Tor zurück und ein Haarknoten stieß in ihre Richtung.
    »Willkommen, Tuan Doktor! Willkommen Ma ... Herrot!« Der Haarknoten gehörte einem verhutzelten kleinen Mann, dessen breites Grinsen durch Betelnuß und mehrere Zahnlücken nur leicht gedämpft wurde. Seine weiße Jacke war makellos rein. Dies war, wie Lysistrata bald feststellen sollte, während der Mann sie über einen breiten Kiespfad führte, auch wirklich das einzige im Haus, was gut gereinigt war. Das Haus war so groß wie es wirkte, ein zweistöckiger Bungalow mit einer breiten, doppelstöckigen Veranda aus Teakbalken, die es umrahmte. Der Weg führte vielleicht fünfzehn Meter weit zu flachen Stufen, die vor der Haupttür an der Veranda endeten. Lange verglaste Fenster und girlandengeschmückte Jalousietüren mit verwahrlosten roten Joss- Papieren, die Glück bringen sollten, reihten sich über beide Etagen des Hauses. Das Haus war eine seltsame Mischung aus Ost und West und hätte komfortabel ausgesehen, wenn seine Tünche nicht genau wie die der umstehenden Gartenmauern durch Vogelkot grau geworden wäre. Der Garten war verwildert, und eine Fülle von Palmen, Padouk und Tamarinden drängte sich aus einem Durcheinander von Bougainvillea, Ranken und spanischem Bayonett. Der Boden, früher grasbewachsen , war jetzt bis auf Dickichte von Unkraut und jungen Kakteen
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