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Rangun

Rangun

Titel: Rangun
Autoren: Christine Monson
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Dörfer und bescheidenen Pagoden vor Rangun beschützten. Dann hob sich hinter Puzudong, wo die Dämmerung die Hügel erbleichen ließ, die prächtige Kuppel der großen Shwe Dagon Pagode, deren goldene Stufen im Sonnenaufgang flammten. »Sie scheint die Erde nicht zu berühren«, flüsterte Lysistrata.
    Sie und Harry waren noch von der Shwe Dagon gefesselt, als sie die Hastings Sandbank umrundeten und ein schlanker, schnittiger Schoner an ihnen vorbei auslief. Mit strahlenden Augen beobachtete ihn Lysistrata aufmerksam. Für jemanden aus Boston gab es kein ungewöhnliches Schiff, aber dieses mit seinen schneeweißen Bordwänden war eine Abwechslung zu den Einbaumkatamaranen und den chinesischen Reisbooten, die auf der Flußmündung kreuzten. Wie ein Himalayafalke schien es der Freiheit zuzustreben. Der Name Rani blitzte am Heck des Schoners, schwand dann aber im zunehmenden Glitzern des Morgenlichtes auf dem Fluß.
    Die Mayfield näherte sich der Stadt Rangun. Der Bug des Schiffes ragte über treibenden, bizarren kleinen Galeonen auf, die von Birmanen gesteuert wurden. Unbeeindruckt von Wegerecht fordernden Dampfsirenen und gewichtigen Teakflößen, die der Hafeneinfahrt zustrebten, huschten Sampans mit hennaroten Segeln, Reisskiffa und spinngeriggte Katamarane durch das schäumende Wasser. Die Mayfield. dampfte unter den Kanonen der Monkey Point Battery in den Hafen, verlangsamte dann die Fahrt und glitt durch Reihen hoch im Wasser liegender, frachtloser Schiffe der British East India Company, Bibby, und anderer internationaler Linien, die die meisten Liegeplätze füllten. Dahinter dehnte sich unter wolkenlosem Himmel die Stadt Rangun wie schmutzige Wäsche über die graubraunen und khakifarbenen Hügel unterhalb Shwe Dagons. Längs dem Hafen war ein Durcheinander von Reedereibüros, Krämern, Mühlen und Anlegeplätzen, an denen sich bis auf ein paar Stapel Teakholz keine Fracht befand. Im Schatten des Teakholzes dösten träge Kulis.
    Die Dallah-Seite des Hafens war von einem Schleier aus Ruß und Sägemehl überzogen, der das Wasser trübte. Tamilische und singhalesische Mahouts saßen mit der Ruhe von Blutegeln auf den großen, grauen Nacken schlammbedeckter Elefanten, die durch den seichten Schaum wateten, um Teakstämme aus den im Wasser liegenden Flößen zu ziehen. Im Wasser spiegelten sich rostige Wellblechlagerhäuser, deren Dächer die frühe Sonne spiegelten und den fernen Monsunen zu telegrafieren schienen, sie sollten ihre leeren Hüllen mit Zuckerrohr, Reis und Früchten zum Verschiffen füllen.
    »Nach einem kräftigen Regen geht es hier lebhafter zu«, tröstete Harry Lysistrata, sah dann aber, daß er sich darum nicht hätte zu kümmern brauchen: Sie nahm seine Anwesenheit kaum zur Kenntnis, da sie zuschaute, wie die Anker der Mayfield geworfen wurden. Die Decks bevölkerten sich, als Diener herumeilten, beladen mit dem Gepäck ihrer Herren. Das Zollboot kam längsseits. Der Hafenmeister, Zollinspektoren und der Gesundheitsbeamte stiegen an Bord, um vom Kapitän, dem Schiffsarzt und Dr. Herriott begrüßt zu werden. Letzteren hatte man um Hilfe für die Bescheinigung des Gesundheitszustandes der Passagiere gebeten, vor allem hinsichtlich Gelbfieber.
    Lysistrata lehnte sich an die Reling. »Sehen Sie nur, da kommt noch jemand, um uns zu begrüßen.« Zwei schlanke, palmwedelüberdachte Kanus, beide mit Ruderern in Bug und Heck, lösten sich von einer Mole. Die Heckruder blitzten und schnitten dann in die trübe Oberfläche des Flusses. Sie kamen näher, wobei ihre Mannschaften miteinander in scheußlichem Englisch um das Privileg wetteiferten, Melonen, Vogelkäfige, mit Raffiabast umwickelte Tonwaren, geschnitzte Bretter und anderes, einschließlich einem Affen auf der Schulter eines Mannes zu verkaufen. Von den Passagieren, die mit dem Zoll beschäftigt waren, wurden sie überwiegend ignoriert. Als Harry lachend ihre Waren ablehnte, grinsten sie, zuckten gelassen die Schultern und begannen dann, sich darauf vorzubereiten, zu ihrem Ausgangspunkt zurückzurudern. »Wartet!« rief Lysistrata. »Ihr könnt mich an Land bringen!«
    Ein entsetztes Keuchen entfuhr einer New Yorker Matrone hinter ihnen, als Lysistrata zur Steuerbordseite gegenüber dem Zollboot schoß.
    Harry eilte hinter ihr her. »Lysistrata!« Er ergriff ihren Arm. »Miß Herriott. Sie können mit diesen Männern unmöglich an Land fahren!« Voller Unbehagen warf er einen Blick zu dem Burschen, der bereits nach der Strickleiter griff,
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