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Radieschen von unten

Radieschen von unten

Titel: Radieschen von unten
Autoren: Frida Mey
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Amadeus.

19.
    Alex schlüpfte aus dem Bett und öffnete ihren Kleiderschrank. Sie nahm eine weiße Jeans heraus und suchte nach ihrem blaugeringelten Shirt. Schon ziemlich alt, das gute Stück, aber für den Anlass gerade richtig.
    »Was machst du denn so früh? Es ist Samstag.« Hubert blinzelte verschlafen.
    Er war in der vergangenen Woche jeden Abend erst kurz vor Mitternacht nach Hause gekommen. Wegen der Versuchsreihe, die nicht unbeaufsichtigt laufen durfte. Eine Versuchsreihe namens Corinna Rieker vielleicht? Alex und er hatten sich kaum gesehen, und das von ihm angekündigte klärende Gespräch war nur von kurzer Dauer gewesen.
    »Wo ist das Problem? Ich war in Paris zu einem Podiumsgespräch – na und? Es war nicht das erste Mal, dass ich kurzfristig für einen Kollegen einspringen musste, und es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Damit musst du dich abfinden.«
    »Und mit Corinna Rieker muss ich mich auch abfinden? Wird sie jetzt immer mit dir zusammen verreisen? Merkst du denn nicht, dass sie ein Auge auf dich geworfen hat?«
    »Du lieber Himmel, was für ein Blödsinn! Corinna ist eine qualifizierte Kollegin, an dem betreffenden Thema interessiert und in die Materie eingearbeitet. Ja, es kann sehr gut sein, dass wir noch öfter zusammen Seminare besuchenoder Vorträge ausarbeiten, ob hier an der Uni oder irgendwo im Ausland.«
    »Das sind ja tolle Aussichten! Damit bin ich absolut nicht einverstanden«, hatte Alex trotzig gesagt.
    Hubert hatte nur mit den Schultern gezuckt, woraufhin Alex sich auf dem Absatz umgedreht und wütend das Zimmer verlassen hatte. Seitdem hatten sie so gut wie kein Wort gewechselt.
    »Was machst du denn so früh?«, wiederholte Hubert und brachte sie in die Gegenwart zurück.
    Immerhin hatte er jetzt ein Auge geöffnet.
    »Wonach sieht es denn aus?«, fragte Alex zurück.
    »Ich weiß nicht recht. Für mich siehst du wie ein Matrose aus. Willst du irgendwo anheuern?«
    Alex schmunzelte. »Vielleicht.«
    »Aber wir wollten doch etwas Schönes zusammen unternehmen«, protestierte Hubert halbherzig.
    »Ich kann mich nicht an einen Vorschlag in dieser Richtung erinnern, wenn man von dem hastigen Telefongespräch vor deiner Fahrt nach Paris absieht. Aber sei ganz beruhigt: Ich werde etwas Schönes unternehmen!«
    »Allein? Ohne mich?«
    Ganz kurz verspürte Alex einen Anflug von schlechtem Gewissen, aber der verging so plötzlich, wie er gekommen war, als sie an Corinna Rieker dachte.
    »Du warst ja auch ohne mich in Paris. Allerdings nicht allein.« Alex schnürte die Schuhbänder ihrer Turnschuhe zu.
    »Aber das war eine Dienstreise, eine Reise im Dienst der Wissenschaft«, erklärte Hubert hochtrabend.
    Alex wandte sich ihm zu. »Wirklich? Das ganze Wochenende im Dienst der Wissenschaft? Das glaubst du doch selbst nicht.«
    Hubert murmelte etwas Unverständliches in sein Kopfkissen, während Alex nach einem roten grobgestrickten Pullover griff, den sie sich um die Schultern knotete. Eine dunkelblaue Leinentasche an der Hand, sprang sie leichtfüßig die Treppe hinunter.
    »Vergiss Amadeus nicht! Gib ihm vor allen Dingen etwas zu fressen! Er jault schon zum Gotterbarmen.«
    Sie kam noch einmal zurück. »Und wehe, du lässt ihn im Rosenbeet wühlen!«
    Aber Hubert war schon wieder eingeschlafen. Alex knallte die Haustür hinter sich zu und grinste schadenfroh darüber, dass Amadeus in heiseres Gebell ausbrach und Huberts Ruhe empfindlich störte.
    Auf dem Weg zur Garage blickte sie zum makellos blauen Oktoberhimmel empor, genoss den Wochenendsonnenschein und freute sich auf den Segeltörn und auf Constantin Prinz.
    Er wartete am Steg der Marina auf sie. Weiße Jeans, ein Shirt in der Farbe seiner Augen, ein warmes Lächeln auf den Lippen. Er nahm ihren Arm und geleitete sie zum Nachtfalter , einem kleinen Einhandsegler.
    Wie auf Kommando zogen sie beide gleichzeitig die Schuhe aus, als sie an Bord gingen. Constantin reichte ihr die Schwimmweste und machte sich daran, das Boot klar zu machen.
    Sorgsam lenkte er die Jolle aus der Hafenausfahrt.
    »Ich fürchte, wir müssen wegen des Windes erst ein paar Mal kreuzen, damit wir zu der kleinen Insel segeln können, die ich mir für heute als Ziel gedacht habe«, meinte er.
    »Kann ich helfen?«, fragte Alex. »Zwar bin ich ein wenig aus der Übung, aber ich denke, einige Handgriffe habe ich schnell wieder drauf.«
    »Nein, nein, das Boot nennt sich schließlich nicht umsonst Einhandsegler.« Constantin lachte. »Mach es dir nur
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