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Rächerin der Engel

Rächerin der Engel

Titel: Rächerin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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öffnete die Tür ein Stück weiter, und er trat in die Halle.
    Dann sagte er: »Sie haben gesagt, Sie würden mir helfen. Bitte helfen Sie mir. Ich habe zurückgeblickt. Ich will nach Hause. Sie müssen mir helfen, nach Hause zu gelangen.«
    Er trat einen Schritt zurück und sah sie mit flehender Miene an.
    »Nach Hause?«, wiederholte Bree. Das alles ergab keinen Sinn.
    »Ach du liebe Zeit«, sagte Lavinia. Sie kam mit Sascha auf den Fersen in die Halle. Nachdem sie Ciaran Fordhams Gesicht ausgiebig betrachtet hatte, wandte sie sich Bree zu. »Dieser Mann ist tot.«
    »Tot?«, wiederholte Bree wie benommen. Sie griff nach Ciarans Hand, die ganz leicht war und sich kalt und trocken anfühlte.
    Die Hand einer Leiche.
    Bree sah zu ihrem Hund hinunter. Wie hatte ihm das entgehen können? Hätte er sie nicht darauf hinweisen müssen?
    »Nicht Russell O’Rourke hat Sie um Hilfe gebeten, Kind, sondern dieser Mann hier«, erklärte Lavinia. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und betastete sein Gesicht. »Er ist schon eine ganze Weile tot. Eine ganze Weile.«
    »Sie meinen, ich habe den falschen Klienten vertreten?« Bree war so bestürzt, dass sie sich nicht zu rühren vermochte.
    »Ja.« Lavinia schüttelte mit düsterer Miene den Kopf. »Oje, oje. Und sehen Sie mal da.« Sie bückte sich und zeigte auf den silberhaarigen Engel auf der Treppe. Die Augen des Engels waren geschlossen, die Flügel lagen eng am Körper an. »Diese arme Seele ist illegal hier. Er befindet sich außerhalb von Himmel und Hölle.«
    »Was? Wie?« Am liebsten hätte Bree ebenso wie der Engel die Augen geschlossen. Vielleicht würde dieser Spuk dann vorübergehen.
    »Meine Güte«, sagte Ron, als er sich zu ihnen gesellte. »Sie können den armen Kerl doch nicht hier in der Halle stehen lassen. Kommen Sie.« Ron führte den Schauspieler beflissen ins Wohnzimmer. Bree und Lavinia folgten ihnen. »Bitte treten Sie näher, Sir, und setzen Sie sich. Nein, nein, nicht aufs Sofa. Da ist eine Feder gesprungen. Setzen Sie sich dort in den Sessel.«
    Sir Ciaran nahm in dem Lehnstuhl vor dem Kamin Platz. Er sah zum Aufstieg des Kormorans hoch. Als Bree seinem Blick folgte, erstarrte sie. Jetzt leuchtete der Buchstabe am Himmel, als bestünde er aus glühenden Kohlen. Der Buchstabe sah wie ein Angelhaken aus oder wie ein halbes Fragezeichen, bloß dass er nicht geschwungen war, sondern eckig.
    Ciaran legte die Hände auf die Knie und senkte den Blick.
    Keiner sagte etwas. Lavinia setzte sich aufs Sofa und zog ihr Schultertuch zurecht. Sascha drängte sich an sie und beobachtete Ciaran, indem er den Kopf mal auf die eine, mal auf die andere Seite legte.
    »Ich glaube, wir könnten jetzt alle einen Kaffee vertragen«, sagte Ron.
    »Ich koch uns welchen«, bot Bree an. Sie brauchte Zeit zum Nachdenken.
    »Der Kaffee, den Sie kochen, ist furchtbar. Noch schlimmer als der Petrus«, erwiderte Ron. »Überlassen Sie das lieber mir.«
    Bree, Petru und Ron gingen in die Küche.
    »Na, das ist ja wirklich der Hammer«, sagte Bree. »Was hat das zu bedeuten? Lavinia hat gesagt, er sei illegal hier. Inwiefern denn? Und warum hat man uns so im Dunkeln gelassen?«
    »Ich fürrchte, das ist meine Schuld.« Petru setzte sich an seinen Schreibtisch. Er wirkte sehr unglücklich. »Das ist möglicherweise ein Dibbuk. Oder vielleicht auch ein Golem. Sicherr bin ich mir da aber nicht. Seelenlose Körper fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich des Himmlischen Gerichtshofs. Deshalb ist er illegal hier. Tja!« Er biss sich auf die Unterlippe. »Und die ganze Zeit hatte ich das Pe vor Augen. Ich bin ja so dumm.«
    Bree brauchte einen Moment, um ihre Verwirrung in den Griff zu bekommen und sich die Fragen, die sie stellen wollte, zurechtzulegen. Eine Rechtsanwältin, die sich von unerwarteten Entwicklungen aus der Fassung bringen ließ, sollte besser den Beruf aufgeben. »Okay. Was also ist das Pe?«
    »Ein Buchstabe. Nein, das ist nicht ganz rrichtig. Ein Symbol der Transformation, der Veränderung. Ein Wort, das, wenn man es ausspricht, direkt mit der Gottheit kommuniziert und ein irdisches Wesen in ein Wesen verwandelt, dem die Zeit weniger anzuhaben vermag.«
    »Dem die Zeit weniger anzuhaben vermag«, wiederholte Bree. »Meinen Sie damit, Ciaran Fordham sei unsterblich?« Als unsterblichen Künstler bezeichnete man Ciaran Fordham ja schon seit Jahren. Bloß dass er nicht mehr am Leben, sondern tot war. Die Kritiker hatten also wieder mal maßlos übertrieben. Ha. Bree biss
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