Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Turner 02 - Dunkle Vergeltung

Titel: Turner 02 - Dunkle Vergeltung
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
Kapitel Eins
    Ich war oben in Marvell gewesen, um einen Gefangenen abzuliefern, reine Routine, nur ein Bursche, den ich wegen rücksichtslosen Fahrens angehalten hatte. Als ich die Daten von seinem Führerschein durchgab, kam heraus, dass er einen ganzen Schwung von Außenständen wegen ähnlicher Vergehen hatte, und da ich ja gern allein bin, eine Vorliebe fürs Autofahren bei Nacht habe und zu Hause auch nichts Dringendes anstand, hab ich meine Rückkehr ein bisschen hinausgezögert. Und dann bekam ich einen Mordshunger. Den ganzen Weg die County Road 51 runter musste ich an das gepökelte Schweinefleisch denken, das meine Mutter oft zum Abendessen in die Pfanne geworfen hatte, an Eichhörnchen in brauner Soße, an Wels, in Maismehl gewendet. Als ich in die Cherry Street einbog, vorbei an Jay’s Diner, dem Drugstore und Manny’s Dollar $tore, A&P, der Baptistenkirche und der Tankstelle, fiel mir dieser alte Blues ein, in dem ein Typ davon singt, wie hungrig er ist, und dass er an nichts anderes mehr denken kann als nur ans Essen: I heard the voice of a pork chop say, come unto me and rest .
    Dieses Schweinekotelett, oder seine Inkarnation, flüsterte mir genau diese Worte ins Ohr, als ich vor dem Rathaus einparkte. Don Lees Pick-up und der Jeep
standen schon da. Unsere Hälfte des Gebäudes war beleuchtet. Abgesehen von den Vierzig-Watt-Birnen, die in den Geschäften aus versicherungstechnischen Gründen niemals abgeschaltet wurden, waren das die einzigen Lampen, die auf der Main Street brannten. Ich hatte gar nicht erwartet, das Büro noch offen vorzufinden. In den meisten Nächten ist entweder einer von uns unterwegs, oder wir sind beide auf einer größeren Veranstaltung. Dann lassen wir es einfach geschlossen. Etwaige Anrufe werden zu den Privatanschlüssen durchgestellt.
    Drinnen saß Don Lee wie immer im Lichtkegel an seinem Schreibtisch.
    »War irgendwas?«, fragte ich.
    »Alles ruhig. Gegen elf musste ich eine Bierparty von ein paar Highschool-Kids beenden.«
    »Woher hatten die das Bier … von Jimmy Ray?«
    »Woher sonst?«
    Jimmy Ray war geistig zurückgeblieben und lebte in einer Garage hinter dem Haus der alten Miss Shaugnessy. Die Kids wussten, dass er ihnen Bier kaufen ging, wenn sie ihm ein oder zwei Dollar dafür gaben. Wir hatten die Läden in der Gegend gebeten, ihm nichts zu verkaufen. Manchmal klappte das, manchmal nicht.
    »Meine Nachricht hast du gekriegt?«
    »Jepp. June hat sie weitergegeben. Wie war die Fahrt?«
    »Ganz okay. Hab nicht erwartet, dich hier anzutreffen.«
    »Ich wäre normalerweise auch nicht hier, aber wir haben einen Gast.« Was bedeutete, dass eine unserer
beiden Arrestzellen belegt war. Was so selten vorkam, dass es einen immer wieder überraschte.
    »Eigentlich keine große Sache. Nachdem ich die Party der Kids beendet hatte, hab ich so gegen Mitternacht noch einen kurzen Schwenk durch die Stadt gemacht und war praktisch schon auf dem Heimweg, als dieser rote Mustang an mir vorbeigerast ist. Der hatte mindestens hundertdreißig drauf, schätze ich. Also hab ich gewendet. Der Typ hat die Innenbeleuchtung eingeschaltet, er fährt mit einer Hand am Steuer, eine Karte in der anderen Hand, sein Blick pendelt ständig zwischen Straße und Karte hin und her.
    Ich fahr dicht an ihn ran und schmeiß das Blaulicht an, aber der scheint überhaupt nichts mitzukriegen. Zu dem Zeitpunkt war er schon durch die halbe Stadt. Also schalte ich die Sirene ein - hast du eine Vorstellung, wann ich das letzte Mal die Sirene gebraucht habe? Ein Wunder, dass ich sie überhaupt gefunden hab. Ich lass das Ding ein paar Mal kräftig aufheulen, aber wie beim Blaulicht nimmt der Typ überhaupt keine Notiz davon. Na ja, das war dann der Punkt, an dem ich aufgedreht hab: Blaulicht, Sirene, das volle Programm.
    ›Gibt’s ein Problem, Officer?‹, fragt er mich. Wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein, aber sein Knurren klingt ziemlich genau wie der im Leerlauf tuckernde Mustang. Ich bitte ihn, den Motor abzustellen, was er auch macht. Auf Anfrage gibt er mir Führerschein und Zulassung. ›Tja, schätze, bin dann wohl zu schnell gefahren, was? Ich hab einen dringenden Termin.‹

    Ich gebe seine Daten durch, aber es liegt nichts gegen ihn vor. Also verpasse ich ihm einfach nur einen Strafzettel. Warum es auf die Spitze treiben, ich meine, bei dem Sammlerstück von Mustang und den feinen Klamotten ist das für den ja nur Kleingeld, oder? Gerade als ich ihm den Zettel geben will, öffnet er die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher