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Rachekind: Thriller (German Edition)

Rachekind: Thriller (German Edition)

Titel: Rachekind: Thriller (German Edition)
Autoren: Janet Clark
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kurze schwarze Kleid, in dem sie sich auf dem Event so wohlgefühlt hatte. Es war viel zu dünn für diesen trüben, kalten Morgen.
    Die Böden waren alle grün gestreift. Helles Grün, leuchtendes Grün, dunkles Grün. Hoffnungsgrün. Hanna lief hinter dem Pfleger her. Die Augen auf den Boden geheftet versuchte sie die Streifen zu zählen und so die Gedanken abzuwehren, die sich wie Giftpfeile in ihr Gehirn bohrten. Dass Lilou tot sein konnte. Dass sie ihre letzten Minuten versäumt hatte. Dass sie nie wieder dieses glockenhelle Lachen hören würde, das jeden Raum mit guter Laune füllte und zum Quietschen wurde, wenn Hannas Finger wie eine Armee fleißiger Ameisen ihre Beine hinaufflitzten und zu den Ärmchen ausschwärmten.
    Hannas Blick wanderte zu den weißen Schuhen des Pflegers. Das Knirschen der Plastiksohlen auf dem Linoleum vermischte sich in ihrem Kopf mit den drolligen Patschgeräuschen von Lilous nackten Füßen auf dem Parkett, als sie ihr am frühen Abend in die Küche gefolgt war, ihren Breiteller aus der Plastikschublade geholt und voller Ungeduld gegen ihre Wade gestupst hatte.
    »Da wären wir.« Der Pfleger deutete auf die Schleuse zur Intensivstation 11. Er läutete und kündigte sie an. Die Zeit, bis Hanna Schritte auf der anderen Seite der Tür vernahm, kam ihr endlos vor. So endlos wie die Zeit in ihrer Wohnung, als sie mit Britt auf den Notarzt gewartet hatte. Endlich wurde die Tür geöffnet. Eine Krankenschwester drückte Hanna einen Schutzkittel in die Hand. Sie schlüpfte gerade in die Ärmel, als die Oberärztin den Gang betrat. Schon von Weitem versuchte sie im Gesicht der Ärztin zu lesen, den Blick ihrer müden Augen, die gerade, fast steife Haltung des Kopfes zu deuten.
    »Frau Warrington«, sagte die Ärztin, und in Hannas Kopf begann es zu rauschen, als stünde sie neben einem Wasserfall. Sie sah, wie der Mund der Ärztin sich bewegte, doch sie hörte nicht, was sie sagte. Schließlich verzogen sich die Lippen der Ärztin zu einem Lächeln. Sie lächelte! Der Wasserfall versiegte abrupt. Die Stille in Hannas Kopf war unbeschreiblich.
    »Frau Warrington? Alles in Ordnung mit Ihnen? Sie können jetzt zu Ihrer Tochter.«
    Hanna nickte. Ihr Unterkiefer zitterte. Nach einem weiteren prüfenden Blick drehte sich die Ärztin um und ging den Flur entlang. Hanna folgte ihr. Mechanisch setzte sie einen Fuß vor den anderen, bis die Ärztin endlich vor einer Tür anhielt und sie aufdrückte. Dicht hinter ihr betrat sie das Krankenzimmer. Das gleichmäßige Piepen des Herzmonitors begrüßte sie wie ein alter Freund. Es war das schönste Geräusch auf der Welt.

2
    Das Klopfen an der Tür klang zaghaft, als überlege der Besucher, ob er das Krankenzimmer wirklich betreten oder lieber umkehren sollte. Steve! Hanna sprang von ihrem Stuhl und lief zur Tür. Als sie die Hand zur Klinke ausstrecken wollte, wurde ihr bewusst, dass Steve niemals so schüchtern an die Tür geklopft hätte. Sie blieb stehen.
    Die Tür öffnete sich langsam, und ein Nest aus toupiertem schwarzem Haar schob sich durch den Spalt. Britt. Natürlich, sie hatte Britt ja selbst darum gebeten, ihr Kleidung zum Wechseln zu bringen.
    »Komm rein«, sagte sie leise, um Lilou nicht zu wecken.
    Britt öffnete die Tür ein Stück weiter, winkte zur Begrüßung und trippelte ins Zimmer. Sie stellte den kleinen Koffer auf dem Tisch ab und setzte sich auf einen der beiden Stühle.
    »Wie geht es Lilou?«
    »Sie ist stabil.« Hanna drängte die aufsteigenden Tränen zurück. Lilou lebt. Es ist alles gut . Sofort meldete sich die Stimme, die sie seit Stunden mit den ewig gleichen Fragen marterte: Was ist in der Wohnung passiert? Wo ist Steve? Warum meldet er sich nicht?
    Wie konnte sie denken, dass alles gut war, solange sie keine Antwort auf diese Fragen hatte?
    Sie öffnete den Reißverschluss des Koffers und klappte den Deckel auf. »Hast du Steve gesehen?«
    Britt legte den Kopf schief und musterte Hanna. »Nein«, sagte sie dann und zog das Wort dabei betont in die Länge. »Habe ich nicht. Hast du nicht mit ihm gesprochen?«
    Hanna entnahm dem Koffer die Kleidung, die Britt ordentlich gefaltet hineingeschichtet hatte, und presste sie an ihren Bauch. »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Du weißt nicht, wo er ist?«
    »Ich kann ihn nicht erreichen.« Sie wandte sich ab und räumte umständlich den schmalen Spind ein, während sie Britts bohrenden Blick in ihrem Rücken spürte, die nicht gestellten Fragen förmlich hörte. Kommt das
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